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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Unglück, bei seinem Obersten nicht wohl angeschrieben zu stehen, welcher seit langen Jahren schon dies Regiment hatte. Auch hatte er den Haß, welchen dieser Mann gegen ihn trug, durch kein Versäumnis oder Versehn als Offizier, auch nicht einmal durch einen Fehler als Mensch sich zugezogen, sondern hatte solchen bloß der Unbesonnenheit seiner Frau zu verdanken, welche ein schönes Frauenzimmer war, und ob sie gleich ihren Mann außerordentlich liebte, dennoch sein Avancement nicht auf Kosten gewisser Gunstbezeugungen erkaufen wollte, welche der Oberste von ihr verlangte.
    Der arme Leutnant war hierin um so sonderbarer unglücklich, weil er zwar die Wirkung der Feindseligkeit seines Obersten fühlte, aber nicht einmal wußte oder argwöhnte, daß er dergleichen gegen ihn hege; denn er konnte keine Feindseligkeit vermuten, zu welcher er, nach seinem besten Bewußtsein, keine Ursach gegeben hatte. Und seine Frau, welche fürchtete, ihres Mannes zarte Begriffe von Ehre möchten ihn in schlimme Händel verwickeln, begnügte sich damit, ihre Tugend unbefleckt zu erhalten, ohne des Ruhms ihrer Eroberung zu genießen.
    Dieser unglückliche Offizier (denn ich glaube ihn so nennen zu dürfen) hatte außer seinen militärischen Verdiensten noch manche andre gute Eigenschaft; denn er war ein frommer, redlicher, menschenfreundlicher Mann, und hatte sich in seinem Kommando so wohl betragen, daß er nicht nur von der Mannschaft der Kompanie, bei der er stand, sondern vom ganzen Regiment aufs äußerste geschätzt und geliebt wurde.
    Die andern Offiziere, welche mit ihm marschierten, waren ein französischer Leutnant, der lange genug aus Frankreich gewesen war, um seine Muttersprache zu vergessen, aber noch nicht lange genug, um dafür eine andere zu lernen; so, daß er eigentlich gar keine Sprache redete und sich über die gemeinsten Vorfälle des Lebens kaum verständlich machen konnte. Es waren auch noch zwei Fähnriche da, aber beide sehr junge Männerchen. Der eine davon hatte bei einem Prokurator sein Handwerk lernen sollen, und der andere war der Sohn einer Frau eines Tafeldeckers beim Kriegsminister. Sobald die Mahlzeit vorbei war, erzählte Jones der Gesellschaft, wie lustig und spaßhaft die Soldaten auf ihrem Marsche gewesen: »und bei alledem,« sagte er, »so lustig und laut sie schwätzen, will [35] ich doch wohl darauf schwören, daß sie sich vielmehr gleich den Griechen, als gleich den Trojanern, betragen werden, wenn sie nur erst an den Feind kommen.« – »Griechen und Trojanern,« sagte einer von den beiden Fähnrichen, »was für Kerls sind das? Ich habe von allen Truppen in Europa gehört, aber von dergleichen noch kein Wort.«
    »Nun stellen Sie sich doch nicht unwissender, als Sie sind, lieber Fähnrich,« sagte der würdige Leutnant. »Ich sollte meinen, Sie hätten von den Griechen und Trojanern dennoch etwas gehört, ob Sie gleich vielleicht niemals die Iliade des Homers in irgend einer Sprache gelesen haben mögen, welcher Dichter, wie ich mich jetzt, da dieser Herr darauf anspielt, wieder erinnere, den Marsch der Trojaner mit dem Geschnatter einer Herde Gänse vergleicht, und dagegen den stillen Marsch der Griechen vorzüglich lobt. Und auf meine Ehre die Bemerkung unsers Herrn Kadetts ist sehr richtig und treffend.«
    »Die Deuvel hol'! icke sick erinnre das reckte gute!« sagte der französische Leutnant. »Mir icke das hab' gelesn in die Schul, in die
Madame Daciers
Uebersessenung. Von die Griech, und die
Trojans
mache die Krieg vor ein Dame;
Oui, Oui!
Ick haben gelesen all das.«
    – »Zum Satan, mit all'n den Homo's!« sagte der Fähnrich Northerton! »Noch hab' ich die Striemen davon da, wo ich sitze. Da ist Tom, von unserm Regimente, der hat immer ein'n Homo in der Tasche; – verdammt will ich sein, kann ich nur dazu kommen, wenn ich ihn nicht ins Feuer werfe, und denn ist noch da der Corderius, ein ebenso verfluchtes Hurkind, das mir manche Knippchen gekostet hat.«
    – »Sie sind also auf Schulen gegangen, Herr Fähnrich Northerton?« sagte der Leutnant.
    »Vor allen Satan, was sollt' ich nicht!« antwortete er. »Mag mein Vater dafür braten, daß er mich hinschickte. Der alte Knasterbart wollte einen Pfaffen aus mir machen; aber, hol' mich der Teufel, dacht' ich bei mir selbst, ich will dem alten Paruckenstocke eine Nase drehen, die soll sich gewaschen haben! Nicht ein'n Pfifferling von alle dem dummen Zeuge soll'n sie mir in meinen Kopf hineinbringen! – da ist Jerom Oliver, von

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