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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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hinterläßt. Aber zum ersten Mal« — er lächelte schmal, als er sich die Worte des Rätsels noch einmal durch den Kopf gehen ließ — , »zum ersten Mal findet man ein Rätsel, bevor ein Verbrechen begangen wurde.« Er überlegte kurz. »Nein, das stimmt nicht. Bei Chapler wurde kein Rätsel gefunden. Wie dem auch sei«, fuhr er fort, »wir wissen, daß die anderen Rätsel jeweils den ersten Buchstaben des Namens des Opfers zum Inhalt hatten. Hier aber scheint es mir anders zu sein. Läßt du es mir hier?«
    Benedicta nickte.
    »Und jetzt gehst du wieder nach Hause?«
    »Ja.« Benedicta nickte wieder. »Ich werde nur rasch mit Watkin reden. Er wird mir den Büttel Bladdersniff mit zwei anderen schicken, damit sie vor meiner Tür Wache stehen.«
    »Ach ja«, sagte Athelstan. »Sir Watkin, der Ritter vom Schöpflöffel.« Er lächelte die beiden Frauen an. »Ihr wollt ganz bestimmt nicht noch ein Weilchen bleiben?«
    Die beiden entschuldigten sich und gingen.
    Athelstan wandte sich dem Rätsel zu, das da auf das Pergament gekritzelt war. »Der letzte«, murmelte er. »Was findet man in der Mitte eines Irrgartens? Natürlich, ein Kreuz: ein Kruzifix über einer Rosenlaube.« Er nagte an der Lippe. »Aber was hat das zu bedeuten? Ein anderes Wort für Irrgarten ist Labyrinth, und hier ist der mittlere Buchstabe ein R.« Athelstan hielt inné. R von Anbeginn bis Ende. Er war sicher, daß der Mörder hier sein Motiv enthüllte: Rache!
     

 
     
    Sir John Cranston saß in der kleinen Schreibstube im oberen Stockwerk seines Hauses in der Cheapside. Er schaute durch das offene Fenster hinaus und wartete auf die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne. Wie immer war er früh aufgewacht. Lady Maude lag traumverloren neben ihm, und im Nachbarzimmer schlummerten die beiden Kerlchen in ihren leinenen Nachthemden in ihren Bettchen. Sie waren einander so ähnlich: feines blondes Haar, apfelrote Wangen, das feste Kinn und der Mund ihres Vaters.
    »Reizende Kerlchen!« hatte Sir John geflüstert und lächelnd bemerkt, daß sie sogar im Chor schnarchten. Auf Zehenspitzen war er dann durch den Flur geschlichen und hatte im stillen gebetet, daß die Kerlchen nicht aufwachen möchten. Wenn sie es täten und wenn sie wüßten, daß Sir John auch schon auf den Beinen war, dann würden sie das ganze Haus mit ihrem Geschrei aufwecken.
    Für Sir John würde es ein arbeitsreicher Tag werden. Er war in die Küche hinuntergegangen, wo er sich gewaschen und rasiert hatte. Dann hatte er die frischen Kleider angezogen, die Lady Maude ihm am Abend zuvor herausgelegt hatte. In der Speisekammer lag eine Fleischpastete unter einem Leintuch, das sie frischhalten sollte; zusammen mit einem kleinen Krug verdünntem Ale diente sie ihm als Frühstück. Dann war Sir John niedergekniet, hatte die Augen geschlossen und sein Morgengebet gesprochen, ehe er in seine Kanzleistube hinaufgegangen war.
    Jetzt saß er an seinem Pult und hatte seine Coronerakte vor sich liegen, aber sein Blick wanderte immer wieder zu dem dicken Manuskript zu seiner Rechten: Cranstons berühmte Abhandlung »Über die Verwaltung der Stadt London«. Sir John lehnte sich auf seinem gepolsterten Stuhl zurück. Er war bei einem neuen Kapitel angekommen, »Wie man Straßen, Gassen und Gänge von Unrat freihalten kann«. Cranston empfahl hier die Errichtung öffentlicher Latrinen und strenge gesetzliche Verordnungen gegen das Abladen von Müll und das Ausleeren von Nachtgeschirren auf die Straße. Die offenen Kloaken würde man vor die Stadtmauern verlegen, und die Mistsammler würde man zu einer Gilde zusammenfassen.
    Seufzend kehrte Sir John zu profaneren Dingen zurück und widmete sich dem ersten Eintrag in seiner Akte.
     
Am Donnerstag, dem Festtag der Heiligen St. Joachim und St. Anna, setzte sich Richard Crinkler auf eine Latrine hoch in seiner Wohnung im Hause des Owen Brilchard an der Ecke der Bore Street. Besagte Latrine aber brach, und obenerwähnter Richard stürzte in den Tod, welches nicht sein natürlicher Tod war.
     
    Sir John kratzte sich an der Wange. Wieso mußte sein Schreiber sich so verschlungen ausdrücken? Und wie konnte ein Mann von der Latrine in den Tod stürzen? Cranston schloß die Augen und rief sich die alten, verfallenden Häuser in der Bore Street ins Gedächtnis. »Ach ja«, murmelte er.
    Jetzt konnte er sich vorstellen, was dem armen alten Richard Crinkler widerfahren war. Diese großen Häuser hatten kleine, schrankförmige Aborte, die an der

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