Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
bevor wir die Sache zu Ende bringen. Der Friedhof öffnet seine Tore um sieben Uhr, bis dahin muss alles erledigt sein. Vor den Öffnungszeiten müsste ich über die Mauer steigen, um diese heilige Stätte zu verlassen, und das ist nicht mein Stil.«
» Was ist denn Ihr Stil? Menschen kaltblütig zu ermorden?«, blaffte Sarah in die Richtung, in der sie Albo vermutete.
» Frau Pauli, kaltblütig ermorden, also wissen Sie, kaltblütig war das nicht, ich habe mir für jede meiner Klientinnen etwas ausgedacht. Kein Tötungsdelikt gleicht dem anderen. Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich meine Klientinnen alle über einen Kamm schere.«
» Pah, Klientinnen!« Sarah zerrte an ihren Fesseln. Es fühlte sich an, als wären ihre Hände mit einem Strick zusammengebunden worden. » Ein brutales Arschloch sind Sie!«
» Driften wir in die Fäkalsprache ab, Frau Pauli? Sie sollten lieber Haltung bewahren, dann kann ich Ihnen den Sachverhalt besser erklären. Ich mag nämlich keine unnötigen Unterbrechungen.«
Sarah war überrascht. Sogar in dieser Situation klang Brenneis wie ein Beamter. Amtsrat Harald Brenneis, dachte sie. Wenn er mit mir fertig ist, wird er aus dem Krankenstand an seinen Schreibtisch zurückkehren, und niemand wird vermuten, dass sich hinter der Fassade des engagierten und fleißigen Beamten in Wahrheit ein Serienkiller verbirgt. Wahrscheinlich würde man ihn sogar noch vor seiner Pensionierung mit einer Beförderung ehren.
Panikartig kroch die Angst ihr den Rücken hoch und biss sich in ihrem Nacken fest wie ein Raubtier, das seine Beute erlegte. Niemand würde sie hier suchen. Sie hatte Conny, Kunz und Gruber die Adresse genannt, die auf der Visitenkarte stand. Nur dort würde sie nicht sein. Kunz hatte Stein angerufen, aber nur seine Sekretärin erreicht und ihm ausrichten lassen, dass Sarah sich ab zwanzig Uhr bei jener Adresse mit einem Informanten treffen würde. » Sie haben gar kein Haus in Hütteldorf. Die Adresse war eine Falle«, flüsterte Sarah. » Sie haben gewusst, dass ich das Grab meiner Eltern besuchen würde, wenn ich einen Termin in der Nähe habe.«
» Menschen zu analysieren ist mein Hobby. So wie Ihres der Aberglaube ist.«
» Woher …?«
» Woher ich das weiß? Frau Pauli, Sie unterschätzen mich schon wieder. Ich brauche Sie doch nur anzusehen. Ihr Schmuck allein verrät schon sehr viel über Sie. Jeder Mensch verrät sich durch Äußerlichkeiten, Tätigkeiten, Aussagen. Man muss nur hinschauen und zuhören. Der böse Blick. Im Internet kann man alles über diese lächerlichen Schmuckgegenstände nachlesen.«
Sarah fuhr sich mit den gefesselten Händen an den Hals. Ihre Kette mit dem Corno war weg. Auch ihre Ohrringe. Er musste sie ihr abgenommen haben.
» Und woher wussten Sie, dass meine Eltern in Hütteldorf begraben sind?«
» Das ist doch die einfachste Übung. Sie finden jedes Grab in Wien ganz einfach übers Internet, das sollte ich Ihnen, einer Journalistin, nicht erklären müssen. Außerdem bin ich Beamter, habe also Zugang zu allen Daten, die ich brauche. Wissen Sie noch? Datenmissbrauch. Was für ein hässliches Wort.« Er machte eine kurze Pause. Fast feierlich fuhr er fort:
» Hier wird Sie niemand suchen, und falls doch, wird man Sie nicht finden. Glauben Sie mir, ich habe mir für Sie etwas besonders Schönes ausgedacht. Leider können Sie nichts sehen, sonst hätten Sie es schon längst erraten.«
Er klopfte auf etwas, das sich wie Holz anhörte.
Sarah hielt die Luft an.
» Ein Sarg ist doch wahrlich eine wunderbare Idee für eine Schönheit wie Sie es sind, Schneewittchen. Nur dass Ihr Sarg leider nicht aus Glas ist und auch die sieben Zwerge Sie nicht retten können.«
» Was haben Sie …«
» … mit der Leiche getan?«, vollendete er ihre Frage. » Oder wollen Sie wissen, was ich mit Ihnen vorhabe? Ich nehme an, Letzteres wird Sie mehr interessieren.« Er lachte kurz auf, bevor er fortfuhr. » Der alte Mann wird leider ohne Sarg beerdigt werden, auch wird er auf die Begräbniszeremonie verzichten müssen. Die dürfen nämlich Sie miterleben. Lauter liebe Menschen, die um jemand anderen trauern.« Er lachte heiser auf. » Wie gut, dass niemand in den Sarg sehen wird. Das wäre eine Überraschung, was, Sarah? Ich darf Sie doch Sarah nennen, jetzt, wo wir ein gemeinsames Geheimnis haben?«
Es war nahezu aussichtslos. Wie um Himmels willen sollte sie sich aus dieser Situation befreien? Der Friedhof war menschenleer. Niemand würde sie
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