Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
dass dieser Griesgram nicht mehr an ihr herumfingert.«
» Kennst du den Stein?«
» Wer kennt den nicht?«
Wie Conny so vor ihr stand, groß und durchtrainiert, fragte sich Sarah plötzlich, warum alle Welt davon ausging, dass Hildes Mörder ein Mann war?
*
Aus aktuellem Anlass hatte David eine große Sitzung einberufen und Hilde Jahn in den Mittelpunkt gestellt. Alle Ressortleiter waren anwesend. Das Sitzungszimmer war zum Bersten voll. Gruber wollte ihnen persönlich mitteilen, dass Sarah Hildes Nachfolge antreten würde und sie ab sofort nicht mehr für jeden und alles zur Verfügung stand. Es war keine Sitzung wie sonst, wenn es darum ging, die Artikel der einzelnen Ressorts zu besprechen, Skandale auszuloten, Ungerechtigkeiten anzuprangern, die Entwicklungen des Arbeitsmarktes zu analysieren, die aktuellen Krisenreportagen zu bringen oder im selben Atemzug über die jüngsten Events der selbst ernannten Wiener High Society und Bussi-Bussi-Gesellschaft zu berichten.
David hielt einen Nachruf auf Hilde Jahn, den Privatmenschen, lobte ihre Arbeit, ihre Einsatzbereitschaft, die Hingabe zu ihrem Beruf, für den sie schließlich ihr Leben ließ. Er erzählte den Kollegen, dass Hilde Jahn damit gerechnet haben musste, ihre Recherchearbeiten für diese Story nicht zu überleben. » Warum sonst hätte sie uns einen Brief hinterlassen?« Über den Inhalt des Briefes sprach er nicht, er erwähnte mit keinem Wort etwas von einem Serientäter oder sonstige Details. Doch die Blicke der Kollegen verrieten, dass sie nur allzu gern gewusst hätten, was Hilde schriftlich hinterlassen hatte.
Eine halbe Stunde später war die Sitzung zu Ende.
In Hildes Büro, das jetzt ihres war, schrieb Sarah sich Notizen aus dem Gedächtnis ins Reine. Sie konnte nicht behaupten, dass sie sich wohl fühlte, als die ersten Kollegen den Kopf zur Tür reinsteckten, um ihr teilweise vorsichtig und ehrlich, aber durchaus auch zynisch zum Aufstieg zu gratulieren. Sie kam sich vor wie ein Grabräuber, den man dabei erwischt hatte, als er der Toten gerade den Familienschmuck stehlen wollte. Immerhin drehte sich beim Wiener Boten alles um Hildes Ermordung, und so würde es auch die nächsten Tage bleiben. Gruber hatte sie von der allgemeinen Berichterstattung entbunden. Sie sollte sich lediglich auf Hildes Story konzentrieren. Niemand sprach sie direkt auf ihre neue Aufgabe an. Aber Sarah spürte den Neid und erkannte ihn in den Gesichtern einiger Kollegen.
Möglicherweise vermuteten ein paar, dass sie auch Hildes Nachfolge in Grubers Bett antreten könnte. Conny würde schon dafür sorgen, dass das Gerücht bald im Umlauf war. Damit war sie zu einer Art Persona non grata geworden. Man würde in ihrer Gegenwart vorsichtig sein, keine Geheimnisse erzählen und schon gar nicht über Gruber schimpfen, weil das sonst womöglich eins zu eins an den Chef weiterging. Hilde Jahn mochte dieser Zustand willkommen gewesen sein. Sie musste und wollte sich nicht mit dem Rest der Mitarbeiter beschäftigen. Aber Sarah war eine Teamspielerin. Sie hasste es, die Randfigur sein zu müssen.
Sie seufzte.
Sämtliche Missverständnisse musste sie schnellstens aus der Welt räumen.
Sie machte sich zum ersten Mal daran, Hildes Dateien genau zu durchforsten. Jetzt wusste sie, wonach sie suchen musste, das machte die Sache einfacher.
Simon hatte tatsächlich ganze Arbeit geleistet. Hildes gesamte Festplatte war auf ihrem neuen Computer abgespeichert, neben dem links ein Amethyst lag. Der Stein wirkte beruhigend auf Herz und Nerven und verbesserte die Konzentrationsfähigkeit. Das kleine rosa Schweinchen rechts vom Computer war ein traditioneller Glücksbringer, den Chris ihr zu Silvester geschenkt hatte.
Die meisten Artikel, über die sie stolperte, waren bereits erschienen. Ein großer Artikel über eine Wiener Angestellte, die während des Krankenstandes einfach abgemeldet worden war. Die Firma, für die sie arbeitete, verweigerte die offengebliebenen Ansprüche. Der Chef des Unternehmens war kurz zuvor wegen Betrugs in Millionenhöhe untergetaucht. Hilde Jahn hatte seinen Aufenthaltsort ausfindig gemacht. Die Geschichte hatte viel Staub aufgewirbelt und war dem Wiener Boten mehrere Seiten in verschiedenen Ausgaben wert gewesen. Dem folgten etliche Zweispalter, die von ähnlichen Fällen berichteten. Hatte sich Hilde mit diesen Artikeln langsam in Richtung eines großen Skandals vorgetastet, ihre Leser sozusagen eingestimmt, oder war ihr, als sie diese Berichte
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