Tolle Maenner
»Das ist mein allererstes. Ich wusste damals nicht, dass man so was für eine Bassgitarre nicht braucht.« Sie legte eine ebenso lange Pause ein, wie er es getan hatte, als er ihre mangelnde Begeisterung bemerkte. »Hey, das bedeutet mir eine ganze Menge.« Dann schaltete sie wieder auf ihre normale Stimmlage zurück. »Es bedeutet ihm wirklich eine Menge. Er lebt nur für seine Musik und seine Schriftstellerei. An so was Materielles wie Ringe denkt er einfach nicht.« Beth sagte kein Wort. » Ehrlich nicht«, beteuerte Tracie und zeigte ihr das Blättchen, in das er von einem Juwelier ein Loch hatte bohren lassen und das jetzt an einem Kettchen um ihren Hals hing. »Geht dir Allison eigentlich auch so auf den Keks?«
Beth wurde allmählich wieder lebhafter. »Du hast ja keine Ahnung. Letzte Woche hat sie einen Typen kennen gelernt. Erst hat er sie ungefähr sechshundert Mal am Tag im Büro angerufen, am Donnerstag wartete er dann schon mittags und abends draußen auf sie, und am Freitag hat sie sich eine einstweilige Verfügung besorgt.«
»Ohne Scheiß?«, fragte Tracie, als sie das Mascarabürstchen in seinen Behälter zurücksteckte.
»Ohne Scheiß! Und der Typ ist nicht etwa geisteskrank, sondern ein großer Kieferorthopäde aus Tacoma«, fügte Beth hinzu. »Die weiß wirklich, wie man den Männern den Verstand vernebelt. Und ich glaube, sie ist hinter Marcus her.«
In einer besonders schlimmen Anwandlung von Neurosen und schlechtem Geschmack in Sachen Männern, vom Karriereknick ganz zu schweigen, hatte Beth eine Affäre mit Marcus angefangen, an der sie jetzt tagtäglich litt. Tracie vermutete zwar, dass Beth mit Allison und Marcus Recht hatte, aber es hätte keinen Sinn gehabt, das zuzugeben. »An deiner Stelle würde ich ihn ihr auf dem Silbertablett servieren.«
»Neiiiin«, stöhnte Beth. »Ich gebe ja zu, dass er schwierig ist. Aber ich liebe ihn doch.« Sie presste die Lippen aufeinander, um den Lippenstift zu verteilen, und machte sich fertig. »Außerdem gehört er mir nicht, also kann ich ihn ihr auch nicht geben.«
»Dann schau einfach zu, wie sie ihn kriegt. Die haben einander verdient.«
»Aber ich...«
Tracie konnte es nicht fassen, dass Beth immer noch an diesem Kotzbrocken hing. »O Beth, erst ist er mit dir ausgegangen, und dann hat er dich sitzen lassen! Du hättest ihn wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz verklagen sollen.« Tracie begann, ihre Kosmetika in ihre Handtasche zu werfen. »Warum müssen die Kerle eigentlich immer so sein? Meine Freundin Laura mit Peter, ich mit Phil und du mit diesem Fiesling Marcus. Warum sind sie bloß immer so unreif und egoistisch?«
»Aber eine Herausforderung sind sie schon.« Beth schniefte, als sie durch den Flur gingen. »Ich meine, wenn Phil und Marcus immer nur das täten, was wir von ihnen erwarten, wäre es doch auch langweilig.«
Das war natürlich verrückt, aber Tracie musste zugeben, dass sie sehr wohl verstand, was Beth meinte.
»Machen wir uns nichts vor – bei den schwierigen Typen haben wir einfach das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Bei Marcus dachte ich immer, wenn ich ihn dazu bringe, dass er mich liebt, dann hätte ich echt was geschafft.«
Tracie dachte an Phil und daran, wie schwierig es war. Dann an Jon mit seiner Bitte. Vielleicht hatte er ja Recht. Konnte sie es schaffen? Würde es funktionieren? Sie seufzte. »Manchmal glaube ich, wir sind einfach nur masochistisch. Aber Marcus ist echt ein Sadist.«
»Vergiss Marcus«, sagte Beth. »Sieh dir lieber mal Phil an! Der ist wirklich nicht gut genug für dich, Tracie. Süß ist er ja schon irgendwie, aber er taugt nichts. Der lässt sich doch nie auf was Dauerhaftes ein.« Sie nahm das Blättchen in die Hand, das um
Tracies Hals hing. »Und das Ding hier ist einfach lächerlich«, fügte sie hinzu.
»Ich weiß nicht«, sagte Tracie, der eine Idee gekommen war. »Vielleicht habe ich eine Möglichkeit, ihn dazu zu zwingen – und gleichzeitig auch noch einen Artikel rauszuholen.« Sie waren an der Ecke angelangt, wo sich ihre Wege trennten.
»Darauf würde ich mich nicht verlassen«, meinte Beth.
Tracie lächelte. »Vielleicht doch«, erwiderte sie.
9. Kapitel
Unmittelbar vor Jons Büro lagen Dutzende von winzigen Büroeinheiten, die zusammen fast den Raum eines Flugzeughangars einnahmen. Der Lärm, der von piependen Telefonen, Kopierern, Druckern und eifrigen Fingern ausging, die auf Tastaturen einhämmerten, vereinigte sich zu einem gleichmäßigen
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