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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Lebens an ihm spüren konnten, so ließen sie ihn wieder sinken. Adderly fluchte auf ihn, weil er ihm seine Weste blutig gemacht hätte, und der Franzose beteuerte: »
Sur mon honneur!
Icke, mick werd nick touchir die toter Mann; abend keört, die Kehäß von der Land ihr ängt hauf die Person, die hihm hat faß an der Leßte.«
    Als sich der gute Leutnant an die Thüre stellte, ergriff er auch zugleich den Zug der Klingel und schellte; und als der Aufwärter darauf augenblicklich er schien, schickte er ihn hin, eine Rotte Musketiere und einen Wundarzt zu holen. Diese Ordre, nebst der Erzählung des Aufwärters von dem was er selbst gesehen hatte, schaffte nicht nur die Soldaten herbei, sondern brachte auch den Wirt vom Hause, seine Frau, alles Gesinde, und in der That jedermann, der sich eben in der Schenke befand, auf die Beine.
    Alle Begebenheiten kurz und klein zu beschreiben und alle Gespräche des folgenden Auftritts zu erzählen, steht nicht in meinem Vermögen, ich müßte denn vierzig Federn haben und mit allen zugleich schreiben können, so, wie die Versammlung zugleich sprach. Der Leser muß sich daher mit den wichtigsten Vorfallenheiten begnügen und vielleicht schenkt er mir das übrige sehr gerne.
    Das erste, was geschah, war, daß man sich der Person des Fähnrichs Northerton versicherte, welcher der Wache von sechs Mann, mit einem Korporal an ihrer Spitze, in Verwahrung gegeben und von dieser aus einem Orte weggeführt wurde, den er sehr gerne und willig verließ; sie führte ihn aber zum Unglück an einen Ort, wo er sehr ungerne hinging. Die Wahrheit zu sagen, sind die Wünsche des Ehrgeizigen sehr unstät und grillenhaft; denn denselbigen Augenblick, da dieser junge Held die obenerwähnte Ehre erhalten hatte, wäre es ihm ganz lieb gewesen, wenn er sich nach irgend einem Winkel der Welt hätte begeben können, woselbst der Ruf von seiner Heldenthat seine Ohren niemals erreicht hätte.
    Es wundert uns und vielleicht auch einige Leser, wie der Leutnant, ein so würdiger guter Mann, seine erste Sorge vielmehr darauf gerichtet sein lassen konnte, den Thäter zu verfesten, als der verwundeten Person das Leben zu retten. Wir setzen diese Beobachtung hier nicht in der Absicht her, um uns anzumaßen, die Gründe für ein so sonderbares Betragen ausfindig zu machen; sondern, damit sich in der Folge nicht ein oder der andre Kritikus mit der Entdeckung breit machen könne. Wir möchten diesen Herren gerne [40] zeigen, daß wir das Sonderbare in einem Charakter ebensogut sehen können, wie sie selbst. Unser Geschäft aber ist, die Thatsachen zu erzählen, wie sie sind; und haben wir das gethan, so ist es die Sache des gelehrten und einsichtsvollen Lesers, im Originalbuche der Natur nachzuschlagen, aus welchem jede Stelle unsers Werks abgeschrieben ist, ob wir gleich nicht immer Kapitel und Seite zu unsrer Gewährleistung anführen.
    Die Gesellschaft, welche nunmehr anlangte, war von einem ganz andern Schrot und Korn. Sie setzten ihre Neugierde in Ansehung der Person des Fähnrichs fürs erste beiseite, bis sie ihn hernachmals in einer weit anziehenderen Stellung zu sehen bekommen würden. Für jetzt war ihre ganze Sorge und Aufmerksamkeit auf den blutigen Gegenstand gerichtet, der vor ihnen auf dem Fußboden lag; und welcher, als man ihn auf einen Stuhl in eine aufrechte Stellung setzte, sehr bald wieder anfing, Zeichen des Lebens und der Bewegung an sich blicken zu lassen. Diese wurden nicht so bald von der Gesellschaft wahrgenommen (obgleich Jones anfänglich für völlig tot geachtet wurde), als sie flugs alle darüber herfielen, ihm Rezepte zu verschreiben, denn niemand war von dem Orden der wahren Aerzte vorhanden, sondern jedermann nahm das Amt derselben über sich.
    Aderlassen! war die eintönige Stimme des ganzen versammelten Haufens im Zimmer; unglücklicherweise aber war niemand gegenwärtig, der die Operation verrichten konnte: jedermann schrie also, »laßt den Barbier kommen!« Kein Mensch aber setzte einen Fuß aus der Stelle. Verschiedne Herzstärkungen wurden ebenso vergeblicherweise verordnet; bis der Wirt eine Kanne von seinem Doppelbiere nebst einer Scheibe gerösteten Brots herzubringen befahl, welches, wie er sagte, die beste Herzstärkung von der Welt wäre.
    Die einzige Person, welche die hauptsächlichsten, oder die in der That nur einige wirkliche Dienste leistete, oder doch schien als ob sie welche leisten wollte, war die Wirtin. Sie schnitt einige von ihren Haaren ab und legte solche

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