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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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wir beginnen. Mistress Alison, Ihr wohnt in London?«
    »Nein, Sir John. Ich bin heute morgen aus Epping gekommen. Das ist ein Dorf an der alten Römerstraße, die durch Essex führt.«
    »Aye, ich kenne es«, sagte Cranston. »Mistress Alison, ich muß um Vergebung bitten, aber ich habe den Befehl gegeben, den Leichnam Eures Bruders nach St. Erconwald zu bringen. Bruder Athelstan war gütigst damit einverstanden, ihn dort zu bestatten.«
    Alison lächelte Athelstan so betörend an, daß dessen Herz einen kleinen Satz tat. Es war lange her, daß eine reizende junge Frau ihn so angelächelt hatte. Er wurde rot und senkte den Kopf.
    »Wollt Ihr ihn mit nach Hause nehmen, Mistress?« fragte Cranston mit einem Seitenblick auf Athelstan. Das Unbehagen seines Secretarius machte ihm Spaß.
    »Nein, Sir John. Bruder Athelstan, es war sehr freundlich von Euch. St. Erconwald ist in Southwark, nicht wahr?«
    »Ja, Mistress«, sagte Athelstan, ohne den Kopf zu heben.
    »Ich danke Euch, Bruder.«
    »Was wolltet Ihr jetzt in London?« fragte Cranston.
    »Ich wollte meinen Bruder besuchen«, antwortete Alison. »Vor zehn Tagen brachte mir ein Wandergeselle einen Brief, eine kurze Nachricht: Edwin teilte mir mit, er fühle sich unwohl. Es war klar, daß ihn etwas beunruhigte. Ich habe den Brief hier.«
    Sie hob die verschlissene lederne Satteltasche auf, die neben ihrem Stuhl lag, öffnete die Schnalle und wühlte in der Tasche herum, bis sie den Brief zutage gefördert hatte. Athelstan nahm ihn und entrollte das knisternde, viereckige Stück Pergament. Der Brief war in einer wunderschön geformten Schrift geschrieben: Von Edwin Chapler an seine liebreizende und geliebte Schwester Alison. Er fühle sich nicht wohl, hieß es da, und sei von gewissen Sorgen sehr geplagt. Wenn er frei wäre, würde er wohl kommen und sie besuchen; ob sie nun aber nicht zu ihm kommen könne?
    Athelstan sah, daß der Brief zehn Tage zuvor geschrieben worden war. Er lächelte dankend und reichte ihn zurück.
    »Ich bin heute morgen gekommen«, sagte Alison. »Mein Bruder hatte eine Kammer in der St. Martin’s Lane bei Aldersgate, eine Dachkammer nur, mit Blick auf den Stadtgraben. Es stinkt dort ziemlich stark, besonders im Sommer.«
    »Allerdings.« Cranston nickte verständnisvoll. »Ihr kamt also hierher, Mistress, und mußtet erfahren, daß Euer Bruder ermordet worden war?«
    »So war es.« Alcest meldete sich zu Wort. »Wir berichteten ihr, Sir, was Havant uns gesagt hatte: daß der Leichnam ihres Bruders aus der Themse gefischt worden war.«
    »Und jetzt hat man auch den armen Peslep umgebracht«, sagte Napham.
    »Zwei Tote«, trompetete Cranston mit rollenden Augen. »Zwei königliche Schreiber innerhalb weniger Tage ermordet.« Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. »Das ist kein Zufall, ihr Herren. Wie wir erfuhren, wurde Chapler erschlagen, als er in der Kapelle von St. Thomas à Becket auf der London Bridge betete, und dann wurde der Leichnam in die Themse geworfen. Peslep wurde in der Taverne >Zum Tintenfaß< erstochen. Langer Rede kurzer Sinn, ihr Herren: Der Mörder wußte, wo er zuschlagen mußte. Man berichtete uns von einem jungen Mann, einem Fremden, der im >Tintenfaß< gesehen wurde. Er trug Mantel, Soldatengürtel und Sporenstiefel. Auf wieviele von Euch hier paßt diese Beschreibung?«
    Die Schreiber schauten einander überrascht an.
    »Der Lord Coroner hat Euch eine Frage gestellt«, sagte Athelstan. »Auf wieviele von Euch könnte diese Beschreibung passen? Vielleicht könnten die Betreffenden die Hand heben?«
    Langsam hoben alle vier Schreiber die Hand, Alcest als erster.
    »Aber«, protestierte Elflain, »es gibt doch Tausende von jungen Männern in London, auf die sie ebenfalls paßt.«
    »Und wieviele von diesen jungen Männern«, fragte Athelstan, »wußten, daß Chapler in St. Thomas à Becket zu beten pflegte oder daß Peslep im >Tintenfaß< verkehrte?«
    »Wollt Ihr damit sagen, daß der Mörder einer von uns ist?« fragte Alcest.
    »Ja, Sir, das will ich«, sagte Athelstan. »Und, bitte, seid jetzt nicht gekränkt und fangt auch nicht an, Eure Unschuld zu beteuern. Wir sind hier auf Befehl Seiner Gnaden des Regenten, Herzog John von Lancaster.« Mit Genugtuung sah er, daß ihre arrogante Selbstgefälligkeit allmählich verging. »Natürlich könnte ich meine Worte auch maßvoller wählen«, sagte Athelstan. »Zur Zeit jedenfalls richtet sich der Verdacht gegen Euch alle. Andererseits jedoch — wenn Ihr Euch

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