Tolle Maenner
fragte er.
Sie schaute hoch. »Aber sicher. Wie geht’s denn so, Jonny?«
»Jon. Einfach nur Jon«, bat er. »Und das hier ist Lucky.«
»Ich wusste gar nicht, dass du einen Hund hast.«
»Ich hab ihn auch erst seit kurzem. Was mich anbelangt, mir geht’s gut. Und dir?«
»Ach, wie immer«, sagte Beth. Sie nahm ihre Tasse hoch und trank ihren Kaffee. Dazu aß sie ein Milky Way. »In der Zeitung macht’s keinen Spaß mehr. Marcus ist von Allison wegen sexueller Belästigung verklagt worden, und ohne Tracie -«
»Tracie ist nicht mehr bei der Zeitung?«, fragte Jon. Er hatte sich gezwungen, keine Features mehr zu lesen, um nicht nach ihrem Namen zu suchen.
»Weißt du denn nicht, dass sie gegangen ist?«, fragte Beth.
»Nein.« Er strengte sich wirklich sehr an, keine weiteren Fragen nach Tracie zu stellen, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen. »Wann heiratet sie denn?«, fragte er Beth, beschämt und verängstigt wegen seiner mangelnden Selbstbeherrschung. Er konnte es sich nicht leisten, wieder in das Elend zurückzufallen, das er in den vergangenen Monaten durchgemacht hatte.
»Allison?«
»Nein, Tracie«, zwang er sich zu sagen. Er hatte ihren Namen
nicht mehr ausgesprochen, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte, und sich geschworen, es nie wieder zu tun. Seine Mutter hatte aufgehört, sich zu erkundigen, wie es ihr ging, obwohl sie ihn nie gefragt hatte, was zwischen ihnen vorgefallen war. »Ich habe gehört, sie und Phil waren verlobt.«
»Ungefähr eine Minute lang«, sagte Beth und schnitt eine Grimasse. »Sie haben sich getrennt.«
Jon tat sein Bestes, um keinerlei Reaktion zu zeigen, obwohl ihm schwindlig war. Er hörte nicht, was Beth als Nächstes sagte, bis sie zu der Stelle kam »… und Tracie arbeitet im Java, The Hut. Zumindest hat sie das, als ich sie letztes Mal gesehen habe.«
Das war zu viel auf einmal. Er glaubte, er müsse sich wohl verhört haben. »Und als was?«, fragte Jon. Vielleicht war das ja irgendein bizarrer Witz.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, sagte Beth. »Aber vielleicht solltest du das besser selber rausfinden. Ich weiß, was sie für dich empfindet.«
»So?«
»Ach komm. Sie liebt dich doch schon seit Jahren. Sie hat es nur nicht gewusst«, erklärte Beth. »In manchen Dingen bin ich gar nicht so blöd.«
»Sie liebt mich?«, fragte Jon.
»Man bleibt doch nicht sieben Jahre mit einem Kerl zusammen, wenn man ihn nicht liebt«, sagte Beth. »Und du liebst sie auch noch. Findest du nicht auch, dass es höchste Zeit wäre, euren Streit zu begraben und den Bund fürs Leben zu knüpfen?«
»Ich knüpf mich höchstens auf.«
42. Kapitel
Jon saß an einem Tisch am Fenster, eine Speisekarte vor dem Gesicht. Draußen lag Lucky unter einer Bank, damit er nicht Passanten in die Quere kam. Jon fiel sofort auf, dass auf der Speisekarte ein halbes Dutzend Haftnotizzettel klebten, auf denen die Tagesgerichte angeboten wurden. Beth hatte wohl doch Recht. Die flatternden gelben Zettel auf der Speisekarte waren für ihn schöner als Narzissen auf einer Frühlingswiese. Das Herz raste ihm in der Brust. Er beobachtete aus der Ferne, wie Tracie eine Bestellung aufnahm, Kaffee nachgoss und einen Tisch abwischte.
Es war seltsam, sie bei ihrer Tätigkeit als Kellnerin zu beobachten. In all den Jahren, die er sie kannte, hatte sie in seinem Beisein noch nie eine Serviette gefaltet. Und als er sie jetzt so ansah, erlebte er etwas, was die Psychotherapeuten gemeinhin als »kognitive Dissonanz« bezeichnen. Aber in den vergangenen achtundvierzig Stunden hatte er ohnehin eine heillose Verwirrung erlebt zwischen dem, was er sah, und dem, was er zu wissen glaubte.
Nachdem er mit Beth gesprochen hatte, war er nach Hause gegangen und hatte darüber nachgegrübelt, was zwischen ihm und Tracie wirklich – im Gegensatz zu dem, was seiner Ansicht nach passiert war – geschehen war. Soweit er es rekonstruieren konnte, hatte Allison ihn angelogen, was Tracies Verlobung betraf. Ob sie es getan hatte, um ihn Tracie zu entfremden, oder ob etwas anderes dahinter steckte, wusste er nicht und würde es wohl auch nie erfahren. Er hatte Phil aufgesucht, und obwohl er dabei ein wenig das Gesicht verloren hatte, war es Phil keinen Deut besser ergangen. Dessen war er sich sicher.
Phil saß in der winzigen Büronische in der Abteilung, der er
zugewiesen worden war, und fühlte sich wahrscheinlich ziemlich gedemütigt, als sich alle umdrehten, um zu sehen, warum ein Neuling in der Firma
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