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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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krumm, der Putz hing herunter, die weiße Farbe blätterte ab und wehte zu Boden wie Schneeflocken. Ein schwatzhaftes altes Weib hütete die Tür, grinste ihnen feucht entgegen und kaute auf zahnlosen Kiefern.
    Ja, plapperte sie, Master Chapler wohne hier. Und die Tür zu seiner Kammer sei offen. Schließlich sei ja Chaplers Freund auch schon hiergewesen.
    »Wann?« fragte Cranston.
    »Heute morgen in aller Frühe«, antwortete die Alte. »Als es zur Morgenandacht läutete.«
    Und sie beschrieb die gleiche Person, die schon das Hausmädchen beschrieben hatte: einen jungen Mann im Kapuzenmantel und mit klirrenden Sporen an den Reitstiefeln. Er habe sein Gesicht abgewandt, aber er habe ihr altem Weib eine Münze geben, und was könne sie dagegen schon einwenden?
    Sie kletterten die wacklige Stiege hinauf, und der abgestandene Geruch ließ Athelstan die Nase rümpfen. Mäuse huschten vor ihnen davon, und der Ordensbruder fragte sich, was sein großer Kater Bonaventura wohl damit angefangen hätte.
    Die Tür oben an der Treppe stand halb offen. Athelstan trat als erster ein und durchquerte sofort die Kammer, um die Fensterläden zu öffnen. Obwohl das Haus so heruntergekommen war, wirkte diese Kammer doch angenehm. Die verputzten Wände waren in einem hellen, beruhigenden Grün frisch gestrichen. Der Boden in der Stube und in der kleinen Kammer nebenan war sauber geschrubbt, die Möbel nur roh bearbeitet, aber solide und ordentlich. Alison sah sich um, schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte leise. Cranston kam schwerfällig herüber und legte seinen mächtigen Arm um ihre Schultern.
    »Aber, aber, mein Mädchen. Aber, aber... Meine Schwester hat ihren Gemahl verloren. Er fiel im Kampf gegen die Spanier im Schmalen Meer. So etwas geht vorbei. Man vergißt es nicht. Man lebt einfach damit.«
    Athelstan setzte sich auf das Vierpfostenbett und hielt den Atem an, als er Sir Johns Worte hörte. Er empfand genauso beim Gedanken an seinen Bruder Francis. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, daß sie beide in des Königs Armee in Frankreich eingetreten waren. Francis war gefallen, und Athelstan war in sein Noviziat zurückgekehrt. Für das Verbrechen der Flucht aus dem Kloster und für den Tod seines Bruders hatte er einen schrecklichen Preis bezahlt. Seine Eltern waren an gebrochenem Herzen gestorben, und sein Orden hatte die Sache nie vergessen. Heute war er kein Gelehrter, sondern Gemeindepfarrer von St. Erconwald in Southwark. Aber würde er es noch sehr viel länger bleiben?
    »Bruder?«
    Athelstan löste sich aus seinen Gedanken und beteiligte sich an Cranstons Suche. Sie fanden die mittlerweile üblichen Rätsel, Briefe, Listen von Vorräten, aber es war nichts Bemerkenswertes dabei. Sicher nicht der üppige Reichtum, den sie bei Peslep gefunden hatten. Athelstan wandte sich Sir John zu, der die immer noch leise weinende Alison noch einmal in den Arm nahm.
    »Hier ist nichts, Sir John. Überhaupt nichts.«
    Cranston ließ seinen Arm sinken, trat einen Schritt zurück und griff nach Alisons Hand. Behutsam faßte er ihr Kinn und hob das tränennasse Gesicht hoch. »Ich werde auch diese Kammer versiegeln lassen«, versprach er. »Ich schicke einen Büttel her, einen Mann namens Flaxwith, einen vertrauenswürdigen Burschen. Der wird die Habe Eures Bruders einpacken und sie im Rathaus verwahren.«
    Die junge Frau bedankte sich. »Ich gehe jetzt lieber. Ich sagte schon, ich wohne in der > Silbernen Laute< in der Milk Street. Man soll die Sachen meines Bruders dorthin bringen.«
    »Sollen wir Euch begleiten?« fragte Athelstan.
    »Oh nein, ich finde den Weg schon.« Sie trat an Athelstan heran und küßte ihn noch einmal auf die Wange. »Wenn ich darf, Bruder, komme ich später nach St. Erconwald und wache am Leichnam meines Bruders.«
    »Natürlich«, sagte Athelstan.
    Alison ging. Ihre Schritte verhallten auf der Treppe.
    Cranston rieb sich das Gesicht. »Bruder, ich brauche eine Rindfleischpastete. Die Kruste muß zart und golden sein, und der Saft muß mir übers Kinn laufen.« Er packte den Ordensbruder beim Arm. »Und kraft der Vollmacht, die mir verliehen ist, muß ich dich jetzt auffordern, mich ins >Heilige Lamm Gottes< zu begleiten.«
    »Ihr habt keine Vollmacht über die Heilige Mutter Kirche«, versetzte Athelstan scherzend.
    »Dann komm als mein Freund mit«, sagte Cranston.
    Sir Johns Lieblingsgasthaus war halb leer, als sie ankamen, aber duftende Schwaden drangen aus der Küche nebenan. Leif, der einbeinige

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