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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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hatten, war scharf wie ein Terrier, und jemand ermordete seine Kollegen und deutete dabei an, daß sie wüßten, wessen sie sich schuldig gemacht hätten. Napham hatte Alcests Drängen nachgegeben. Er würde die Kanzlei verlassen, ein paar Habseligkeiten zusammenpacken und sich zum Fluß hinunter und in den Tower begeben. Dort wäre er in Sicherheit, und — bei allem, was heilig war — er würde diesen engen, gutbewachten Ort erst wieder verlassen, wenn der Mörder gefaßt wäre.
    In seiner Haustür blieb er stehen und spähte ins Halbdunkel. War da jemand? Unten am Korridor öffnete sich eine Tür, und ein anderer Mieter kam heraus, ein Wandergeselle, der bei einem Tuchmacher in der Cheapside arbeitete.
    »Warst du den ganzen Tag hier?« fragte Napham unvermittelt.
    »Ja, allerdings. Ich habe über den Büchern meines Meisters gesessen.«
    »Ist jemand hiergewesen, um nach mir zu fragen?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Aber ich bin ein Wandergeselle, kein Pförtner.«
    Napham schloß die Tür zu seiner Kammer auf und öffnete sie. Das Stück Pergament, das über der Tür an die Wand genagelt war, sah er nicht. Er blieb stehen und genoß den süßen Duft der Kräuter, die in kleinen Schalen im ganzen Raum verteilt waren. »Du brauchst keine Angst zu haben«, flüsterte er.
    Die Tür war abgeschlossen gewesen. Niemand hatte sie aufgebrochen. Napham trat ins Dunkel. Er zog seinen Zunder hervor und zündete die Kerze an, die auf dem Tisch stand. Die Fensterläden bewegten sich im Abendwind. Napham erstarrte. Aber die Läden waren geschlossen gewesen, als er am Morgen fortgegangen war! Er hob die Kerze hoch, doch alles war wie immer. Das Bord mit seinen Büchern, die kleinen Truhen und die Pergamentbögen auf dem Tisch neben dem Bett — alles war so, wie er es verlassen hatte. Er ging zum Fenster, um die Läden ganz zu öffnen und Licht hereinzulassen, damit er ein paar Habseligkeiten einpacken könnte. Dabei stieß er mit dem Fuß gegen etwas Hartes. Etwas schnappte zu, und dann durchzuckte ihn ein so furchtbarer Schmerz, daß Napham kreischte. Der Schmerz schoß von seinem rechten Fuß in sein Bein hinauf wie eine plötzlich aufsprühende Feuerflamme. Er fiel zu Boden, und die brennende Kerze rollte weg, als habe sie ein eigenes Leben. Und statt zu verlöschen, brannte die Flamme jetzt gierig auf, denn sie hatte die trockenen Binsen auf dem Fußboden erfaßt. Napham kümmerte das nicht, der Schmerz in seinem Fuß war zu heftig! Er zog sich hoch und sah die große Fußangel, die verborgen in den Binsen gelegen hatte: Ihre eisernen Zähne hatten seinen weichen Stiefel durchgebissen und sich in seinen Fuß gegraben. Das Blut strömte hervor wie Wein aus einem zerbrochenen Krug.
    Napham schrie schrill um Hilfe. Er warf sich herum, und sein Grauen wuchs, als er sah, daß die Flammen sich in Windeseile über die Binsen fraßen und das Laken seines Bettes erfaßten. Schluchzend und nach Luft schnappend, versuchte Napham, sich zur Tür zu schieben. Wenn er sie nur erreichen und sich und seinen Schmerz der Wut des wachsenden Feuers entziehen könnte. Zwei, drei Schritt weit konnte er sich über den Boden schleppen, aber der Schmerz wurde zu groß. Napham fiel in eine tödliche Ohnmacht, während das Feuer an den trockenen Laken des kleinen Vierpfostenbettes leckte und bald darauf gierig zur Decke hinauftoste.
    Athelstan saß in seiner Küche. Obwohl die Strahlen der untergehenden Sonne durch die offenen Läden hereinströmten, war dem Ordensbruder kalt vor lauter Wut über das, was er auf dem Friedhof gesehen hatte. Bonaventura saß auf dem Tisch und betrachtete seinen Herrn mit dem gesunden Auge. Der Kater saß bewegungslos da, als wüßte er, daß hier etwas nicht in Ordnung war. Athelstan lächelte und liebkoste behutsam die zerfransten Reste von Boneventuras verschlissenem Ohr.
    »Es ist nicht deinetwegen, mein großer Kater«, murmelte er. »Aber du hättest diesen Riesennarren Watkin sehen sollen! Mit einem Blechtopf auf dem Kopf und einem Schöpflöffel in der Hand stolzierte er auf und ab und bewachte den Eingang zum Friedhof! Und die anderen! Tab, der Kesselflicker, Pike, Pemel, sogar Ranulf, der Rattenfänger — alle lenken sie die Ströme der Besucher, die jetzt nach St. Erconwald kommen, um vor ihrem wundersamen Kruzifix zu beten.«
    Athelstan erhob sich und schritt auf und ab. Bonaventura folgte ihm feierlich. »Das ist nicht recht!« murmelte Athelstan. »Kruzifixe bluten nicht!«
    Er hielt inne, und der große

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