Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
Vorbereitungsarbeiten machte. Er hatte vor einigen Tagen das Gelände gründlich erkundet, Daten für seine Statistik und sein Vorhaben gesammelt. 4652 Grabstellen, 49 510 Quadratmeter groß, aufgeteilt auf zwei Flächen. Ein malerischer Teil mit Bäumen, klassizistischen Gräbern, und ein neuer Teil nach dem Vorbild deutscher Waldfriedhöfe.
Er war mit der Gießkanne umhergegangen, als wolle er ein Grab pflegen, bewegte sich also wie jeder andere Besucher. In seiner dunklen Kleidung, mit Hut und Gehstock, war er sicher niemandem aufgefallen. Wer beachtete schon einen alten Mann bei der Grabpflege. Seinen Wagen hatte er jedes Mal in der Linzerstraße geparkt, weit genug entfernt, um zu vermeiden, dass ihn später einmal jemand mit einem Besuch am Friedhof in Verbindung bringen würde. Wahrscheinlich eine unnötige Vorsichtsmaßnahme. Aber sicher war sicher.
Irgendwie war er genauso nervös wie bei dem Mord an Hilde Jahn. Er verstand nicht, warum die anderen Frauen bei ihm keine Emotionen auslösten. Vielleicht lag es daran, dass die beiden Journalistinnen nicht in seinen Plan passten und auch nicht vorgesehen waren. Und jede Abweichung von seinem Plan barg ein Risiko. Genau wie seine Vermutung, dass sie den Friedhof aufsuchen würde. Aber falls heute etwas schiefging, lag ein Plan B bereits in der Schublade.
Wie die Tage zuvor ging er mit forscher Zielstrebigkeit zum Haupteingang in die Samptwandergasse, betrat den Friedhof, marschierte die wenigen Schritte bis zur Leichenhalle, sah sich um. Er hatte sich den Lageplan des Friedhofs eingeprägt. Gleich hinter der alten Friedhofsmauer waren die Gräbergruppen eins bis vier zu finden. Rund um die Aufbahrungshalle waren fünf, 13 und 15.
Zwei Gräber stachen ihm sofort ins Auge. Sie lagen in Gruppe fünf und zwei, waren übersät mit Kränzen und Blumen. Ehrlich gesagt eine Verschwendung. Da kaufte man teuren Blumenschmuck, der dann doch nur auf dem Kompost landete.
Die beiden Verstorbenen waren mit Sicherheit erst in den letzten Tagen beerdigt worden. Die Gräber waren eine Alternative, aber nicht das, wonach er suchte.
Gruppe sieben. Am Ende der obersten Reihe blieb er stehen, starrte in die leere Grube. Die Bestattung fand morgen früh um zehn Uhr statt. Er hatte sich erkundigt. Die Hinterbliebenen würden sich in der Aufbahrungshalle versammeln, um von dem oder der Verstorbenen Abschied zu nehmen. Der Sarg stand bereit, verschlossen, geschmückt. Sarah Paulis letzte Ruhestätte. Und er würde der Einzige sein, der wusste, wo sie war, wenn die große Suchaktion anlief. In Gedanken konnte er die Schlagzeilen vor sich sehen. » Wieder ist eine Journalistin spurlos verschwunden .« Ihre Kollegen, die Phantasie und einen Hang zum Übersinnlichen besaßen, würden einen Fluch hinter den Recherchen vermuten.
Er machte einen Abstecher zum Grab der Familie Pauli und zündete eine Kerze an. Immerhin würden sie ihre Tochter bald in die Arme schließen können. Dann setzte er sich auf eine Parkbank, von der aus er sowohl den Eingang als auch das Grab im Auge behalten konnte, und machte sich so unsichtbar wie möglich.
Etwa fünf Leute zählte er in der Nähe der Aufbahrungshalle. Zu viele, um sein Vorhaben durchziehen zu können. Die Totengräber räumten Gerätschaften ins Verwaltungsgebäude neben dem Eingang. Er schaute auf die Uhr. Zwanzig vor sieben. Bald war Feierabend, und die Besucher würden verschwinden. Zeit, sich an die Arbeit zu machen.
Wenn alles nach Plan lief, würde er die nächsten Wochen abwarten, vielleicht Monate, vielleicht sogar ein halbes Jahr. Danach konnte er weitermachen wie bisher.
Sarah musste sich beeilen, in wenigen Minuten würden die Tore geschlossen, und sie wollte das Grab ihrer Eltern besuchen, bevor sie sich auf den Weg zu Brenneis machte. Es war noch hell, als sie den Friedhof betrat. In einer guten Stunde würde die Sonne untergehen.
Sie war allein, andere Besucher waren nirgends zu sehen. Auch von der Friedhofsverwaltung konnte sie niemanden entdecken. Das Gefühl des Verlassenseins ließ sie frösteln. Sie zog den Sommermantel enger um ihren Körper und spannte den Schirm auf. Der Regen war stärker geworden, und der für Wien typische Wind ließ die Luft frischer wirken, als sie tatsächlich war.
Sarah bog gleich nach der alten Friedhofsmauer links ab, ging schnell an der Leichenhalle vorbei die Grabreihen entlang und stand kurz darauf vor dem Grab ihrer Eltern. Jemand hatte gelbe Schlüsselblumen zu den Tulpen in die Vase
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