Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
erfahren hatte, die regelmäßig den Polizeifunk abhörten, mussten die Meldungen über die Tote und die Festnahme Wallners über eine verschlüsselte Frequenz gelaufen sein. Wieder ein Vorteil für Sarah. Aber auch sie würde sich hüten, die Hausnummer zu verraten. Vielmehr wollte sie gleich nach der Pressekonferenz versuchen, mit dem alten Mann zu sprechen. Sollte doch Kunz Stein über den Anruf von Albo informieren. Plötzlich fühlte sie sich stark, unverletzbar.
Die Staatsanwältin informierte die im Saal versammelten Journalisten, dass über Oliver Wallner noch keine Untersuchungshaft verhängt worden sei. Bei Strafsachen ist laut Gesetz eine Verwahrung von bis zu 48 Stunden aus Ermittlungsgründen gestattet, wusste Sarah.
» Daher gilt für meinen Mandanten die Unschuldsvermutung«, ergänzte Lackner die Ausführungen.
Man habe zwar einige wenige Spuren gefunden, sprach die Staatsanwältin weiter, die aber derzeit noch ausgewertet werden mussten. Weitere Details dieser Art lieferte sie allerdings keine.
Eine ältere Reporterin aus der zweiten Reihe wollte wissen, welche Hinweise zu Wallners Verhaftung geführt hatten.
» Ein Tipp aus der Bevölkerung«, erläuterte Stein. » Es gibt Anhaltspunkte, dass Wallner die Tote kannte.«
Allgemeines Gemurmel breitete sich im Saal aus.
Wer hat die Polizei benachrichtigt?, überlegte Sarah. Der alte Mann? Ein Passant oder … Es lief ihr kalt über den Rücken. War es vielleicht Albo? Er hatte Katharina Mohn garantiert beobachtet, so wie er sie beobachtet hatte, von ihrem Bruder wusste. Die Morde passierten nicht im Affekt, sondern ihres Erachtens präzise geplant. Da kam ihr Sabine Bender in den Sinn. Wusste sie Bescheid?
» Was ist an dem Gerücht dran, dass Wallner ein regelmäßiger Kunde der Toten war?«, hörte sie einen Kollegen aus der vierten Reihe fragen. Die Kameras blieben starr auf die Gesichter der Dreiergruppe gerichtet. Keine Zwischenschnitte, keine Schwenks. Diese Antwort musste festgehalten werden. Obwohl jeder auf die Bestätigung wartete, schien es niemanden im Raum ernsthaft zu überraschen, dass Wallner mit Nutten verkehrte. Derartige Stillschweige-Agreements waren etwas Alltägliches im Journalismus und funktionierten so lange, bis derjenige, über den geschwiegen wurde, einen kleinen Fehler machte. Im Verdacht zu stehen, eine Prostituierte getötet zu haben, war mehr als ein Fehler.
Die drei Angesprochenen schwiegen einen Moment. Es war Stein, der das Schweigen brach und schließlich antwortete: » Ja, Herr Wallner war Kunde bei Frau Mohn«, wobei er eines der Mikrofone zurechtrückte. Auf Sarah wirkte die Bewegung wie eine Geste des Unbehagens.
Die Menge wurde unruhig, die ersten Journalisten verließen eilig den Saal, um die Meldung gleich durchzustellen. Wahrscheinlich Radio und Fernsehredakteure, die auf Sendung gehen mussten. Der Skandal war soeben um eine Facette reicher geworden, Wallner war zum Freiwild erklärt worden, und das gehörte unter die Leute.
» High Society von Wien. Bekannter Geschäftsmann unter Mordverdacht. Kunde bei Geheimprostituierten …«
Medienwelt, was willst du mehr?
Sehr gut, dachte Sarah. Nun konnte man im Wiener Boten über Wallners und Mohns Verhältnis – wenn man es so nennen wollte – berichten, ohne dass Wallners Anwalt ihnen ans Zeug konnte. Obwohl Lackner hier hundertprozentig einen Gewissenskonflikt haben würde. Jedenfalls würde er abwägen, welcher Kunde ihm mehr Geld einbringen würde. Wiener Bote gegen Oliver Wallner. Da musste man nicht lange überlegen. Wallner würde das Rennen machen.
Sarah holte ihr Handy hervor, schrieb Conny eine diesbezügliche SMS mit der Bitte, gleich zu schreiben zu beginnen und bei Kunz den Titel und die Seite drei zu reservieren. Sicher fand die Society-Reporterin genug Fotomaterial von Wallner.
» Im Wiener Boten war heute Morgen etwas von einem Serientäter zu lesen, der angeblich für mehrere Frauenmorde in Wien verantwortlich ist. Unter anderem auch für den Mord an Hilde Jahn. Bisher haben Sie dem ja widersprochen. Wie denken Sie jetzt darüber? Ich frage, weil das letzte Mordopfer wieder eine Frau war. Ermitteln Sie auch in diese Richtung? Oder anders gefragt: Werden Sie Oliver Wallner zu den anderen Morden befragen?«
Sarahs Kopf schnellte hoch. Wer hatte da gefragt? Es war eine junge Kollegin. Sie musste vom Fernsehen sein, denn sie gab einem der Kameramänner ein Zeichen. Steins Blick wanderte zur Staatsanwältin, dann zu Wallners Anwalt,
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