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Titel: Toggle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Felix Weyh
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sperren.«
    »Kidnapper haben auf dem Rückweg meist etwas dabei«, bemerkte der russische Geschäftsmann trocken.
    »Sehr richtig! Deswegen scheiden die Wanderwege aus. Die Täter kommen also entweder über die von uns leicht zu kontrollierenden Straßen oder aus der Luft.«
    »Wo man sie nicht hört«, wiederholte Fünfgeld.
    »Wo man sie deutlich hört! Denn um mit Ihnen als Geisel das Tal zu verlassen, brauchen sie doch einen Helikopter. Gleitflieger kommen zwar rein, aber nicht mehr raus.«
    Flüeli faltete die Karte zusammen. »Wir könnten hier also sicher sein, wenn wir zusätzlich zu Sergej und Valentin vier bis sechs Mann Wachpersonal hätten.«
    »Wir sind sicher«, sagte Jewgenij Jacob Fünfgeld. »Denn ich kann hier niemanden entdecken, der mich kennt. Ganz abgesehen davon ist Valentin kein Wachmann, sondern mein Neffe. Er hatte beim Studium in St. Gallen ein paar Probleme mit berauschenden Substanzen, und seine Mutter meinte, Bergluft täte ihm gut. Obwohl man streng genommen in St. Gallen auch schon Luft aus den nahen Bergen atmet.«
    Der Milliardär griff zur Financial Times , die neben ihm lag, und blätterte sie flüchtig durch. Im Unternehmensteil blieb er hängen.
    »Haben Sie das gelesen, Flüeli?«
    »Ich bin heute noch nicht zur Presseschau gekommen«, bekannte sein Privatsekretär.
    »Man verdächtigt mich, der geheime Eigentümer von Myface zu sein.«
    »Nicht völlig abwegig.«
    »Unsinn! Myface gehört seinem amerikanischen Gründer. Selbst wenn dieser im Ausland verschuldet sein sollte, wäre das keineseriöse Meldung.« Er blätterte weiter. »Dass Toggle mit Myface ins Bett steigen will, steht allerdings nirgends.«
    »Das wäre auch noch schöner«, sagte der Sekretär. »So eine dreiste Unterstellung!«
    Er lachte meckernd, während der Oligarch keine Miene verzog. In diesem Moment betrat ein Pulk lärmender Menschen den Teesalon. Mit geübtem Blick erkannte Urs-Albert Flüeli, dass es sich um Journalisten handelte.
    Journalisten konnte er nicht leiden.
    Wenn man für einen der reichsten Männer Russlands arbeitete, waren Desinformation und Abschirmung oberstes Gebot. Darüber hinaus war Flüeli in seinem früheren Diplomatenleben über eine zwar nie stattgefundene, doch breit diskutierte Sexaffäre gestolpert und hatte die Journaille seither gründlich satt. Wenn man versuchte, sie für eigene Zwecke zu instrumentalisieren, misslang das meistens. Ihre Ehrlosigkeit übertraf noch die von Politikern, und schon die waren ein Ausbund an unberechenbarem Opportunismus.
    »Das sind Presseleute«, murmelte er leise. »Wechseln wir das Thema.«
    »Oder hören wir ihnen zu«, schlug Fünfgeld vor. »Man kann davon profitieren, wenn man Zeitungen liest, bevor sie erscheinen.«
    Er beugte sich ein wenig vor. Trotz seiner russischen Herkunft besaß er ausgezeichnete Deutschkenntnisse.
    Ein auffallend schlecht angezogener und unrasierter Mittdreißiger führte das große Wort: »Das ist doch ein durchsichtiges Manöver«, dröhnte der Journalist. »Ich verwette meinen Kopf, dass am Ende der Woche ein paar Umschläge den Besitzer wechseln. Die größten Kritiker von Toggle erhalten dann die dicksten Bündel Bargeld – und plötzlich sind sie keine Kritiker mehr.«
    »Ah, darum lehnen Sie sich so weit aus dem Fenster, Herr Jünger«, sagte eine grämliche Mittvierzigerin. »Sie wollen Ihren Preis erhöhen.«
    »Ich bin unbestechlich, was sich meinen Artikeln jederzeit entnehmen lässt. Wenn Toggle etwas Gutes tut, werde ich das berichten. Bis dahin ziehe ich es vor, skeptisch zu bleiben. Im Übrigen wirdmeine Skepsis aber von ziemlich harten Fakten gespeist, die auf meiner Festplatte ruhen. Natürlich passwortgeschützt.«
    »Ihren Einwand, dass Booksearch die Antiquariatskultur bedroht, fand ich ganz richtig«, mischte sich eine jüngere Frau ein. Sie bezog sich offensichtlich auf einen Zwischenruf des Journalisten. »Wer soll denn noch alte Bücher kaufen, wenn alles offen im Internet zugänglich ist? Das treibt eine ganze Branche in die Pleite.«
    »Die in den letzten fünfzehn Jahren nicht übel vom Internet profitiert hat«, widersprach die grämliche Mittvierzigerin. »Das sind doch sozialromantische Anwandlungen, Kollegen! Fortschritt hat immer seinen Preis. Was meinen Sie, was mit dem Buchmarkt passiert, wenn erst mal jeder ein iPad besitzt?«
    Fünfgeld hatte genug gehört. Er goss sich Tee ein und griff wieder nach der Financial Times. Wie beiläufig wandte er sich an seinen Sekretär:

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