Tokio Killer - 02 - Die Rache
ich musste ein wenig über diese Ironie des Schicksals lächeln, denn Naomi sagte: «Was ist?»
Ich schüttelte den Kopf. «Ich kann nicht mitkommen. Und selbst wenn, es wäre zu gefährlich für dich, mit mir zusammen zu reisen. Geh einfach. Ich werde eine Möglichkeit finden, in Salvador Kontakt zu dir aufzunehmen, wenn du wieder dort bist.»
«Versprochen? »
Ich nickte. «Ja.»
Eine lange Pause trat ein. Dann sah sie mich an. «Ich glaube nicht, dass du wirklich kommen wirst. Das ist okay. Aber melde dich und sage es mir. Lass mich nicht warten, ohne Bescheid zu wissen. Tu mir das nicht an.»
Ich nickte, dachte an Midori, wie sie gesagt hatte: Mal sehen, wie dir die Ungewissheit gefällt.
«Ich melde mich bei dir», sagte ich.
«Ich weiß noch nicht genau, wo ich sein werde, aber du kannst mich über meinen Vater erreichen. David Leonardo Nascimento. Er weiß, wo du mich findest.»
«Geh jetzt», sagte ich. «Du hast nicht viel Zeit.»
Ich wollte mich zum Gehen wenden, aber sie hielt mich fest und trat dicht an mich heran. Sie nahm mein Gesicht in die Hände und küsste mich leidenschaftlich. «Ich warte», sagte sie.
22
I CH VERLIESS DIE G EGEND zu Fuß. Ich wollte nicht gesehen werden, nicht mal von einem anonymen Taxifahrer.
In einer Sauna, die durchgängig geöffnet war, reinigte ich mich, besorgte mir anschließend in einer Apotheke mit Notdienst eine Packung Ibuprofen. Ich schluckte gleich ein halbes Dutzend. Mein Arm pochte.
Schließlich fand ich in Shibuya ein Business-Hotel und fiel in einen komatösen Schlaf.
Das Summen meines Pagers weckte mich. Ich hörte es im Traum zuerst als ein automatisches Garagentor, dann als ein vibrierendes Handy und schließlich, im Wachzustand, als das, was es war.
Ich sah auf das Display. Tatsu. Wurde aber auch Zeit, verdammt noch mal. Ich ging raus, suchte mir eine Telefonzelle und rief ihn an. Es war schon Mittag.
«Alles in Ordnung?», fragte er.
Er hatte also schon von dem Gemetzel gehört. «Die Polizei ist aber auch nie da, wenn man sie braucht», sagte ich.
«Ich bitte um Verzeihung.»
«Wenn ich umgebracht worden wäre, hätte ich dir das nicht verziehen. Aber unter den gegebenen Umständen bin ich in großzügiger Stimmung. Ich könnte einen Arzt für einen verletzten Arm gebrauchen.»
«Ich besorge einen. Können wir uns jetzt sofort treffen?»
«Ja.»
«Wo wir uns letztes Mal verabschiedet haben.»
«Okay.»
Ich legte auf.
Ich machte einen GAG, der mich zur Meguro-Station brachte. Tatsu und Kanezaki standen an den Drehkreuzen.
Na prima, dachte ich. Eine Überraschung hat mir gerade noch gefehlt.
Ich ging zu ihnen. Tatsu nahm mich beiseite.
«Die Theorie lautet, dass ein Bandenkrieg ausgebrochen ist», sagte er. «Ein interner Yakuza-Machtkampf. Das legt sich wieder.»
Ich sah ihn an. «Dann weißt du es also?»
Er nickte.
«Na und?», sagte ich. «Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, danke zu sagen?»
Ein verblüfftes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er klopfte mir tatsächlich auf den Rücken. «Danke», sagte er. Er betrachtete meinen Arm, den ich unnatürlich eng am Körper hielt. «Ich kenne jemanden, der sich das ansehen wird. Aber ich glaube, zuerst solltest du hören, was Kanezaki zu erzählen hat.»
Zu dritt gingen wir über die Straße zu einem Coffeeshop. Sobald wir saßen und bestellt hatten, sagte Kanezaki: «Ich habe etwas über den Tod Ihres Freundes erfahren. Es ist nicht viel, aber Sie haben mir wie versprochen geholfen, also erzähl ich es Ihnen.»
«Gut», sagte ich.
Kanezaki sah kurz zu Tatsu hinüber. «Ah … Ishikura-san hier hat mir von Ihren Unterredungen mit Biddle und Tanaka berichtet. Er hat mir auch erzählt, dass Biddle Sie beauftragen wollte, mich umzubringen.» Er hielt kurz inne. «Danke, dass Sie das abgelehnt haben», sagte er.
«Doitashimashite», sagte ich, langsam den Kopf schüttelnd. Nicht der Rede wert.
«Nach unserer letzten Begegnung», fuhr er fort, «wollte ich mehr Informationen. Um Biddle unter Druck setzen zu können und um etwas gegen ihn in der Hand zu haben, falls er noch mal auf die Idee kommt, so was in der Art zu versuchen.»
Er lernt schnell, dachte ich. «Was haben Sie gemacht?»
«Sein Büro verwanzt.»
Ich sah ihn an, halb verblüfft, halb beeindruckt angesichts seines offensichtlichen Wagemuts. «Sie haben im Büro des Dienststellenleiters Wanzen angebracht?»
Er lächelte ein jungenhaftes, selbstzufriedenes Lächeln, das mich an Harry
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