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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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»Haben wir eigentlich noch einen dieser USB – Sticks mit Augen und Ohren?«, fragte er mit leiser Stimme.
    »Aus der feindlichen Übernahme der Melodora-Werke? Ich dachte, Sie wollten nicht mehr darauf zurückgreifen. Der Trick ist damals aufgeflogen.«
    »Nun, nun«, brummte Fünfgeld. »Man sollte nie auf Methoden verzichten, nur weil ein paar Menschen davon wissen. Wer erinnert sich schon an die Melodora-Äffäre? Sie liegt über zwei Jahre zurück.«
    »Womit unsere Technik möglicherweise so veraltet ist, dass sie von simplen Abwehrmechanismen blockiert wird«, gab der Sekretär zu bedenken.
    »Aber doch nicht bei einem Journalisten«, entgegnete Fünfgeld und deutete mit einem kaum erkennbaren Kopfnicken in Richtung Axel Jüngers. »Einen Journalisten beschäftigt Computersicherheit nur, wenn er selbst vor verschlossenen Schranken steht.«
    Flüeli grinste zustimmend: »Ich werde das Nötige veranlassen.«
    Er erhob sich, ging zum Kuchenbüfett und kam wenig später mit einem Stück Herrentorte zurück. »Sind wir vielleicht doch nicht zufällig hier?«, erkundigte er sich. »Wenn ich mich erinnere … bei der Buchung im Juni vermerkte der Terminkalender eine Retraite. Jetzt führt hier ausgerechnet jene Firma eine Tagung durch, die Sie miteinem Unternehmen verschmelzen wollen, das Ihnen natürlich auch nicht gehört.«
    Der Russe wiegte melancholisch das Haupt: »Was ist Zufall? Zufall … HaSchem! Die Thora sagt, es gibt keinen Zufall.« Der Oligarch schlürfte mit sichtlichem Behagen seinen Tee. »HaSchem«, murmelte er noch einmal. »Warum setzen wir uns nicht einfach mit in den Konferenzsaal? Schließlich sollte man sich vorher ansehen, mit wem man die Verschmelzung anstrebt. Das ist in der Wirtschaft nicht anders als in der Ehe.«
    »Olga!« Melissa sah die Dreizehnjährige um die Ecke eines langen Flurs huschen. »Olga, warte!«
    Das Mädchen blieb stehen und drehte sich um. Melissa holte sie mit ein paar Schritten ein: »Tut mir leid, dass ich vorhin so grob war! Aber während der Veranstaltung brauchen wir absolute Ruhe. Du ahnst nicht, was diese Kerle da oben auf dem Podium kosten!«
    »Auch Papa?«, fragte Olga erstaunt.
    »Der zum Glück nicht. Aber die anderen … jede Verlangsamung ihrer Gedankengänge macht Toggle um Tausende von Euros ärmer.«
    »Ich fand, dass die überhaupt nichts gedacht haben!«
    »Das ist es ja«, seufzte Melissa. »Gib ihnen die geringste Ablenkung, und sie schicken ihr Hirn in Urlaub. Hier!« Sie nestelte einen kleinen Plastikbeutel aus ihrer Kostümjacke und reichte ihn dem Mädchen. »Kleine Entschuldigung.«
    »Was ist das?«
    »Jellys. Melissas Spezialmix für kluge Mädchen.«
    »Ziemlich kleine Packung, oder?«
    Olga sah sie frech an.
    »Tja.« Melissa zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen: Sei froh, dass du überhaupt etwas bekommst! Dann hob sie drohend den Zeigefinger: »Und nicht essen … ich setze auf deinen Verstand. Wenn keiner mehr die Lösung weiß, hast du sie.«
    Ihr Lächeln geriet etwas schief.
    Olga steckte achtlos den Beutel ein und setzte ihren Weg in den Teesalon fort. Angeblich gab es dort den besten Kuchen der Welt.
    »Na, Tochter?« Pia warf einen schrägen Blick auf Olgas Teller. »Fünf Petits fours? Ist das nicht ein bisschen unbescheiden?«
    »Mama!«
    Bevor Pia den genervten Tonfall rügen konnte, wurde sie abgelenkt. Professor Ranchin, der bis zu diesem Augenblick immer von einem Schwarm Menschen umgeben gewesen war, stand völlig allein an der Tür zur Sonnenterrasse. Pia ließ ihre Tochter stehen. Ihrer Einschätzung nach war der schmächtige Franzose das hochrangigste IAS – Mitglied vor Ort, während sie Dijkerhoff schon wegen dessen unverkennbarer Eitelkeit keinen hohen Rang unter The Thousend zubilligte.
    Ranchin verschwand nach draußen.
    »Monsieur le professeur!«, rief sie ihm hinterher.
    Er hörte nicht.
    Alexandre Ranchin war nikotinabhängig. Deswegen hatte er von Paris aus nicht den Flieger, sondern die Bahn genommen. So konnte er wenigstens zwischendurch auf dem Bahnsteig rauchen, wann immer der Zug ein paar Minuten hielt. Und nach anderthalb Stunden auf einem Podium kannte sein sonst so brillanter Kopf auch nur noch einen Gedanken: jenen Ort ausfindig zu machen, an dem er sich ein paar Gitanes Maïs anstecken konnte. So fand Pia den Historiker weit abgerückt von sonnenhungrigen Hotelgästen am Rande der Terrasse. Er war in eine markante Rauchsäule gehüllt.
    Sie trat auf ihn zu: »Haben Sie eine für

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