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öffnete den Kleiderschrank und fummelte an der Tür des Zimmersafes herum. »Dachte ich mir«, sagte er dann und holte sein iPhone aus dem Tresor. »Hing an der Strippe!«
»Im Safe?«, fragte Pia ungläubig, die zu ihm hingetreten war.
Der Programmierer gähnte wieder. »Der Luxus der Reichen ist den Armen ein Rätsel«, orakelte er. »Da!«
Er deutete in den Safe. Pias Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen, dann zeichnete sich vor dunkelblauem Samt eine schwarze Kupplung ab. Der Safe barg einen Netzanschluss.
»Wenn diese ganzen Nataschas aus Rublyovskoye Shosse mit ihren brillantbesetzten Vertus einfliegen, muss der Safe ja wohl einen Stromanschluss haben! Die können ihre Handys doch nicht einfach zum Laden im Zimmer rumliegen lassen.«
»In Mellau gab’s so was nicht«, wunderte sich Pia. »Und das ist auch ein Luxushotel.«
»In Mellau gibt’s auch keine Russen«, parierte Kingfish. »Jedenfalls bis jetzt nicht. Wenn ihr beide jetzt mal bitte schön vor die Tür gehen würdet, während ich mit meinem Broker telefoniere? Ist mir nämlich peinlich, vor fremden Leuten so große Gewinne zu realisieren. Ich bin ein schlichter Junge vom Lande.«
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Boscomb Down ( GB )
Mittwoch, 5. August, 11 : 30
Zwischen den Government Communications Headquarters in Cheltenham und der britischen Testpilotenschule in Boscomb Down nordöstlich von Southampton lagen rund 120 Kilometer, zu deren Überwindung Walter Weinberger einen Helikopter von den GCHQ gestellt bekam. Dass seine Idee überhaupt griff, ging auf einen historischen Zufall zurück. Ausgerüstet mit Hawks aus Inlandsproduktion, besaß die Royal Air Force keine deutsch-französischen Alpha Jets. Doch in den frühen Neunzigern hatte der Hersteller Dornier nach unerwarteten Abrüstungsbeschlüssen Dutzende Maschinen wieder zurückgekauft und etliche davon generalüberholt nach Boscomb Down geliefert, wo man dringend Schulungsmaschinen benötigte. Dort gehörten sie nicht dem britischen Militär, sondern einem börsennotierten Sicherheitsunternehmen namens KinetiK, das in einer verschlungenen Firmenkonstruktion einerseits Regierungsbedürfnisse erfüllte, andererseits weitgehend freie Hand bei Geschäften mit erwartbaren außenpolitischen Kollateralschäden genoss. In diesem Umfeld war es Major Archibald Wooster leichtgefallen, binnen einer Stunde den gewünschten Alpha Jet zu organisieren.
»Ich rette deinen Chefs den Arsch!«, hatte Archibald Wooster dem Freund durch den Rotorenlärm zugerufen, »dafür legst du mir Toggle Democracy lahm! Nicht, dass ich eines Morgens aufwache und keine Königin mehr habe, weil ein paar verrückte Eierköpfe ihren IQ bemängeln! Und bitte«, brüllte er nun aus voller Lunge, da Weinberger schon die Kanzel des MD 500 erklommen hatte, »bitte keine Verletzten in Argleton!«
Der Amerikaner machte eine abfällige Handbewegung. Das Einzige, was ihn bei der Aktion beunruhigte, war die Tatsache, dass er zuvor zwei Brandys getrunken hatte. In seiner aktiven Zeit wäre das ein Fauxpas gewesen, doch als Privatmann? Unwirsch gab er dem Helikopterpiloten das Zeichen zum Start.
In Boscomb Down landete der Hubschrauber direkt neben dem startbereiten Alpha Jet. Die Maschine war schwarz lackiert, trug den Firmenschriftzug am Rumpf und sah wie ein eleganter, neuer Jet aus. Tatsachlich hatte KinetiK das Flugzeug im Inneren modernisiert, die alten Stencil-Schleudersitze durch neue Martin-Bakers ersetzt, zeitgemäße Navigationssysteme installiert und aus dem 30 Jahre alten Flieger eine moderne Hightech-Maschine gemacht. Während zwei Bodentechniker Weinberger in seine Montur halfen, erklärten sie ihm die Neuerungen. Zum Glück betrafen keine davon die Steuerung der Maschine, so dass der altgediente Pilot fliegerisch nichts umlernen musste. Rechts und links unter den Flügeln hing je eine Brimstone-Rakete für den Erdkampf.
»Das Übungsziel können Sie ganz einfach mit seinen GPS – Koordinaten einspeichern, Sir«, sagte einer der Techniker, der sich über zivile Nutzer der Kinetik-Jets schon lange nicht mehr den Kopf zerbrach. »Bedenken Sie aber, dass sich im Umkreis von 600 Metern sicherheitshalber niemand aufhalten sollte. Geht’s hoch zu den Orkney Islands?«
»Bordkanone?«, fragte Weinberger.
»Mauser MK 27. Sie sehen die nötigen Daten eingespiegelt im HUD .«
Das Head Up Display war eine robuste 80er-Jahre-Technologie, die Weinberger aus seinem eigenen Jet kannte. Es wäre ihm lieb gewesen,
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