Toedliches Konto
Kontogeschichte und die Drohbriefe. Und diesen Text hatte er mit Zeitverzögerung in den Postausgang seiner Mails gelegt, um ihn an die Polizei zu schicken. Er dachte sich, wenn ihm nichts passiert, schiebt er das Absendedatum immer weiter nach vorne, und wenn ihm was passiert, erhält die Polizei den Text. Das müsste gestern erfolgt sein. Und da ich erwähnt bin und auch, dass ich die Kopie hatte, wird die Kripo bald hier auftauchen.”
“Die Kopie mit den Kontodaten - das wollte ich vorhin noch sagen - das ist nämlich der springende Punkt: War diese Kopie noch bei Walter, als er tot aufgefunden wurde? Denn er hatte sie ja schon bei dir abgeholt. Wenn sie weg ist, könnte wirklich was faul sein.”
“Er wollte sich ja am Freitagabend, nachdem er die Kopie bei mir geholt hatte, mit seiner Freundin treffen und erst am Samstagnachmittag Günther die Kopie geben. Sie hätte also noch bei ihm sein müssen. Aber ich weiß es nicht.”
“Was weißt du eigentlich über diese Freundin. Kennst du sie oder steht was in seinem Tagebuch drin?”
“Er hat nur mal erwähnt, dass sie Ina heißt und Kroatin ist.”
“Was??? Und wie alt?”
“Ich glaube, er sagte 32. Wieso?”
“Das ist ja ein Ding! Du liest wohl nicht eine örtliche Tageszeitung? Gestern hatten wir doch von einem Mord an einer kroatischen Ina berichtet, auch 32 Jahre alt. Erschossen, ohne Anhaltspunkte für die Hintergründe. Wenn die das wäre... Das wird ja langsam ein ganz großer Fall. Vielleicht zwei Morde...”
Jim wurde vom Jagdfieber gepackt. Er vielleicht mitten drin in einer dubiosen Mordgeschichte, und er würde die ausschlaggebenden Informationen recherchieren. Das Ganze in einer Riesen-Exklusivstory gebracht, und selbst die Bild-Zeitung würde ihn zitieren müssen. Vielleicht wird er doch noch ein ganz Großer in diesem Geschäft.
Vera stockte der Atem, und sie spürte, wie ihr Kopf scheinbar blutleer wurde. “Du meinst. Walter und sein Freundin sind beide tot?”
“Das riecht verdammt nach einer größeren Sache. Und es wird für uns alles schwieriger, weil bei einem Doppelmord die Kripo geballt ermittelt. Da sind wir hoffnungslos unterlegen.”
“Wir lassen da die Finger draußen. Ich hatte am Anfang ja nur befürchtet, dass der Tod von Walter nicht weiter untersucht wird, weil die das auf einen Unfall durch eine falsche Insulin-Spritze schieben. Aber falls diese Ina ermordet wurde, erscheint auch sein Tod in einem anderen Licht. Ich werde die Kripo anrufen und ihr die Kopie von den Kontodaten geben, die ich zusätzlich noch gemacht hatte, ohne es Walter zu sagen. Ich glaube, diese Daten sind der Schlüssel für alles.”
Jim war wie elektrisiert. “Du hast noch eine Kopie? Die gibst du mir, das ist die einzige Quelle, um irgendeine Spur zu finden.”
“Nein, die gebe ich der Polizei, du bist jetzt raus.”
Jim versuchte, in sein Gesicht so viel Vorwurf zu packen, wie es ihm nur möglich war. “Vera, du hast mich um Hilfe gebeten und ich bin gleich gekommen. Dir zuliebe. Und wir haben eine Art Deal geschlossen. Wir beide. Ich will in dem ganzen Fall nicht stören und nichts kaputt machen. Aber die Kripo hat ihre eingefahrenen Denkmuster, und ich denke bei meinen Recherchen anders, flexibler, sicher auch kreativer. Bitte gib mir die Kopie, es ist einfach eine zusätzliche Chance.”
“Ich gebe eine Kopie auf jeden Fall der Polizei. Aber ich kann noch eine Kopie machen und sie dir geben. Aber du darfst niemandem davon etwas sagen, und wenn du wirklich etwas entdeckst, musst du es mit mir besprechen, wie wir dann weiter vorgehen. Versprich mir das!”
“Das ist doch selbstverständlich, Vera. Das verspreche ich.” Jim hatte viel Erfahrung, solche Versprechen großzügig und nach eigenem Verständnis auszulegen.
4
Mit einem tiefen Seufzer legte Kurt die Aufzeichnung von Walter Bock zur Seite. Kurt hatte die Angewohnheit, sich größere Schriftstücke immer auszudrucken und nicht am Bildschirm zu lesen. Das fand Lena, die auch privat nur noch eBooks las, völlig antiquiert. Von der Papierverschwendung ganz abgesehen. Aber das muss sich der Steuerzahler noch leisten können, fand Kurt. Zumal dieser Text sowieso am Ende für die Ermittlungsunterlagen, die manchmal zig Ordner füllten, ausgedruckt werden musste. Da konnte er sich auch eine zusätzliche Version ausdrucken, in die er hineinschmieren und in der er schnell hin und her blättern konnte.
“Wie findest du das alles?”, fragte Lena.
“Jetzt erst mal langsam,
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