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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Athelstan musterte sie aufmerksam. Sir John hatte recht: Stablegate war verstockt, aber Flinsteads Unterlippe zitterte, und er blinzelte ständig. Athelstans Entschluß stand fest.
    »Henry, bringe Master Stablegate in die Stube und laß ihn nicht hinaus. Flinstead kann ein Weilchen hierbleiben.«
    Flaxwith winkte Stablegate. Dieser wollte sich weigern, aber da erschien Samson, der im Korridor herumgeschnüffelt hatte, knurrte den Schreiber an, und der gehorchte hastig. Als sie gegangen waren, winkte Athelstan Flinstead zu sich.
    »Ein raffinierter Mord, nicht wahr, Schreiber?«
    »Bruder Athelstan«, blubberte Flinstead, »ich weiß nicht, was Ihr meint.«
    »Oh doch, das weißt du«, sagte Athelstan. Er zwinkerte Cranston zu, der mit dem Weinschlauch in der Hand dastand und aufmerksam zuschaute. Er nahm Flinstead beim Arm und führte ihn zu der eisenbeschlagenen Tür. »So, jetzt sieh dir das an: Hier ist eine Tür, wie man keine zweite finden wird. Starke Angeln...«
    Flinstead schaute sich immer wieder um und betrachtete die aufgebrochene Rückwand.
    »Oh, zerbrich dir darüber nicht den Kopf«, sagte Athelstan. »Dieser Raum hatte seine Geheimnisse, Master Flinstead. Keine versteckten Gänge oder Falltüren. Aber er hatte Geheimnisse, die nur Master Drayton bekannt waren. Und natürlich dir und Stablegate.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Dann will ich es dir erklären. Drayton war ein Geizhals, ein Wucherer, und ein harter Zuchtmeister. Er hatte euch unter seiner Knute. Den größten Teil seines Geldes bewahrte er fern von seinem Haus auf, fern von allen gierigen Fingern. Du und Stablegate aber hattet erfahren, daß die Italiener einen Sack mit etlichen tausend Pfund Silber herbringen würden. Da schmiedetet ihr einen Plan. Wie konntet ihr Master Drayton ermorden und gleichzeitig lautstark eure Unschuld beteuern? Wenn ihr es offen gestohlen hättet und Drayton dabei zu Tode gekommen wäre, so wäret ihr damit vogelfrei gewesen und hättet es nicht einmal bis Dover geschafft. Also plantet ihr die Sache sehr sorgfältig. In den Tagen, bevor das Silber kam«, fuhr Athelstan fort und wandte sich der Tür zu, »nahmt ihr euch einen dieser Beschlagnägel vor. Die scharfkantigen Köpfe sitzen außen. Ihr hattet festgestellt, daß die einzige Schwachstelle der Tür darin besteht, daß die Nägel innen durch Schrauben gehalten werden.«
    Athelstan deutete auf den Nagel unter dem Gitter. »Den hier habt ihr euch ausgesucht. Wenn Drayton nicht da war, bemühtet ihr euch, die Mutter an der Innenseite zu lösen. Lange dürfte es nicht gedauert haben. Dann war die Mutter ab, und der Stahlnagel konnte herausgezogen werden. Ihr habt ihn gesäubert und eingeölt, so daß er nicht mehr im Holz feststeckte, sondern ganz nach Belieben herausgezogen und wieder hineingeschoben werden konnte.« Athelstan schwieg und schaute Flinstead an. Der war weiß wie die Wand, und sein Gesicht war von einer Schweißschicht überzogen. »Ah, Master Flinstead«, sagte Athelstan. »Ich habe die Wahrheit herausgefunden. Dein Gesicht verrät alles.«
    »Ich — ich...« Flinstead geriet ins Stottern. »Ich weiß nicht, was du meinst, Bruder.«
    »Doch, das weißt du, du kleiner Puddingbeutel«, zischte Cranston.
    »Also«, sagte Athelstan. »Am fraglichen Abend wurde alles vorbereitet. Im Laufe des Nachmittags entferntet ihr innen die Klammer. Drayton konnte nichts bemerken, denn der Nagel steckte ja noch in der Tür. Am Abend, kurz vor eurem Feierabend, fand der Raub statt. Drayton rechnete offenbar nicht mit euch. Einer von euch kam in seine Zählstube, nahm die Säcke mit dem Silber und bedrohte Master Drayton mit Messer, Armbrust oder was weiß ich. Blutrünstige Drohungen, vielleicht sogar die Ankündigung, man werde zurückkommen. Dann verschwand der Räuber. In heller Aufregung verschloß und verriegelte Drayton seine Tür. Er schlug keinen Alarm, denn es konnte ja sein, daß der Räuber noch wartete. Sein Silber war weg, und jetzt fürchtete er um sein Leben. Unser verbrecherischer Schreiber aber war geflohen.«
    Athelstan verstummte. Er schloß die Tür und schob die Riegel vor. »Und jetzt kommen wir zu diesem Verbrechen von grausiger Schönheit. Der andere Schreiber kommt als leibhaftige Unschuld die Treppe herunter. >Master!< heult er. >Was ist geschehen?< Drayton läuft zur Tür und öffnet die Klappe vor dem Gitter. Der arme Geizhals glaubt, er spreche mit einem unschuldigen Manne, der auch gleich lauthals seinen

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