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Toedliches Konto

Toedliches Konto

Titel: Toedliches Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hirsch
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Eifersucht hatte.”
    “Wir wissen zu wenig vom Verhältnis mit der Lebensgefährtin. Aber du hast recht. Er schrieb ja, dass er noch sehr vertraut war mit seiner Frau und ihr sogar gesagt hatte, er würde am liebsten wieder zu ihr kommen. Und kurz danach nimmt er sich die neue Freundin. Das ist eine brutale Ohrfeige, das verletzt.”
    “Wir reden am besten nach dem Mittagessen mit ihr und fragen sie dann auch gleich nach einem Alibi.”
    “Aber seine Lebensgefährtin Evelin Duvall sollten wir auch nicht vergessen.”
    “Die war ja wohl in Düsseldorf.”
    “Was auch zu überprüfen wäre. Miriam kann ja inzwischen die Passagierlisten der Düsseldorfflüge checken.”

5

    Der Mensch, speziell der männliche, in der Gruppe mit Freunden, legt erfahrungsgemäß Zeugnis von einem animalischen Rudelverhalten ab und lässt an der Evolutionstheorie keinen Zweifel aufkommen. Man braucht nur vor einem Bundesligaspiel zur U-Bahn zu gehen, die zum Stadion fährt. Oder in eine Kneipe mit einer großen Stammtischrunde. Wenn man im Urlaubsflieger oder im All-inclusive-Hotel auf eine Männerrunde aus seinem Heimatland trifft, möchte man am liebsten in einer anderen Sprache weiterreden. Wenn die Männer freilich einen beruflichen Aufstieg geschafft haben und sich einer gehobeneren Gesellschaftsschicht zugehörig fühlen, brauchen sie subtilere Formen, um ihre zu unterdrückende Impulsivität zum Ausdruck zu bringen. Die am meisten befreiende Variante wäre in der Politik zu finden, wo die vorgeschriebenen Spielregeln der Polarisierung zwar nicht dem Gemeinwohl dienen, aber wenigstens der menschlichen Neigung nach Lautstärke und Kampf vielfältige Entfaltungsmöglichkeiten bietet. In anderen Berufen wachsen mit der Karriereleiter die Möglichkeiten, die aus der Evolution herrührenden Verhaltensmuster zum Ausdruck bringen zu können. Allerdings muss man dabei die Rolle des Rudels auf sich als Individuum konzentrieren, was aber meistens keiner großen Anstrengungen bedarf. Die Engländer in ihrer fortgeschrittenen gesellschaftlichen Entwicklung haben zur Domestizierung des Rudels den Klub erfunden, in dem die Männer auf gehobenem Niveau die Sau raus lassen können. In anderen Ländern findet man Ersatzbefriedigungen in Vereinen, Skatrunden oder beim Karaoke. Der Kirchenchor bedarf in diesem Kontext einer weiteren Erforschung, da er aus der Rolle fällt.
    Auch die Rolle der Petersburger hat ihre eigene Gesetzmäßigkeit. Ihre exklusive Herkunft aus besseren Familien und ihr interaktives Paarungsverhalten unter Freunden verlieh ihnen ein besonderes Gefühl der Überlegenheit. In über 25 Jahren ist der Zusammenhalt unter ihnen unverändert stark geblieben, obwohl inzwischen zwei in den USA und einer in Hamburg lebte. Aber noch immer trafen sie sich zumindest virtuell alle zwei bis drei Tage per Skype vor dem Computer.
    Jetzt aber trafen sich nur Alfred Aumüller und sein Hamburger Kumpel Bernd Holzer quasi allein vor dem Bildschirm. Früher waren sie öfters ein Liebespaar, aber gerade Aumüller hatte es ohnehin so ziemlich mit jedem getrieben. Holzer hatte in Hamburg eine Logistikfirma, die schon sein Vater aufgebaut und später seinem Sohn Bernd überschrieben hatte. Das Geschäft mit Container-Transporten, vor allem von und nach Südostasien, war in den letzten Jahren schwieriger geworden, aber Bernd konnte noch immer recht gut leben.
    “Hallo, altes Haus, ich grüße dich”, begann Aumüller, “ich habe gute Nachrichten für dich.”
    Und nach der Begrüßung durch Holzer fuhr er fort: “Du warst doch ziemlich beunruhigt, weil dieser Bankmensch in mein altes Geheimkonto reingeschaut hatte.”
    “Es ging mir nicht ums Reinschauen, sondern um eine Weitergabe der Daten. Schließlich hatte ich ja meine Kohlerechnungen jahrelang an dich bezahlt.”
    “Ich habe ja nie verstanden, warum du dein Kokain von mir über Russland beziehen musstest und dir nicht gleich in Thailand mit in einen deiner Container hast stecken lassen.”
    “Alfred, ich bin doch kein Dealer mit Kontakten zu den großen Lieferanten. Da hast du einfach die besseren Quellen. Ich hab’s ja mehr für den Privatgebrauch gekauft. Na ja, halt auch für meinen Freundeskreis, aber sind ja nicht mehr als sieben oder acht Leute, die den Stoff von mir bekommen.”
    “Und denen du das Doppelte von meinem Preis abverlangst.”
    “Das sind nun mal die Gesetze des freien Marktes. Du weißt doch, Alfred, wir haben uns schon als Studenten für den freien Markt stark

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