Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung
lieber nicht zum Feind machtest, wenn du noch alle Tassen im Schrank hattest.
Aber es war ja auch nicht so, als würde er nach Delilah schmachten oder so. Nein, sie war einfach eine Frau, wie er sie selbst gern kennenlernen würde. Klug, selbstbewusst und natürlich umwerfend attraktiv. Ein bisschen rätselhaft, mit diesem gewissen Etwas, das einen auf Trab hielt. So ähnlich wie Angelina Jolie, wenn sie blond wäre und als Spionin beim Mossad ihre Brötchen verdienen würde statt als Schauspielerin.
Tja, er würde eben weitersuchen müssen. Und enthaltsam sein musste er in der Zwischenzeit ja nun auch nicht gerade. Er hatte das eine oder andere Schätzchen in Kuta auf Reserve, nur eine Autostunde entfernt, und etliche in Bangkok und Jakarta, Frauen, die schon in Ekstase gerieten, wenn er nur anrief, um zu sagen, dass er bald in die Stadt käme.
Er pinkelte zu Ende und betrachtete sich anschließend im Spiegel. Der Anblick gefiel ihm: gut einszweiundachtzig und knapp über hundert Kilo, mit Waschbrettbauch und nur einem Hauch von Hüftgold, wie die Ladys es anscheinend ganz reizend fanden. Sport war das Zauberwort. Er machte jeden Tag etwas anderes: Gewichte, Springseil, Cross-Fit-Training, irgendwelche Kugelhantelsachen, die er von den Russen gelernt hatte, und Körpergewichtsübungen, die Rain ihm gezeigt hatte. Er fand, dass er von der Figur her zehn Jahre jünger wirkte, als die vierzig, die er tatsächlich war, was ihn freute. Er wollte noch möglichst lange imstande sein, Fünfundzwanzigjährige aufzugabeln, ohne sich wie ein geiler alter Bock vorkommen zu müssen.
Er wusste, er würde sich nicht ewig so halten können, aber das störte ihn eigentlich nicht. Es war ihm auch egal, ob ihm irgendwann die Haare ausfielen, obwohl es im Augenblick nicht danach aussah. Er würde nur zweierlei vermissen, wenn es so weit war: erstens die Fähigkeit, ein münzgroßes Ziel aus fünfhundert Metern Entfernung bei schwachem Licht auszuschalten; und zweitens, ihn so schnell hochzukriegen wie ein Vierzehnjähriger beim Anblick von Carmen Electra im Playboy. Jung genug, um sofort einsatzbereit zu sein, aber alt genug, um gut und gern so lange durchzuhalten, wie er wollte – das war das Beste am Vierzigsein. Erst dann zu kommen, wenn du einer hübschen Lady so viel Vergnügen bereitet hast, wie sie ertragen kann, bis sie förmlich um Gnade bettelt, tja, wenn es auf dieser Welt eine noch bessere Droge gab, dann würde er die furchtbar gern kennenlernen.
Klar, wenn der Tag irgendwann kam, wenn ihm die Hände zitterten und seine Manneskraft nachließ, dann würde er sich in Erinnerung rufen müssen, dass er doch ein Glückspilz war. Nicht jeder lebte lange genug, um mit solchen Unausweichlichkeiten klarkommen zu müssen. Er hatte es fest vor, aber man konnte ja nie wissen. Entscheidend war, auf seine Kosten zu kommen, solange es ging, denn das Leben war nun mal kurz. Vor allem in seiner Branche.
Er ging zum Fenster und öffnete den Vorhang, ließ seinen Körper von der Sonne wärmen. Gott, was für eine Aussicht. Nur blauer Himmel, weiße Wolken und grüne Reisfelder, gesprenkelt mit Kokospalmen. Er stand gern hier und überblickte sein Reich, nicht bloß weil die Aussicht so schön war, sondern auch weil es auf der Welt nur ganz wenige Orte gab, wo er sich so hemmungslos an ein Fenster stellen konnte. Er hatte genug Menschen durch die Scheiben ihrer eigenen Fenster ausgeschaltet, um eine Abneigung gegen jedes Zimmer mit Aussicht entwickelt zu haben. Klar, er hätte diese Unruhe mit einer lebenslangen Aversionstherapie oder irgendwelchem anderen Psychoquatsch bekämpfen oder einfach alle seine Fenster mit Aluminiumoxynitrid verglasen lassen können, das von einer Firma namens Surmet vermarktet wurde. Sie nannten ihr Produkt ALON, und es hielt ein Wuchtgeschoss vom Kaliber.50 auf, was bedeutete, dass eine normale Scharfschützenkugel ungefähr die gleiche Chance durchzukommen hatte wie eine Mücke. Wie ging noch mal die Werbung? »Kugelsicheres Glas aus Aluminiumoxynitrid? Zehn Dollar der Quadratzentimeter. Das beruhigende Gefühl, dass Ihnen niemand mit einem Zielfernrohrgewehr das Gehirn wegpusten kann? Unbezahlbar.«
Er zog sich Shorts und ein T-Shirt über und trainierte eine Stunde lang mit Gewichten im Fitnessraum im ersten Stock. Dann duschte er und mixte sich einen riesigen Proteindrink aus Milch, Bananen, Papayas, Mangos und vier rohen Eiern. Der Eiervorrat war damit erschöpft, wie er sah – er würde Nachschub
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