Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
Vom Netzwerk:
Wangen.
    »Sir John, Ihr seht überrascht aus.«
    Cranston reichte dem Mann die Hand. Der Händedruck des Sanctus-Mannes war überraschend kräftig.
    »Drückt nicht so fest, Mylord Coroner«, bat der Sanctus-Mann. »Meine Finger sind mein Geschäft.«
    »Deine Finger werden dich eines Tages noch an den Galgen bringen«, antwortete Cranston barsch.
    »Aber, aber, Sir John — ich tue nichts weiter, als reichen Dummköpfen ihr Geld abzuknöpfen.«
    »Man erzählt heute noch davon, wie du die Dornenkronen verkauft hast«, sagte Cranston. »Ich habe eine davon gesehen, sie hatte sogar Blutflecken.«
    »Ein Kunstwerk«, sagte der Sanctus-Mann. »Ein richtiges Kunstwerk. Was ist eine Reliquie schließlich sonst? Die Leute sehen, was sie sehen wollen, und ich bin dazu da, den Gläubigen zur Andacht zu verhelfen, so daß sie ihre Gedanken auf das Übernatürliche konzentrieren können.«
    »Und um dich zu bereichern.«
    »Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert, Sir John.« Der Sanctus-Mann drehte sich um. »Wer sind diese liebreizenden Damen?«
    Athelstan machte die beiden bekannt. Er war gerade damit fertig, als es an der Tür klopfte und Watkin hereingewankt kam.
    »Pater, wir sind bereit«, verkündete er leise schwankend, als ob der Boden sich bewegte. »Wer ist das?«
    »Guten Abend, Watkin.« Cranston ließ seine Pranke auf die Schulter des Mistsammlers herunterfahren. »Hast du deine Manieren vergessen? Sind wir keine Freunde mehr?«
    Watkin rülpste laut und wand sich unter Cranstons Griff.
    »Das ist ein Freund von mir«, sagte Athelstan und zog den Sanctus-Mann nach vorn. »Er würde gern euer wunderbares Kruzifix sehen.«
    »Das ist aber nicht zu verkaufen.« Watkin funkelte Athelstans Gast mißtrauisch an.
    »Oh, ich will es ja nicht kaufen, Sir. Aber jetzt kommt, der Tag ist kurz, und Zeit ist Geld.«
    »Ist der Friedhof geräumt?« fragte Athelstan.
    »Jawohl, Pater«, sagte Watkin.
    Athelstan ging den anderen voraus über den Kirchplatz und durch die Seitenpforte auf den Friedhof. Das wundersame Kruzifix stand am hinteren Ende auf einem eigens errichteten Altar aus Backsteinen und Lehmklumpen, der über und über von brennenden Kerzen bedeckt war, die von den Wallfahrern hier aufgestellt worden waren.
    »Es sieht echt aus«, murmelte Cranston. »Man sieht sogar die roten Blutstreifen über einem Feuermeer.«
    Der Sanctus-Mann ging weiter, und bevor Watkin oder sonst ein Gemeindemitglied ihn daran hindern konnte, hatte er ein paar Kerzen umgestoßen, das Kruzifix gepackt und heruntergeholt.
    »Hinstellen!« schrie Pike, der Grabenbauer, in einem Chor von drohenden Rufen.
    »Zurücktreten!« bellte Cranston.
    Der Sanctus-Mann studierte das Kruzifix aufmerksam. Athelstan sah die Blutstreifen auf dem Gesicht und dem Körper des Erlösers. »Es ist Blut«, stellte er fest.
    »Ganz sicher«, bestätigte der Sanctus-Mann.
    »Wie haben sie das gemacht?«
    Der Sanctus-Mann untersuchte den Korpus und das Kreuz. »Nirgends ein geheimer Hebel oder Verschluß«, murmelte er und klopfte an die Figur. »Und das hier ist massives, gutes Holz.« Er sah sich unter den Umstehenden um. »Es wird eine schöne Nacht geben«, verkündete er unverhofft und deutete zum Himmel. »Ein Abend wie Balsam.«
    »Was hat denn das damit zu tun?« schrie Hig, der Schweinehirt.
    »Ich sagte nur, es ist ein sehr schöner Abend. Wenn es jedoch geregnet oder geschneit hätte...« Er betrachtete die geschlossenen Augen des gekreuzigten Christus. »Wer hat das geschnitzt?«
    Huddle, der Maler, kam betreten herangeschlurft und wandte sich halb zur Seite, als wolle er Athelstan nicht in die Augen sehen.
    »Du bist ein sehr guter Künstler«, sagte der Sanctus-Mann und lächelte ihn an. »Aber sag mir doch, hätte dieses Wunder sich auch ereignet, wenn es geregnet oder geschneit hätte?«
    »Was ist das für ein Unfug?« blaffte Cranston.
    Der Sanctus-Mann reichte Athelstan das Kruzifix und nahm eine Goldmünze aus seiner Börse. »Ein Vermögen«, flüsterte er. »Mehr Gold, als Ihr je im Leben sehen werdet. Es gehört Euch, unter einer Bedingung, Bruder Athelstan... Auf dem Weg hierher bin ich an einer Schenke vorbeigekommen, die >Zum Gescheckten< heißt. Wir werden folgendes tun. Ich lege das Kruzifix in einen Bottich mit eiskaltem Wasser; der Wirt dort wird es mir geben. Wenn es morgen früh wieder herausgenommen wird, muß das Bluten aufgehört haben. Wenn ich zurückkomme, und es blutet immer noch, so gehört dieses Gold deiner Gemeinde. Außerdem

Weitere Kostenlose Bücher