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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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braucht, dann scheint es ein paar Dinge zu geben, wegen denen man ihn einbuchten könnte.«
    »Richtig. Er sagte, kleine Sachen könne man mit Geld aus der Welt schaffen, aber für wirklich große Vorhaben brauche er diesen Posten.«
    Sam nickte. »Hast du keine Angst?«, fragte er dann. »Immerhin machst du quasi Geschäfte mit einem Gangster.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wir kommen gut miteinander aus. Mittlerweile.«
    Dieser Zusatz ließ Sam fragend dreinblicken, aber ich erklärte ihn nicht näher. Das kleine Vorkommnis ganz am Anfang von Olegs und meiner Geschäftsbeziehung, welches das Wörtchen 'mittlerweile' nötig gemacht hatte, war auch für mich noch immer mit zahllosen Fragezeichen versehen. Nicht einmal Frau Berger hatte ich es bislang erzählt. Weil es rein physikalisch unmöglich war, unmöglicher gar als das Sehen - wenn man dieses Adjektiv überhaupt steigern konnte.
    Oleg hatte sich zu seinem zweiten Termin bei mir eingefunden. Ich hatte etwas gesehen, was ihm nicht gefiel, einen Misserfolg. Er hatte widersprochen, als könne man die Zukunft wegdiskutieren, hatte verlangt, dass ich ein weiteres Mal in ihn hinein schaute. Ich versuchte ihn zu überzeugen, dass das sinnlos wäre, aber er war hartnäckig geblieben. Als ich wieder vor ihm gestanden hatte, zog er eine Waffe. 'Diesmal siehst du besser was, das mir gefällt', sagte er mit einer Stimme, die klang, als würde er nicht zum ersten Mal einen Menschen bedrohen, so kalt war sie. Schreckliche Angst überfiel mich, nie zuvor hatte ich eine echte Pistole gesehen - und was sollte ich ihm anderes sagen, als noch einmal das, was ihn so wütend gemacht hatte? Mir war keine Zeit geblieben, um eine Geschichte zu erfinden: Ich sah die Waffe, dann war ich auch schon in seinen Magen gestürzt. Seine Zukunft hatte sich vor mir ausgebreitet, unerwartet anders als die vorherige Version, denn diesmal war ich selbst ein Teil dieser Zukunft gewesen: Ich hatte gesehen, wie ich Oleg das Gleiche erzählte wie zuvor, mit jämmerlich zittriger Stimme, und wie die Wut daraufhin sein Gesicht verzerrte. Dann, wie er mich schlug, mit der Waffe ins Gesicht. Wie ich zusammenbrach, Blut über mein Gesicht strömte.
    Was danach passiert war - nur wirre Bilder. Ich hatte weg gewollt, hinaus aus diesem Magen, aber auch fort von dieser Waffe, die dort draußen im echten Leben auf mich wartete, die mit einem schaurigen Knirschen meinen Schädel zertrümmern sollte. War es Panik gewesen? Oder ein dumpfes Wissen um etwas, was ich vermochte, selbst wenn ich es noch nie zuvor versucht hatte? Ich wusste bis heute nicht, warum ich es getan hatte, unzweifelhaft war nur, dass ich es getan hatte - nämlich um mich zu schlagen, wie von Sinnen, und noch immer gefangen in Olegs Magen. Als wäre es dieses Organ, das mich bedrohte, gegen das ich mich zur Wehr setzen musste. Meine geballten Fäuste waren mit einem satten Geräusch auf die Magenwand getroffen, mit all meiner Kraft, konzentriert aus Angst - Oleg hatte es gefällt wie einen Baum, und ich hatte mich unvermittelt wieder in meinem Konsultationszimmer befunden, mit rasendem Herz und keuchendem Atem. Oleg hatte vor mir auf dem Boden gelegen, die Waffe war aus seiner Hand gefallen und vor meine Füße geschlittert. Ich hatte sie aufgehoben, während er sich vor mir krümmte, mit schmerzverzerrtem Gesicht und unverständlichen, russischen Flüchen auf den Lippen. Ich hatte die Waffe nicht auf ihn gerichtet, aber Oleg hatte registriert, dass ich sie hatte. Dass die Machtverhältnisse verändert waren. Als er wieder Luft bekam, als er erst gekniet, dann schwankend gestanden hatte - und schließlich zur Tür getaumelt war.
    Jetzt, wo ich mich daran erinnerte, wurde mir bewusst, wie sehr sich dieses erste Sehen von unmittelbarer Gefahr für mich in Oleg von dem in Sam unterschied. Schock und Panik beim ersten, Schock und Lähmung beim zweiten.
    Ich schüttelte abwesend den Kopf und bemerkte Sams fragenden Blick.
    »Diese Waffe, die du gesehen hast, die habe ich von Oleg«, sagte ich, was im Grunde richtig war: Nur hatte er sie mir nicht gegeben, sondern ich hatte sie behalten.
    »Und er hat mir Leute geschickt, die die Kameras und die Alarmanlage installiert haben. Er ist sehr um meine Sicherheit besorgt.«
    Das entsprach der Wahrheit. Ich wusste bis heute nicht, wie Oleg sich dieses Vorkommnis erklärt hatte, denn wir hatten es nie wieder thematisiert. Er hatte sich entschuldigt, hatte gesagt, dass es andere geben könnte wie ihn, dass ich

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