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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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Kinder?«
    Donnernd bejahte die ganze Gemeinde.
    »Aber Unrecht war es doch«, beharrte Athelstan kopfschüttelnd. »Ihr habt großes Unrecht begangen, und ihr müßt Wiedergutmachung leisten.« Er hielt Huddle das Kruzifix entgegen. »Verbrenne es!« befahl er. »Den Neugierigen werdet ihr erzählen, daß die Kerzen das Holz in Brand gesetzt haben. Gottes Feuer habe es vernichtet!«
    »Ich werde es sofort tun, Pater.«
    Huddle nahm das Kruzifix unter den Arm und lief damit zu der kleinen Backsteinumfriedung hinter der Kirche, wo Athelstan altes Gerümpel zu verbrennen pflegte.
    »Sir John wird das ganze Geld einsammeln«, fuhr Athelstan fort. »Jeden Penny. Er wird es treuhänderisch in Gewahrsam nehmen und einem der Armenhäuser der Stadt geben. Im übrigen bedanke ich mich bei...« Er wandte sich um, aber der Sanctus-Mann war so lautlos verschwunden, wie er gekommen war.
    »Sir John! Sir John!« Flaxwith kam schweißüberströmt durch die Friedhofspforte gehumpelt, Samson mit hängender Zunge hinterher. »Sir John, Ihr müßt sofort zum Tower kommen! Dieser Schreiber, Alcest — er hat einen Anfall erlitten! Master Colebrooke sagt, es kam ganz unerwartet.«
    Rasch verteilte Athelstan noch ein paar Anweisungen an Watkin und Benedicta.
    »Ich fahre Euch hinüber«, erbot sich Moleskin, der Bootsmann.
    Sir John nahm das Angebot an, und wenig später eilten sie durch die Gassen von Southwark zur Themse hinunter und kletterten in Moleskins Boot. Samson stellte sich sofort in den Bug, ließ mit geschlossenen Augen die Zunge aus der halboffenen Schnauze baumeln und genoß den kühlen Abendwind.
    »Ich bin sicher, daß der verdammte Hund seinen eigenen Verstand hat!« murmelte Cranston. Dabei funkelte er wütend Moleskin an, der ihm gegenübersaß und ruderte.
    »Wir haben es gut gemeint«, sagte Moleskin. »Wirklich, Sir John. Wir können Bruder Athelstan nicht fortgehen lassen.«
    »Ruhe jetzt!«
    Athelstan starrte zum Himmel hinauf, der jetzt zusehends dunkler wurde. »Master Colebrooke war anscheinend zu hart.«
    »Nein, nein, ich habe so etwas schon öfter gehört«, sagte Cranston. »Alcest war ein Schreiber. Manchmal sind es gerade die Jungen und äußerlich Kräftigen, die zusammenbrechen — nicht unter den körperlichen Schmerzen, sondern unter der seelischen Folter. Alcest wird nicht der erste und schon gar nicht der letzte sein, der vor Angst stirbt.«
    Cranston und Athelstan lehnten sich zurück, während Moleskin sein Fährboot an Kornbarken, Fischerbooten und Kähnen vorbeisteuerte; einige davon hatten in der Dämmerung bereits ihre Laternen aufgehängt. Endlich erreichten sie den Tower. Moleskin, erpicht darauf, ihnen gefällig zu sein, legte am Uferkai an und versprach, auf sie zu warten. Cranston, Athelstan und Flaxwith kletterten an Land, aber Samson wollte nicht aussteigen.
    »Verräterischer Köter!« zischte Flaxwith.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Athelstan. »Moleskin hat immer eine Wurst in seiner Tasche, und wenn ich sie schon riechen kann, dann kann Samson es ganz bestimmt.«
    Sie gingen den Kiesweg entlang und überquerten den Festungsgraben. Das Tor war schon geschlossen, aber ein Wachposten mit einer Fackel in der Hand öffnete ihnen eine Seitenpforte und führte sie durch enge Gänge zwischen den Gebäuden zum Tower Green. Colebrooke erwartete sie auf der Treppe vor dem großen normannischen Burgfried.
    »Ihr habt ihn zu hart angefaßt!« raunzte Cranston.
    »Sir John, wir hatten kaum angefangen«, antwortete Colebrooke und stand auf. »Ich hatte ihn an die Wand ketten lassen. Die Befrager drückten ihm ein Brandeisen auf den Arm, und plötzlich zappelte er wie eine Puppe, und das Blut schoß ihm aus der Nase. Er ist kaum bei Bewußtsein. Ich bringe Euch zu ihm.«
    Cranston befahl Flaxwith, draußen zu bleiben, und folgte dann Colebrooke zusammen mit Athelstan die schimmelige Treppe hinunter in das dunkle, weit verzweigte Labyrinth der Kerkergewölbe unter dem Tower. Sie fanden Alcest in einer Zelle auf einem sauberen Strohbündel. Athelstan kauerte sich neben die notdürftige Bettstatt. Er sah einen Bluterguß auf Alcests rechtem Wangenknochen und die Blutkrusten unter der Nase und an den Mundwinkeln. Hände und Füße des Schreibers waren eiskalt. Athelstan tastete nach der Schlagader am Hals des Mannes. Der Puls war langsam und matt. Der Ordensbruder deutete auf eine Talgkerze auf dem Tisch.
    »Anzünden!« befahl er.
    Colebrooke gehorchte und zündete gleich auch die Fackel an der Wand

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