Tolle Maenner
gebeten. Vielleicht habe ich dir eine
viel wichtigere Frage gestellt als die, warum Samantha nichts von mir wissen wollte.«
»Was denn für eine Frage? Und um was wolltest du mich bitten?«, fragte sie.
Jon wandte ihr den Rücken zu und ging. Er wollte, dass sie verschwand, sich in Luft auflöste. Stattdessen folgte sie ihm. Mein Gott! Er brauchte wirklich nicht noch mehr Zuschauer bei diesem Drama. Aber Jon konnte den Mund nicht halten. »Nachdem du über sieben Jahre lang meine beste Freundin warst, hättest du vielleicht wissen sollen, was ich von dir wollte. Und warum«, fauchte er.
»Wenn du mich wolltest, warum hast du das dann nicht gesagt oder dich um mich bemüht?«, fragte sie. »Ich kann doch schließlich keine Gedanken lesen.«
Das war so unfair, dass es ihm wehtat. »Wozu hätte ich das tun sollen? Um von dir zu hören, dass du mich liebst, aber nicht ›auf diese Art‹?« Er spürte einen Schmerz und eine Wut, die ihm bislang gar nicht bewusst gewesen waren. »Ist dir eigentlich klar, dass du mir das ins Gesicht sagst?«, fragte er. »Du warst clever genug, um diesen ganzen Zirkus abzuziehen, damit die Frauen auf mich geflogen sind. Du warst clever genug, um mich in eine modernere, bessere Ausgabe meines Vaters zu verwandeln. Du warst auch clever genug, einen Artikel zu schreiben, in dem ich als das Arschloch erscheine, das ich jetzt bin. Und du bist nicht clever genug, um zwischen den Zeilen zu lesen? Und du möchtest Schriftstellerin sein?«
Jetzt rannen ihr Tränen über die Wangen, die er einst mit Küssen bedeckt hatte. »Jon, ich liebe dich. Ich habe mit dir geschlafen …«
»Aber erst, nachdem du mich verändert hattest. Erst, nachdem jede zweite Frau in Seattle mit mir geschlafen hatte.« Endlich hatte er seine verdammte Fahrradkette aufgeschlossen. Tracie stellte sich neben Jon und berührte sanft seinen Arm. Er zog den Arm so heftig weg, dass sie erschrocken zurückwich. »Vorher war ich ja nicht gut genug für dich. Du hast mich entweder
gar nicht richtig wahrgenommen oder mich als selbstverständlich betrachtet oder sonst was; schlafen wolltest du damals jedenfalls nicht mit mir.«
Tracie senkte den Kopf und hielt sich die Hände vors Gesicht. Er wollte gar nicht sehen, was für ein Bild des Jammers sie abgab. Er hatte sie schon ähnlich traurig gesehen – wegen einiger der Schwachköpfe, mit denen sie früher mal zusammen gewesen war. Als sie dann antwortete, war es nur ein Flüstern. »Ich glaube, ich wollte immer mit dir schlafen. Du warst der Einzige, der mich wirklich kannte, Jon. Aber ich war ja so dumm. Und ich glaube, ich hatte Angst. Jon, weißt du eigentlich, wie viel unsere gemeinsame Nacht mir bedeutet? Weißt du denn nicht, wie wunderschön es für mich war und wie sehr ich dich liebe?«
Jon wandte sich ihr zu. »Und du hattest gar keine Angst vor Phil?«, fragte er.
Tracie hob den Kopf und warf ihm einen schuldbewussten Blick zu. Und dann war seine Hoffnung wieder zerstört, weil er sie gut genug kannte, um zu wissen, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte. Sie war keine Lügnerin, auch wenn er ihr das vorgeworfen hatte. Vielleicht war der Artikel ja wirklich ein Versehen gewesen. Aber was hatte sie ihm mit diesem Blick sagen wollen? Was hatte sie in den vergangenen vierundzwanzig Stunden getan, das sie nicht hätte tun sollen? »Mit wem hast du letzte Nacht geschlafen, Tracie?«, fragte er.
Tracie senkte den Blick, aber erst, nachdem er sie hatte erröten sehen. Jetzt wusste er, dass er Recht hatte. »Mit Phil, aber ich... aber er hatte gerade... wir haben nicht...«, stammelte sie.
Er wollte kein Wort mehr hören. Ihm war so speiübel, dass er Angst hatte, sich gleich an Ort und Stelle übergeben zu müssen. »Ich war letzte Nacht allein, Tracie. Und das wäre ich jetzt auch gern«, sagte Jon abrupt, stieg auf sein Rad und fuhr davon.
39. Kapitel
Immer wieder gab Jons Mutter ihm zwei völlig nutzlose Ratschläge. »Ruf Tracie an«, sagte sie. »Und schaff dir einen Hund an. Vielleicht einen schönen Golden Retriever.«
»Ich will sie aber nicht anrufen. Soll sie doch der Blitz erschlagen«, murmelte er mit vollem Mund.
»Jonathan Delano!«, rief sie entsetzt, doch dann zog sie sich zurück.
Das Problem war, dass er nichts fand, was den Schmerz hätte lindern können. Gedemütigt fühlte er sich gar nicht mehr so sehr – die Leute waren ja so dämlich, dass sein Foto in der Zeitung ihn in der Firma geradezu zu einer Berühmtheit gemacht und einige
Weitere Kostenlose Bücher