Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
Vom Netzwerk:
schwarzen Leichentuch bedeckt, und auf jedem habe eine dunkle Gestalt mit einem schimmernden weißen Kreuz in der Hand gestanden.«
    Athelstan blieb stehen und sah die junge Frau an. »Ihr seid sehr kundig, Mistress. Ihr kennt Richard von Wallingford, die Astronomie, die Astrologie, die Pestjungfrau...«
    »Mein Vater hat mich und Edwin unterrichtet«, sagte sie, und ein zartes Rot überhauchte ihre Wangen.
    Athelstan umfaßte ihre Finger. »Aber heute studiert Ihr Eure Fibel nicht mehr?«
    Sie lächelte kokett und schaute den Ordensbruder unter gesenkten Wimpern an.
    »Nein, Bruder, ich bin Näherin, und eine sehr gute dazu.« Sie beugte sich vor und küßte Athelstan sanft auf beide Wangen. »Ich danke Euch für Eure Großzügigkeit und Güte, Bruder. Wenn Edwin begraben und dies alles vorüber ist, werde ich neue Altartücher für Eure Kirche nähen.«
    Athelstan sah, wie Cranston hinter ihnen fröhlich grinste; das Unbehagen des Ordensbruders machte dem Coroner großen Spaß. »Danke«, murmelte er und hustete verlegen. »Aber wir sollten jetzt weitergehen, Sir John. Mistress Alison, es ist eigentlich nicht nötig, daß Ihr uns begleitet.«
    »Oh, Peslep kümmert mich auch nicht«, antwortete sie. »Aber ich möchte dabei sein, wenn Ihr Edwins Kammer aufsucht.«
    So gingen sie weiter und überquerten die weite Fläche von Smithfield. Ein betrunkener Wasserhändler taumelte vor ihnen her, daß das Wasser aus den Eimern schwappte, die er an der Schulter trug — sehr zum Vergnügen einer Schar zerlumpter Straßenjungen.
    Athelstan wandte sich den aufragenden Massen von St. Bartholomew’s Hospital zu. Auf den ersten Blick vermutete er, daß die Menschenmenge, die sich dort versammelt hatte, am Grab des seligen Rahere in der nahen Priorei beten wollte oder vielleicht auch Hilfe im Hospital suchte, aber dann ließ ihm ein Schmerzensschrei das Blut gerinnen.
    »Oh Gott, nein!« stöhnte Cranston. »Der Tag des Brandmarkens!«
    Athelstan beschleunigte seinen Schritt. »Nicht hin-schauen!« flüsterte er Alison zu. »Wenn wir an der Pforte des Hospitals vorbeikommen, wendet Euch ab!«
    Er schlug die Kapuze über den Kopf, schloß halb die Augen und murmelte ein Gebet. Cranston, der gelassener hinter ihnen ging, spähte über die Köpfe der Menge hinweg zu einer kleinen Plattform, die neben der Hospitalpforte errichtet worden war. Daneben wartete eine Reihe von Verbrechern aus den Gefängnissen von Fleet und Newgate darauf, gebrandmarkt zu werden — mit einem »F« für Fälscher, einem »L« für Lästerer und einem »Z« für zweimal überführte Diebe. Taschendieben wurden die Ohren abgeschnitten, und Huren, die zum vierten Mal dabei ertappt wurden, wie sie innerhalb der City ihrem Gewerbe nachgegangen waren, schlitzte man die Nase auf. Einige ertrugen es tapfer, andere kreischten und protestierten und zerrten lärmend an ihren Ketten, während die vierschrötigen städtischen Büttel sie festhielten.
    »Kommt, Sir John!« rief Athelstan über die Schulter. »Dies ist kein Ort für eine Lady!«
    »Es ist kein Ort für irgend jemanden«, grunzte Cranston. »In meiner Abhandlung über die Verwaltung dieser Stadt...« Er hielt inne und schloß die Augen. »Ja, in caput decimum, im zehnten Kapitel, >Über die Bestrafung minderer Verbrechen<, da vertrete ich die Auffassung, daß die Brandmarkung im Gefängnishof durchgeführt werden sollte.«
    Er öffnete die Augen wieder, aber da waren Athelstan und die junge Frau schon zwanzig Schritte weiter und gingen durch Little Britain, und Cranston lief ihnen eilig nach. Athelstan blieb an einem Verkaufsstand stehen, um den Händler nach dem Weg zu fragen, und dann gingen sie weiter, bis sie vor einer viergeschossigen, gut gepflegten Villa stehenblieben, die auf einem eigenen kleinen Grundstück mit einer Gasse zu beiden Seiten stand. Er betätigte den eisernen Türklopfer. Eine junge Magd öffnete, das Gesicht unter der Haube schmal und weiß. Ihre Augen weiteten sich ängstlich, als sie erst Bruder Athelstan und dann Sir Johns massige Gestalt erblickte.
    »Hat Luke Peslep hier gewohnt?« dröhnte der Coroner.
    »Oh ja, Euer Gnaden.« Nickend machte die Magd einen Knicks. »Er hat zwei Kammern im zweiten Stock.«
    »Zwei?« wiederholte Cranston. »Ein reicher Mann, unser Schreiber. Hast du einen Schlüssel?«
    »Aber der Herr ist nicht da«, wandte die Magd ein, doch als Sir John die Brauen zusammenzog, fügte sie hastig hinzu: »Ich habe einen Schlüssel hier.«
    Sie führte die

Weitere Kostenlose Bücher