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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Schenke bemerkt? Einen Fremden?«
    Das Mädchen schloß die Augen und legte das Gesicht in Falten. »Ein paar Bettler waren da«, sagte sie. »Ach ja, und ein junger Mann.« Sie öffnete ein Auge und deutete auf Havant. »Er war gekleidet wie Ihr. Gute Kleider. Und er trug einen Soldatengürtel und hohe Lederstiefel mit Sporen.«
    Havant lächelte düster. »Aber ich war es nicht?«
    »Oh nein, Sir«, antwortete sie kokett. »Ihr seid ja viel hübscher.«
    »Du hast also sein Gesicht gesehen?« fragte Athelstan.
    »Er war glattrasiert«, sagte Meg. »Aber richtig gesehen habe ich ihn eigentlich nicht, Pater. Ich hatte zuviel zu tun.«
    Cranston, der schwankend und mit halbgeschlossenen Augen dagestanden hatte, schmatzte jetzt geräuschvoll mit den Lippen. »Ich sage euch was«, begann er. »Wirt!« Er nahm die Münzen, die Athelstan aus der Börse des Toten genommen hatte. »Laß den Verstorbenen wegbringen.«
    »Wohin denn?«
    »In deine Gemeindekirche.« Cranston packte das Handgelenk des Mannes und drückte es. »Sag dem Pfarrer dort, Sir John Cranston ersuche ihn, den Mann zu beerdigen.«
    Der Wirt ging davon, und Meg folgte ihm.
    »Warum wart Ihr in der Kanzlei?« fragte Cranston.
    Havant zuckte die Achseln. »Auf Befehl des Regenten, Sir John. Ich sollte dort berichten, daß man Chapler tot aufgefunden hatte.«
    »Und?«
    »Sie waren sehr bestürzt. Und dann kam der Junge aus der Schenke.« Havant schaute in den blauen Himmel hinauf. »Sir John, ich muß gehen.« Er lächelte Athelstan zu, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in der Schankstube.
    Cranston setzte sich auf eine Holzbank und starrte mit düsterer Miene auf die Leiche, während Athelstan den Hof inspizierte.
    »Da wirst du nichts finden«, stöhnte der Coroner. »Der hier kam wie ein Dieb in der Nacht.«
    Athelstan ging zur Rückseite der Latrine und öffnete dort ein kleines Pförtchen, das in eine schäbige Gasse hinausführte. Er spähte auf und ab. Am hinteren Ende spielten ein paar Kinder mit einer zahmen Kröte unter den Augen einer räudigen Katze, und am anderen Ende führte ein Durchgang zwischen eng beieinanderstehenden Häusern in eine Straße hinaus. Athelstan schloß das Pförtchen, kehrte zu Sir John zurück und setzte sich neben ihn.
    »Zuviele Morde«, murmelte der Coroner und rieb sich das Gesicht. »Bruder Athelstan, ich brauche eine Erfrischung.« Er stieß seinem Gefährten den Ellbogen in die Seite, aber der war gedankenverloren. »Worüber denkst du nach, Mönch?«
    »Der Ordensbruder, Sir John, ist ratlos: nicht nur angesichts des toten Drayton. Da bekommt Chapler eins über den Schädel und wird in die Themse geworfen, und nun wird Peslep auf der Latrine erstochen.«
    »Soll heißen?« fragte Cranston.
    »Die Schreiber wurden von jemandem ermordet, der alle ihre Gewohnheiten und Gebräuche kannte.« Athelstan seufzte. »Ich wette, es war Chaplers Gewohnheit, in der Kapelle von St. Thomas à Becket zu beten, und Meg hat uns soeben erzählt, daß Peslep die Angewohnheit hatte, jeden Morgen hierher zu kommen.«
    »Und der Mörder?«
    »Dieser junge Mann«, sagte Athelstan. »Er kam mit seinem Soldatengürtel hier herein. Er wartete, bis Peslep hinausging, und folgte ihm dann. Es dürfte ein Kinderspiel gewesen sein: Peslep sitzt auf dem Lokus, die Hose hängt ihm um die Knöchel — die Tür fliegt auf, ein Stich in den Bauch, ein zweiter in die Kehle, und dann flüchtet der Mörder durch die Gasse. Kommt, Sir John.« Athelstan erhob sich. »Wir werden noch früh genug eine Erfrischung bekommen. Laßt uns in die Kanzlei gehen.«
    »Lieber nicht«, sagte Cranston.
    »Sir John?«
    »Die Morde an den Schreibern sind wichtig, Bruder, aber mir sitzt der Regent im Nacken. Ich will noch einmal in Draytons Haus gehen. Ich will dieses Kontor von oben bis unten durchsuchen.«
    »Sir John«, widersprach Athelstan, »wir sind jetzt in der City. Die Chancery Lane ist ganz in der Nähe. Der Mord an Drayton geht auf einen gewieften Verstand zurück, nicht auf einen geheimen Gang. Außerdem...« Er zog das Pergament aus der Tasche. »Weshalb hat man diese Rätsel hinterlassen? Welche Botschaft wollte der Mörder damit übermitteln? Ich glaube, Sir John, daß Peslep und Chapler von einem der ihren ermordet wurden, von einem anderen Schreiber. Also hoch mit Euch, Sir John. Wir haben nicht einmal Mittag.«
    Cranston fügte sich widerstrebend und verbarg seine bittere Enttäuschung darüber, daß er nicht ins »Heilige Lamm Gottes« gehen

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