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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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bisschen.
    »Aufmachen!«, beharrte der Polizist.
    »Geht nicht«, murmelte Purgler.
    »Was ist denn drin?«, fragte der zweite Polizist.
    »Bücher.«
    »Na, dann nehmen Sie doch einfach den Deckel runter«, schlug der zweite Polizist freundlich vor. »Die Dinger werden an der Luft schon nicht zerfallen.«
    »Das nicht«, sagte Purgler gedehnt. »Aber … steinhart werden sie.«
    Jetzt hatte er den Dreh!
    »Schauen Sie, ich bin Buchbinder. Ich hab mir nach dem Unfall alle vorgeleimten Exemplare eingepackt, um sie zu Hause fertig zu binden. Wenn ich die Klimabox öffne, gibt’s eine Katastrophe: Ratzfatz trocknet der Leim aus! In unseren Augen mögen das alte Scharteken sein. Aber Sammler gäben dafür ihr Leben.« Er zwinkerte den Polizisten kumpelhaft zu. »Und das macht sie ziemlich spendabel.«
    »Buchbinder?«, fragte der erste Polizist und ließ seinen Blick über die goldene S-Klasse schweifen. Seine Zweifel waren nicht zu zerstreuen.
    Purgler nickte. »Deshalb auch der Unfall an der Stanze. Manchmal ganz schön gefährlich, mein Beruf. Natürlich nicht so wie Ihrer«, fügte er schleimig hinzu.
    »Lass ihn, Hubert«, sagte der zweite Polizist. »Den suchen wir sowieso nicht.«
    Der Angesprochene nickte resigniert, und Purgler klappte denKofferraum wieder zu. Dann klemmte er sich hinters Steuer. Er wusste, es war verkehrt, aber er konnte es sich nicht verkneifen. Noch einmal drehte er sich zu den Polizisten hin: »Was die Sitze angeht: Brüten Sie einen Furunkel im Arsch aus, am besten direkt in der Ritze, dann muss Ihr Vorgesetzter reagieren und was Besseres anschaffen. Zeigen Sie ihm einfach den nackten Hintern!«
    Er schlug die Tür zu und gab Gas.
    Konsterniert sahen ihm die Streifenbeamten hinterher. »Ist die Hitze«, meinte der zweite Polizist. »Wenn nicht bald ein Gewitter kommt, haben wir es heute Nacht nur mit Irren zu tun.«

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    8
   München
Mittwoch, 7.   Juli, 22   :   00
    Im Toggle-Büro nahe dem Stachus verabschiedeten sich Marco und Erik mit einer Partie Tischtennis von der Leichtigkeit des Tages. Ihre Nachtschicht drohte arbeitsam zu werden. Von diversen Scanbrigaden an den verschiedensten Orten waren im Lauf des Tages insgesamt 234 unbearbeitete Textdateien eingetrudelt. Nun mussten Buchtitel und Autor, Herkunft und Bibliotheksstandorte in Meta-Files eingetragen sowie der Text auf Vollständigkeit überprüft werden.
    ›Kollationieren‹ hieß das in der Fachsprache.
    Marco, 24, Student der Vergleichenden Sprachwissenschaften, hatte allerdings schon vor Wochen herausgefunden, dass dieses altertümliche Wort eine zweite, weitaus angenehmere Bedeutung besaß: »Einen kleinen Imbiss einnehmen«, vermerkte der Fremdwörterduden an letzter Stelle seiner Aufzählung. Es war nicht schwierig gewesen, Erik, 22, Student der Sportwissenschaft, von dieser Lesart der Stellenbeschreibung zu überzeugen, wenngleich Erik aus Gründen der Fitnessbalance darauf beharrte, vor jeder neuen Nahrungsaufnahme alte Kalorien an der Tischtennisplatte abzubauen.
    Das wirkte auch den Verspannungen durch die Computerarbeit entgegen.
    So vergingen die Nächte im steten Wechsel zwischen Bewegungund Stillstand. Obst und Süßigkeiten gab es reichlich, und im Gegensatz zu echten Büchern musste man bei Dateien auch keine Gedanken an schokoladenverschmierte Finger verschwenden. Erik allerdings, von Haus aus kein belesener Mensch, wurde regelmäßig von Sinnfragen gequält. Dann fiel ihm schwer, nach der Pause an den Computer zurückzukehren.
    »Noch ’ne Partie Tischtennis außer der Reihe?«, schlug er gerade wieder seinem Kompagnon vor.
    »Mann, wir haben noch über 200 Dateien vor uns!«
    »Ich weiß … aber was soll das alles? Ein Mensch liest pro Jahr zwei Bücher, macht Pi mal Daumen 140 im Leben. Haben wir ja schon an einem Abend mein ganzes Lebenspensum überschritten.«
    Marco fegte mit der Hand Kekskrümel vom Tisch. »Sieh’s mal so: Du bist nicht der Nabel der Welt.«
    »Ne.« Erik lachte. »In dem Punkt bestimmt nicht.«
    »Ich lese massenhaft Bücher, zwei im Monat . Da kommt schon eine Zahl zusammen.«
    Erik überflog es rasch im Kopf. »1680, aufs Leben gerechnet. Das peitschen wir hier in acht Tagen durch.«
    »Es gibt Millionen Bücher, die kann sowieso nicht einer alleine lesen.«
    »Sag ich doch! Das macht alles keinen Sinn.«
    Darauf wusste Marco keine Entgegnung, und so gingen beide wieder an die Arbeit. Ein paar Minuten lang herrschte konzentriertes Schweigen. Dann sagte Erik: »Womit

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