Tokio Total - Mein Leben als Langnase
verabredeten Zeit. Aber in Japan ist zu früh eben gerade pünktlich.
Wir standen unter einem schwarzblauen Abendhimmel auf dem Dach des Kaufhauses »Tokyu«. Sirrend blendete uns eine rot-blaue Leuchtreklame, die sich mannshoch hinter uns erhob. Die Werbetafeln und Großbildschirme an den Hochhäusern ringsum blinkten uns ebenfalls auf Augenhöhe an. »DC Visa«, leuchtete es da, »Yen Shop Takefuji«, »Sankyo«. Akikos Handy vibrierte.
»Es ist Yusuke, er muss noch Überstunden machen und kommt zu spät. Er will, dass wir hier auf ihn warten. Das hätte er uns ja wohl auch früher sagen können.«
Ich beschloss, von Yusuke abzulenken und meine Bombe platzen zu lassen. »Ich gehe wieder weg aus Japan.«
Laute des Erstaunens.
»Meine Firma versetzt mich nach China«, setzte ich hinzu.
»Könntest du dir nicht stattdessen hier in Tokio einen Job suchen?«, fragte Kenji. »Bei uns in der Presseabteilung laufen auch immer so ein paar Ausländer herum.«
»Es geht nicht nur um den Job. In China ist einfach mehr los.«
Kenji war anzusehen, dass ihn das in seinem japanischen Stolz verletzte. Aber als Zeitungleser verstand er sofort, was ich meinte. »Von da gibt es vermutlich zehnmal mehr Neues zu berichten als von hier.«
Wir warteten auf Yusuke und spähten solange durch den hölzernen Zaun an der Hochhauskante auf den Busbahnhof vor dem Kaufhaus hinab. Werbebildschirme warfen aus allen Richtungen gelbe, grüne und pinke Lichtstrahlen auf uns. Unten zogen Tausende von durchgestylten Teenagern vorbei.
»Ich fand Japan wirklich aufregend und habe hier viel erlebt, aber irgendwie verändert sich nichts mehr«, sagte ich.
»Selbst schuld, wenn du lieber da drüben wohnen willst als bei uns Tokio«, sagte Akiko.
»Natürlich ist es in Japan schöner. Aber selbst hier in Shibuya sieht es doch immer noch genauso aus wie bei Kenjis und meinem ersten gemeinsamen Besuch.«
»Vor 15 Jahren«, rechnete Kenji aus.
»Ja, vor 15 Jahren.«
Tokio von oben, mein Blick streifte über die erleuchtete Stadt. Ich spürte, wie Traurigkeit in mir aufstieg, aber auch Vorfreude. Peking, das würde noch einmal eine völlig neue Erfahrung werden, da war ich mir sicher.
Dank
Ohne Akiko, Kenji, Miguel, Yusuke und die anderen Personen, mit denen ich Tokio erlebt habe, wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Sie tragen hier falsche Namen, genau wie mancher Ortsname für einen anderen Platz steht, an dem ich Ähnliches erlebt habe.
Meinen wundervollen Lektorinnen Claudia Negele und Wiebke Irlenkäuser danke ich herzlich für die Bearbeitung des Manuskripts, sowie meiner Agentin Diana Stübs für die Starthilfe.
Im Internet finden Sie mich unter Tokio-Total.de.
Originalausgabe
1. Auflage
Copyright © 2010 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN : 978-3-641-04466-4
www.goldmann-verlag.de
www.randomhouse.de
Weitere Kostenlose Bücher