Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
gefunden«, keuchte sie. » Hab dich im ganzen Haus gesucht!« Sissi war ihr wie immer dicht auf den Fersen, hatte das Laufen ihres Frauchens als neues Spiel angesehen. Jedenfalls hüpfte sie aufgeregt um Conny herum. » Jetzt nicht, Sissi. Geh!« Der Mops versuchte sein Glück bei Kunz.
» Sarah, wir haben unsere Geschichte«, sagte sie, als sie wieder einigermaßen Luft bekam. Auf Stöckelschuhen durch ein Gebäude zu laufen, war eine sportliche Meisterleistung. » Sie haben einen Verdächtigen im Fall Mohn festgenommen. Die Meldung kam gerade über die APA rein. Ich hab gleich auch noch die Pressestelle der Polizei angerufen, die haben mir das bestätigt.«
» Wann?«, fragte Sarah erstaunt.
» Vor fünf Minuten.«
» Ich meine, wann haben sie den Verdächtigen festgenommen?«
» Keine Ahnung. Er wird seitdem verhört.«
» Und mit welcher Begründung?«
» Die Polizei gibt noch keine nähere Auskunft.«
» APA?«
» Nichts. Nur die Meldung über die Festnahme.«
» Wissen wir, wer festgenommen wurde?«
» Halt dich fest! Oliver Wallner. In einer Stunde ist eine Pressekonferenz in der Bundespolizeidirektion. Da kommen sicher jede Menge Leute. Du solltest sofort los. Ich schau mal im Archiv, ob wir passende Fotos haben.«
Man konnte zu ihr stehen wie man wollte, eines war die Löwin allemal: ein Medienprofi.
*
Der Raum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Mikrofone verschiedener Radio- und Fernsehsender zierten eine lange Tischreihe. Rechts und links von den Sitzreihen für die Journalisten waren Kameras dicht gedrängt aufgebaut. Einige der Redakteure begrüßten sich mit Handschlag oder Küsschen auf die Wange. Neue wie Sarah wurden ignoriert.
Der Medienrummel war keine Überraschung. Die Festnahme war die Meldung des Tages. Oliver Wallner, der Neffe von Bernhard Freudmann, eine angesehene Familie in Wien. Das Kaufhaus war seit Jahrhunderten in Familienbesitz, und nachdem den Freudmanns keine Nachkommen vergönnt waren, hatte man sich entschlossen, den Neffen als Nachfolger einzusetzen. Auch wenn man sein Leben als schillernde Figur in der High-Society-Szene nicht billigte. Doch wichtiger war, dass das Unternehmen in der Familie blieb.
Sarah nahm in den hinteren Reihen Platz. Sie wollte vermeiden, dass Martin Stein sie gleich zu Beginn entdeckte. Niemand sonst kannte sie hier, niemand brachte sie mit dem Artikel über den Serienkiller in Verbindung. Darüber war sie sehr froh. Sie hatte nämlich keine Lust, ihren Kollegen von der Konkurrenz Rede und Antwort zu stehen. Auch wollte sie nicht an dem Frage-und-Antwort-Spiel teilnehmen, sondern nur zuhören, wie viel die Polizei preisgab und in welche Richtung sie die Ermittlungen führten.
Den Unterlagen entnahm sie, dass neben Martin Stein auch noch eine Staatsanwältin und Wallners Anwalt an der Pressekonferenz teilnahmen. Wie klein die Welt doch war. Niemand Geringerer als Dr. Gerald Lackner vertrat den Kaufhausinhaber. Jener Jurist, der auch für den Wiener Boten arbeitete und neben dem sie auf den Boden gekotzt hatte, als sie Hildes Leiche gesehen hatte. Vielleicht konnte er ihr ein Interview mit Wallner verschaffen.
Die Tür ging auf, und die drei betraten den Raum, augenblicklich begann ein Blitzlichtgewitter. Sarah stellte ihr Handy auf lautlos. Martin Stein machte den Eindruck, als käme er gerade von einem Kaffeekränzchen und nicht von einer Vernehmung. Seine Kleidung war makellos, seine sonst oft grimmige Miene drückte Hoffnung aus. Zuversicht, endlich einen Erfolg verbuchen zu können, obwohl ihn die Öffentlichkeit aufgrund der Frauenmorde noch keineswegs unter Druck setzte. Niemand interessierte sich für das gewöhnliche Fußvolk. Ihr Tod war höchstens ein oder zwei aktuelle Meldungen wert, und dann verschwanden sie wieder in der Bedeutungslosigkeit. Kaum jemand außer den Hinterbliebenen interessierte sich dafür, ob der Täter gefunden wurde. Das Leben hatte fünf Minuten später schon wieder die nächste Sensation zu bieten, und mit etwas Glück traf es diesmal einen Prominenten.
Auch Gerald Lackner hatte die Lederjacke gegen einen dunklen Anzug mit dunkelgrauem Hemd und hellgrauer Krawatte getauscht. Er sah um zehn Jahre älter aus als vor der leeren Fabrikhalle in der Per-Albin-Hansson-Siedlung. Um den Sensationslüsternen nicht die Möglichkeit zu bieten, zu dem heimlichen Freudenhaus in die Laxenburgerstraße zu pilgern, gab die Polizei die genaue Adresse des Tatortes nicht bekannt, und soweit Sarah von ihren Kollegen
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