Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
unserm Regiment, der stand schon auf'm Sprunge, so ein Tintenkleckser zu werden; und jammer und schade wär' das gewesen; denn, des Teufels bin ich! wenn's nicht einer der scharmantesten Kerls von der Welt ist. Aber, er hängte seinem alten Hosenschröter noch eine ärgere Nase an. Denn der Jeroms hat für alles Geld, was er dem alten Nußbeißer kostet, nicht einmal schreiben und lesen gelernt.«
[36] »Sie geben Ihrem Freunde ein sehr rühmliches Zeugnis, und ein sehr verdientes, wie ich nicht leugnen möchte,« sagte der Leutnant. »Aber, lieber Northerton, lassen Sie, ich bitte, lassen Sie das gottlose und ebenso thörichte Fluchen und Schwören beiseite; denn Sie irren sich, das versichre ich Sie heilig, wenn Sie glauben, es lasse witzig und artig. Ebenso wünschte ich, Sie folgten meinem Rate und ließen die Geistlichen ungeschoren. Spottnamen und spöttisches Witzeln über eine ganze Gesellschaft von Männern läßt sich niemals rechtfertigen; ganz vornehmlich aber nicht, wenn es über ein so heiliges oder nur ehrwürdiges Amt hergeht; denn, über die Männer im Amte spotten, ist ebensoviel, als über die Amtsverrichtung selbst spotten; und ich stelle es Ihrem Bedenken anheim, wie unanständig eine Aufführung für Männer sein muß, welche auf dem Marsche begriffen sind, für die protestantische Religion zu fechten.«
Herr Adderly (so hieß der andre Fähnrich) hatte bis dahin gesessen, und mit seinen Absätzen gespielt, und ein Liedlein mit Surdinen geträllert, ohne zu scheinen, als ob er auf die Unterredung merkte. Jetzt ließ er sich vernehmen:
»O Monsieur, on ne parle pas de la Religion dans la Guerre.«
– »Richtig gesagt, Töstel!« sprach Northerton. »Wenn
la Religion
die einzige Sache wäre, so möchten meinethalben die Pfaffen ihre Schlachten für sich allein ausfechten!«
»Ich weiß nicht, meine Herren,« sagte Jones, »was Ihre Meinung sein mag; für mein Teil aber denke ich, kein Mensch kann für eine wichtigere Sache fechten, als für seine Religion; und, so wenig ich auch in der Geschichte belesen bin, so habe ich doch immer bemerkt, daß keine Soldaten so brav gefochten haben, als die, welche der Religionseifer beseelte. Meinerseits, ob ich gleich, wie ich hoffe, meinen König und mein Vaterland ebenso aufrichtig liebe, als nur irgend ein Mann im ganzen Reiche, so hat doch die Sache der protestantischen Religion keinen geringen Anteil daran, daß ich in diesem Kriege als ein Freiwilliger zu dienen entschlossen bin.«
Hier winkte Northerton dem Adderly und raunte ihm mit einer listigen Miene ins Ohr: »Riechst du's, Adderly? Riechst du den Fuchs?« Dann wandte er sich an Jones, und sagte: »Bin sehr erfreut, daß Sie unser Regiment gewählt haben, um darin als Freiwilliger mitzugehen; denn sollte unser Feldprediger dann und wann ein Glas zuviel trinken: so sehe ich, können Sie gleich an seine Stelle treten. Ich glaube, Herr, Sie sind auf Universitäten gewest: darf ich mir die Freiheit nehmen, zu fragen, auf welcher?«
»So ferne davon, Herr Fähnrich,« antwortete Jones, »daß ich Universitäten besucht haben sollte, habe ich sogar den Vorzug vor Ihnen selbst, daß ich nicht einmal auf Schulen gewesen bin.«
[37] »Ich meinte nur so,« schrie der Fähnrich, »wegen Ihrer großen Gelehrsamkeit!« – »O, mein Herr Fähnrich,« versetzte Jones, »es ist für einen Mann ebensowohl möglich, etwas zu wissen, wenn er nicht auf Universitäten gewesen ist, als es unmöglich ist, die Schulen besucht zu haben, und dennoch nichts zu wissen.«
»Gut gesagt, junger Herr Kadett!« schrie der Leutnant. »Auf mein Wort, Herr Fähnrich Northerton, Sie thäten besser, Sie foppten ihn nicht; denn er ist Ihnen überlegen, wie Sie sehn!«
Northerton wurmte der Hieb des Jones nicht wenig; indessen dachte er doch, die Beleidigung sei nicht hinlänglich, eine Ohrfeige, einen Schurken oder Hundskopf zu rechtfertigen, welches die einzigen Antworten waren, auf die er sich eben besinnen konnte. Er schwieg also für jetzt stille; beschloß aber in seinem Sinne, die erste Gelegenheit wahrzunehmen, um den Witz mit Grobheit zu erwidern.
Jetzt kam die Reihe an Jones, ein Frauenzimmer zu nennen, auf dessen Gesundheit man trinken sollte, oder wie man's nennt, einen Toast zu geben; und er konnte sich nicht enthalten, seine teure Sophie zu nennen. Dies that er mit um so größerer Freimütigkeit, da er es für platterdings unmöglich hielt, daß jemand von den gegenwärtigen Herren die Person erraten würde,
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