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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Kater wäre fast gegen seine Waden geprallt. Irgend etwas stimmte hier nicht. Watkin war streitsüchtig, Pike und die übrigen kreischten etwas von ihren Rechten. Athelstan hatte sehen können, daß die Gestalt am Kruzifix wieder geblutet hatte, und das Blut glitzerte im Licht der vielen Kerzen, die man davor aufgestellt hatte.
    Athelstan schaute auf seinen Kater hinunter. »Was geschieht, wenn es kein Wunder war, hm, Bonaventura?«
    »Der Kater blinzelte und gähnte.
    »Genau«, bekräftigte Athelstan. »In Southwark geschehen keine Wunder!«
    »In Bethlehem sind sie geschehen.«
    Athelstan fuhr herum. Ein großer, schmalgesichtiger Dominikaner stand im Schatten der Tür.
    »Ja, Bruder Niall!«
    Der Stellvertreter und Beauftragte des Pater Prior trat in die Küche. Er und Athelstan umarmten einander und tauschten den Friedenskuß. Athelstan sah ein blasses Gesicht und grüne Augen unter einem Schopf von roten Haaren.
    »Willkommen in St. Erconwald, Bruder Niall! Pax tecum.«
    »Et cum spiritu tuo.«
    »Einen Schluck Wein, Bruder?«
    Athelstans Besucher nickte. »Und wenn du auch ein bißchen Brot und Käse hättest...?« rief er Athelstan nach, als dieser in die Speisekammer ging. »Ich hatte mir vorgenommen, heute zu fasten, aber die Reise hat mich angestrengt. Der liebe Gott wird es verstehen.«
    »Der Mensch lebt nicht von Brot allein«, gab Athelstan zu bedenken.
    »Deswegen habe ich ja auch um Käse gebeten«, erwiderte Niall scherzend.
    Athelstan brachte Speise und Trank für sich selbst und seinen Gast und ein Schälchen Milch für Bonaventura, denn wenn dieser nichts bekäme, würde er dem Gast das Essen buchstäblich vom Munde abjagen.
    Sie setzten sich. Bruder Niall zog ein kleines Messer hervor, schnitt sich ein Stück Käse ab und steckte es in den Mund. Dann schaute er sich beifällig um. »Das Haus ist sauber und duftet süß, Athelstan. Brot und Käse sind weich und frisch.«
    Athelstan zuckte die Achseln. »In der Heiligen Schrift steht nirgends, daß man schmutzig sein muß, um ein frommes Leben zu führen.«
    Niall lachte und bedeckte dabei den halboffenen Mund mit der Hand. »Du warst immer schon schlagfertig, Athelstan«, stellte er fest. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst. »Ich war auf dem Friedhof. Ich habe das Kruzifix gesehen.«
    »Damit habe ich nichts zu tun«, entgegnete Athelstan. »Und sag mir nicht, du bist als Wallfahrer hier.«
    Niall schüttelte den Kopf. »Wie lange bist du jetzt hier, Bruder?«
    »Fast drei Jahre.«
    »Athelstan, Athelstan.« Niall schüttelte den Kopf. »Du warst einer der besten Studenten in den Schulen. Deine Liebe zur Mathematik und zu den Naturwissenschaften war weithin bekannt. Und dann...«
    »Und dann«, vollendete Athelstan, »zerstörte ich das alles drei Jahre vor meinem endgültigen Gelübde, indem ich mit meinem Bruder Francis in den Krieg zog.«
    »Warum hast du das getan?«
    »Mein Bruder und ich standen einander immer sehr nahe.« Athelstan schloß die Augen halb. »Zwei Apfel vom selben Stamm, Niall. Oh, er war eine fröhliche Seele, seine Augen und sein Herz waren erfüllt von Heiterkeit. Er bezauberte die Vögel auf den Bäumen. Er wollte nicht töten, sah sich selbst als fahrenden Ritter. Und er bat mich, mit ihm zu kommen. Vielleicht zum letzten Mal, bevor ich Dominikaner wurde, würden wir etwas gemeinsam machen und ruhmbeladen zurückkommen. Also ging ich mit.« Athelstan hatte Mühe, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. »Francis fiel, und ich sah die Glorie des Krieges: verstümmelte Leichen, Witwen und Waisen. Ich hatte eine große Sünde vor Gott und meinen Eltern begangen. Ich hatte meinen Eltern das Herz gebrochen und die Regel des Hl. Dominikus mißachtet. Ich kehrte nach Blackfriars zurück, legte mein Gelübde ab und säuberte drei Jahre lang Latrinen, Küchen und Korridore.«
    »Ja, ja, das weiß ich«, unterbrach Niall ihn. Athelstan war den Tränen nah.
    »Dann schickte Pater Prior mich hierher zu den Armen, damit ich bei ihnen arbeitete. Ich verliebte mich in diese gewöhnlichen Menschen, die ein so außergewöhnliches Leben führen. Sie können nicht lesen, sie können nicht schreiben. Sie werden ausgebeutet und herumgestoßen, aber sie haben eine Lebenslust und einen Mut, wie ich es zuvor noch nie gesehen habe.« Athelstan schloß die Augen. »Und manchmal sind sie dumm. Gott weiß, was hinter diesem Mummenschanz auf dem Friedhof steckt.«
    »Und Cranston?«
    »Sir John ist mein Bruder. Ein fetter, ungehobelter,

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