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Tödliches Orakel

Tödliches Orakel

Titel: Tödliches Orakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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Regierungskritiker.«
    »Ja.«
    »Er könnte mit Tobias verwandt sein. Oder Tobias hat nur den Namen bemerkt und deswegen recherchiert.«
    »Oder er hat den Namen bemerkt, recherchiert und dann herausgefunden, dass er mit Stepan verwandt ist.«
    Richtig, dachte ich, ohne das auszusprechen.
    Sam stand auf und streckte sich, als säßen wir schon Stunden vor dem Computer.
    »Wie ist Tobias bloß da dran gekommen? An dieses Gespräch?«, fragte Sam, ich fand das ziemlich offensichtlich.
    »Er hat für eine Telefonfirma gearbeitet, und das da ist ein Telefongespräch. Du hast selbst gesagt, dass er Sachen programmiert hat, die halblegal sind.«
    »Du findest sie halblegal«, warf Sam ein, ich zuckte mit den Schultern.
    »Leute abhören ist auf jeden Fall komplett illegal, vielleicht können wir uns darauf einigen. Tobias hat's getan. Entweder aus eigenem Antrieb oder im Auftrag seiner Firma. Vielleicht hat er auch nur seine Software an ein paar echten Gesprächen getestet und ist zufällig über das da gestolpert. Vielleicht ist er in Wirklichkeit beim Geheimdienst und hat dir nur was von einer Telefonfirma vorgeschwindelt.«
    Sam schnaubte, ich fand das ebenfalls nicht besonders realistisch. Ich hatte damit nur sagen wollen, dass es viele verschiedene Wege gab, wie Tobias zu diesem Dialog gekommen sein konnte – und dass es letztendlich auch egal war, welcher nun der richtige war.
    »Tobias hat das Gespräch mitgehört, und er hat es aufgezeichnet«, fuhr ich fort. »Das ist am wahrscheinlichsten. Vielleicht hat es ihm auch eine dritte Person gegeben, das können wir nicht ausschließen. Aber da wir darauf keinen Hinweis haben, hilft uns das nicht weiter.«
    Sam nickte, ich sprach weiter.
    »Du hast gesagt, er habe Russisch und Weißrussisch gekonnt. Vielleicht hat er sofort begriffen, worum es da geht: um Morde an Regierungskritikern. Vielleicht hat er aber auch nur den Namen Braun gehört und hat sich deswegen damit beschäftigt. Das ist ja schon komisch: Wildfremde Menschen unterhalten sich am Telefon, und dein Nachname fällt. Da horcht man auf.«
    Sam nickte wieder, wanderte vor meinem Sessel auf und ab.
    »Okay«, sagte er, als ich schwieg. »Was würdest du tun, wenn du als ganz normaler Mensch zufällig entdeckst, dass es eine weißrussische Todesliste gibt, die scheinbar gerade abgearbeitet wird? Mischa und Sergeij sind schon abgehakt. Das haben wir durch ein bisschen googeln rausbekommen, Tobias also auch. Darja sitzt noch ein paar Monate im Gefängnis, dann ist sie die Nächste. Und jemand mit deinem Nachnamen ist die Nummer fünf. Wodurch diese Liste irgendwie ... persönlich wird.«
    »Die Frage ist doch, was Tobias getan hat, oder etwa nicht? Und alles, was wir wissen ist, dass er das Gespräch auf CD gebrannt und in einem Bankfach gesichert hat. Und dass er dann getötet wurde. Vorher wahrscheinlich entführt, ganz sicher verprügelt.«
    »Weil diese Leute die CD haben wollten.«
    »Ja. Wollen sie immer noch. Weil diese CD ein Beweis ist. Oder meinetwegen auch nur ein Indiz, ein Hinweis darauf, dass diese Leute geplant ermordet werden. Ein Ansatzpunkt für die Polizei.«
    »Unsere Polizei?«
    »Nein«, sagte ich nach kurzem Nachdenken. »Warum sollten die wegen fragwürdiger Todesfälle in Weißrussland ermitteln? Wir haben keinen Hinweis darauf, dass jemand aus Deutschland darin verwickelt ist.«
    »Doch«, sagte Sam. »Tobias.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Falsch. Denk nicht an jetzt. Stell dir vor, du wärst Tobias, der gerade das Gespräch gehört hat. Jetzt, wo Tobias tot ist, würde unsere Polizei was tun. Den Mörder suchen. Aber damals hat Tobias gelebt. Und es gab keine Spur nach Deutschland.«
    »Stimmt«
    »Ich denke, die Polizei hätte die CD entgegen genommen und sie dann weiter geleitet.«
    »An die Polizei eines Landes, wo jemand auf der Todesliste steht, weil er Polizeischikane anprangert«, erwiderte Sam ein wenig zweifelnd. »Und Willkürjustiz.«
    »Nein. An die Polizei eines souveränen Staates, dessen Bürger von einem Unbekannten bedroht werden.«
    »Souverän? Ich lach mich tot.«
    »Sam, beruhige dich. Ich sage nicht, dass das so okay ist. Aber Weißrussland ist ein eigener Staat, und unsere Polizei würde nichts anderes tun, als die CD diesem Staat auszuhändigen. Vielleicht mit ein paar ermahnenden Worten von irgendeinem Diplomaten oder Politiker, aber das war's auch.«
    Sam atmete tief ein.
    »Okay. Gut. Du hast Recht. Aber ich verstehe noch nicht, warum diese CD ein

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