Töten ist ganz einfach: Thriller (German Edition)
ihr gezeigt, was für ein kranker Mensch er doch war. Das war fair gewesen und vielleicht konnte sie Tony Braun ja die eine oder andere Information geben, wenn sie zufällig darüber stolperte.
Sie passierten unglaublich hässliche Plattenbauten, die jetzt von Asylanten und Leiharbeitern bewohnt wurden, und schließlich tauchte ein auf Stelzen stehendes, zylinderförmiges Gebäude auf. Früher einmal war das Areal eine Verladestation für die riesigen Stahlträger gewesen. Jetzt erinnerten nur noch die unter dem Gebäude verlaufenden rostigen Schienen und ein überdimensionierter, lang gestreckter und funktionsloser Kran an frühere Zeiten. Nichts wies auf ein international agierendes Unternehmen hin, das im Begriff war, an die Börse zu gehen, nur ein diskretes Stahlschild auf dem Parkplatz zeigte ihnen, dass sie richtig waren.
„Sieht ja ziemlich schräg aus“, murmelte Richard und verrenkte sich mit der Zigarette im Mund den Hals, um das Gebäude in seinen gesamten Ausmaßen zu erfassen.
„Drück die Zigarette aus, das macht keinen guten Eindruck!“, befahl ihm Anna, die nervös auf ihre Uhr sah. Sie waren schon fünf Minuten zu spät.
Lautlos öffnete sich ein gläsernes Tor und sie betraten eine Halle, von der man hinauf in die Galerien der einzelnen Stockwerke sehen konnte. Ein vollkommen aus Glas gebauter, eisblau beleuchteter Liftschacht verband die einzelnen Ebenen.
Hinter dem Empfangstresen erstreckte sich eine riesige gold gefärbte Wand – mit einem integrierten „R“ –, die entfernt an eine überdimensionierte Matratze erinnerte und deren Zweck es war, den Schall in der riesigen Halle zu filtern.
„Diese Ausweise bitte gut sichtbar anstecken!“, befahl eine gestylte Empfangsdame und reichte ihnen laminierte rote Kärtchen mit einem großen V für Visitor. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine große blonde Frau im Businesskostüm auf. Unter dem Arm trug sie eine Mappe mit dem Logo von Royal International.
„Bitte folgen Sie mir“, sagte sie, ohne sich vorzustellen, wandte sich sofort zum Lift, mit dem sie schweigend in die oberste Ebene glitten. Vor einer massiven stählernen Doppeltür blieb sie stehen und wies einladend hinein.
„Sie werden erwartet!“
Der Besprechungsraum war so groß, dass es Anna beinahe den Atem verschlug. Das durch hohe, schmale Fenster hereinströmende Licht zerhackte den Raum in helle und dunkle Streifen. Ganz hinten am Kopf des überdimensionierten Besprechungstisches saß Bogdan Drakovic, dessen Gesicht sie von der Homepage kannte, unter einem grässlichen Gemälde, das einen alten Mann zeigte, wahrscheinlich den Firmenchef Igor Drakovic. Bogdan Drakovic war so übertrieben konservativ gestylt, dass er fast schon wie eine Karikatur wirkte. Auf den ersten Eindruck wirkt er nicht unsympathisch, eher undurchsichtig, wie ein Mann mit zwei Gesichtern, dachte Anna.
Rechts von Bogdan Drakovic bemerkte sie Tatjana Drakovic, die laut Homepage für Marketing und Werbung zuständig war und in der Realität bedeutend verlebter aussah. Sie war trotzdem eine schöne Frau, das musste Anna neidlos zugeben, die auch ohne ihre teure Designerkleidung beeindruckt hätte. Doch ihre Augen erzählten eine andere Geschichte. In ihrem Inneren war das Feuer erloschen und Anna spürte intuitiv, dass diese in einer Welt ohne Liebe lebte.
Hinter Tatjana Drakovic lehnte ein Hüne mit rasiertem Schädel an der Wand, der mehr an einen Schläger erinnerte. Diesen Mann und die beiden anderen Anwesenden kannte sie nicht.
„Claude Berger, unser Anwalt. Zuständig für die Formalitäten! Alex Huber, der Spezialist für unseren geplanten Börsegang und Slobodan Petrovic unser Sicherheitschef“, stellte Bogdan Drakovic nach der allgemeinen Einführung auch die Drei vor und wies mit seiner rechten Hand auf das andere Ende des Tisches, an dem Anna und Richard Platz nahmen.
Der Anwalt Claude Berger schob ihnen einen Stapel von Papieren über den Tisch, den sie unterschreiben musste und der sie fast bis über den Tod hinaus verpflichtete, über alle Gespräche und dergleichen zu schweigen. Dann begann Alex Huber mit seinen Ausführungen über Royal International, den geplanten Börsegang, die Aufgabenstellung für die Agentur und den Zeitrahmen.
Bogdan und Tatjana Drakovic machten auf sie einen ziemlich abwesenden Eindruck, so als würde die beiden die Besprechung überhaupt nicht betreffen, nur der Sicherheitschef Petrovic betrachtete sie die ganze Zeit prüfend.
Alex Huber redete
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