Toedliches Verlangen
Pläne?«
»Myst geht es nicht gut.« Angela reagierte schnell und zuckte mit den Schultern. Sie log wie ein Profi. »Ich versuche nur, sie zu beruhigen.«
Arschloch Nummer eins schnaubte. »Schwaches Weibsstück. Weiß nicht, warum Ivar sie haben will.«
»Sie hat eine irre Energie, Denzeil«, antwortete das Arschloch, das sie anführte, und sah über die Schulter. Sie konnte die Kälte in seinem Blick fühlen und wurde starr vor Angst. Dann richtete er die Augen auf Angela. »Alle beide ….gute Zuchtstuten.«
»Also was, Lothair …« Der dritte Razorback hielt mit nachdenklichem Blick inne. »Die zwei sind Laborratten?«
»Mit Zulagen.«
Denzeils Nasenlöcher weiteten sich. »Wer kriegt den Rotschopf?«
»Ich.« Lothairs Mundwinkel hoben sich, als er Angela anstarrte. »Ich kann es kaum erwarten. Vielleicht ficke ich dich, bevor Bastian und seine Bastard-Crew hier auftauchen. Es dauert sicher, bis er das Signal aufspürt und sein Weibchen holen kommt.«
Köder. Mysts Magen zog sich zusammen. Sie war ein Köder. Ivar würde sie einsetzen, um Bastian in eine Falle zu locken. Und ganz gleich, wie gefährlich es war, er würde kommen. Versuchen, sie zu retten, statt sie gehen zu lassen … wie er es tun sollte. Wie sie es verdient hatte. Sie hatte ihn verlassen, und trotzdem würde er …
Möge Gott ihr vergeben.
Er würde kommen und das Hafengelände auf den Kopf stellen, um sie zu finden. Sie wusste es so genau, wie sie ihr eigenes Herz schlagen hörte, und mit jedem Schlag gegen ihre Brust rissen zwei widerstrebende Gedanken sie auseinan der, direkt in der Mitte.
Der erste sang von Hoffnung, ein Flehen und ein Gebet, gerettet zu werden. Der zweite traf doppelt, bestand gleichermaßen aus Schuld und Entsetzen. Ihre Entscheidung davonzulaufen, statt mit Bastian über die Realität, die sie nicht verstand, zu sprechen, würde den Mann, den sie liebte, vielleicht das Leben kosten. Und für den Bruchteil einer Sekunde wünschte sie sich, sie hätten ihre Liebe nie entdeckt, denn ohne sie würde Bastian sich nicht gezwungen fühlen, sie zu retten … würde in Sicherheit bleiben, weit außerhalb der Reichweite der Razorback-Klauen.
Die Konsequenzen ihrer Taten trafen sie mitten ins Herz. Der Schmerz breitete sich aus, erfüllte ihren ganzen Körper, bis sie Lothair anknurrte, ein »Leck mich« auf den Lippen. Angela trat seitlich gegen Mysts Fuß und schüttelte den Kopf, die Botschaft war klar. Nicht reagieren. Je mehr du tust, desto mehr Munition gibst du ihnen, um dir zu schaden.
Mit einem kurzen Nicken akzeptierte Myst die weise Warnung, aber es hätte sie fast umgebracht. Sie wollte sich auf Lothairs Rücken stürzen und ihm das Genick brechen. Es widersprach ihrem Wesen und allem, was sie über sich wusste, aber ja … sie könnte es tun. Ihr Wissen über die menschliche Anatomie verlieh ihr einen Vorteil. Alle diese netten kleinen Wirbel gaben so leicht nach, wenn man wusste, was man zu tun hatte.
Zwischen den Containern war ein Durchgang in Sicht.
Sie hörte, wie Angela tief Luft holte und wieder ausstieß, sich auf die Flucht vorbereitete. Myst tat es ihr gleich, füllte ihre Lungen und leerte sie dann wieder, reicherte ihre Muskeln mit Sauerstoff an. Wenn sie anfing zu rennen, durfte sie nicht mehr anhalten. Durfte sich nicht umdrehen. Oder langsamer werden.
Mit widerhallenden Schritten ging Lothair geradeaus weiter.
Und Myst machte sich bereit.
In dem Moment, als sie die Lücke zwischen den Containern erreichten, rannten sie in entgegengesetzte Richtungen davon: Angela nach rechts, Myst nach links. Die Razorback hinter ihnen brüllten auf, schlugen Alarm. Adrenalin schoss durch ihre Adern, Mysts Füße flogen über den Asphalt. Das Dröhnen schwerer Stiefel erklang hinter ihr. Heißer Atem schlug ihr in den Nacken, und sie duckte sich, schlug einen Haken, um der Gefangennahme zu entkommen. Eine riesige Hand schoss seitlich durch ihr Sichtfeld. Sie änderte die Richtung, schlitterte um eine Ecke in eine schmale Gasse.
»Scheiße«, ertönte eine wütende Stimme hinter ihr.
Das Geräusch rutschender Füße wurde laut, als ihr Verfolger eine Vollbremsung hinlegte. Myst schnaubte triump hierend, als der Razorback gegen den Container knallte. Ei n weiterer Fluch begleitete das Getöse, schoss zwischen den Stahlwänden hin und her und verhallte in der Dunkelheit.
Ohne sich umzudrehen, rannte sie auf das Ende des Durchgangs und die Freiheit zu: jeder Schritt donnerte auf den Asphalt, sie
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