Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen
Gruppenonanie.«
»So könnte man das wohl nennen, ja.«
Er schmunzelte, erfreut über sein gelungenes Bild. »Jedenfalls, wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Wenn wir jetzt Typen wie Lavi ausfindig machen, schalten wir sie einfach aus. Und in diesem Fall sollte das Ausschalten aus den genannten Gründen möglichst diskret erfolgen.«
Wir drei schwiegen eine ganze Weile. Dann sagte ich: »Wenn die CIA daran Anstoß nehmen könnte, ist das Risiko größer. Der Preis, über den wir vor ein paar Minuten gesprochen haben, genügt da nicht mehr.«
Boaz sah mich an und fragte: »Welcher Preis genügt dann?«
3
IM LAUFE DER FOLGENDEN PAAR T AGE in Manila fanden Dox und ich zwei wichtige Dinge heraus. Erstens, Manny wohnte gar nicht richtig in dem Hotel. Er tauchte ein- oder zweimal am Tag auf, normalerweise am frühen Nachmittag und manchmal noch einmal am Abend. Er blieb gut eine Stunde und verschwand dann wieder Gott weiß wohin. Zweitens, ein Auto des Hotels, eine der vier identischen schwarzen Mercedes-Limousinen der S-Klasse, kutschierte ihn herum. Wir sahen den Wagen mit dem Kennzeichen MPH 777 immer nur, wenn er vorfuhr, um Manny abzuliefern, und dann wartete der Fahrer auf einem der Stellplätze, bis Manny wieder auftauchte. Nachts kam er erst gar nicht wieder. Manny hatte ihn vermutlich rund um die Uhr reserviert, wahrscheinlich für die Dauer seines Aufenthaltes.
Ich war versucht, an der Rezeption anzurufen - »Hallo, hier spricht Mr. Hartman, können Sie mir wohl auf die Sprünge helfen und mir sagen, für wie lange ich den Hotelwagen reserviert habe?« -, dann hätten wir einen Hinweis gehabt, wie lange Manny in der Stadt bleiben wollte. Aber der Anruf wäre ein unnötiges Risiko gewesen. Manny stieg schon so lange im Peninsula ab, dass das Personal bestimmt seine Gewohnheiten kannte und womöglich auch seine Stimme.
Aber vielleicht gab es ja eine bessere Methode. Unter den vielen schönen Sachen, die wir für den Auftrag mitgebracht hatten, befand sich auch ein Miniatur-GPS-Gerät, ein tolles Ding mit interner Antenne und Bewegungssensor, um den Akku zu schonen, wenn der Wagen nicht fuhr. Wenn wir es in dem Fahrzeug anbringen konnten, könnten wir aus der Ferne verfolgen, wohin Manny fuhr.
Also mietete ich einen der Wagen, um einen Ausflug zum Taal-See zu machen. Mit starkem japanischem Akzent erklärte ich dem Fahrer, dass ich mir den See und den aktiven Vulkan ansehen wolle, der sich auf einer Insel im See befindet. An der linken Hand trug ich einen goldenen Ehering, den ich bei einem Straßenhändler in Manila gekauft hatte. Ich gab dem Fahrer reichlich Gelegenheit, den Ring zu sehen.
Die Fahrt, die mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft aus dem Großraum Manila herausführte, war seltsam schön. Zuerst passierten wir die Slums, Hüttenstädte, die sich verzweifelt an Straßen- und Eisenbahnböschungen klammerten, die rostigen Wellblechwände provisorisch und doch auch irgendwie zeitlos. Ihre Bewohner saßen oder hockten vor den baufälligen Behausungen inmitten von Hühnern und nach Futter suchenden Hunden und schauten klaglos zu, wie der Mercedes im dichter werdenden Morgenverkehr vorbeikroch. Jenseits der EDSA, der Ringstraße, die Manila wie eine verkehrsüberfüllte Schlinge umgibt, machte die Stadt Reisfeldern und grünen Hügeln Platz, und ich hatte das merkwürdige, aber nicht unangenehme Gefühl, dass man mich zurück nach Vietnam fuhr. Wir beschleunigten das Tempo. Ziegen und hagere Kühe beobachteten uns offenbar gleichmütig. Wir überholten einen dünnen Jungen, der auf einem Wasserbüffel am Straßenrand ritt. Er schenkte uns keinerlei Beachtung, aber mir fiel auf, dass er verträumt vor sich hin lächelte, während er schwankend auf dem Rücken des Tieres saß. Ich fragte mich kurz, welche Gedanken ihn wohl zu diesem sanften Glücksgefühl geführt hatten. Der See selbst lag unglaublich still da. Er umgab den Kegel eines aktiven Vulkans, der aussah, als wäre er nur kurz eingeschlafen, um sich vielleicht schon bald zu regen. Um diese frühe Uhrzeit waren noch keine Touristen da, und ich war dankbar, einen besinnlichen Moment lang den Blick aufs Wasser und zum Himmel genießen zu können, das Summen von Insekten und die Rufe tropischer Vögel, bevor ich ins übervölkerte Manila zurückfuhr, wo mich die Bürde des Auftrags erwartete.
Wieder zurück im Hotel, wechselten Dox und ich uns damit ab, die Bilder der Kamera vor den Fahrstühlen zu überwachen, um zu sehen, ob Manny
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