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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Gespenstern, eine Furcht, welche bei dieser späten Nachtzeit in der Wildnis der Gegend einen außerordentlichen Eindruck auf ihn machte.
    In diesem Augenblicke spähte Rebhuhn durch einige Bäume das Glimmern eines Lichtes aus, welches ihm sehr nahe zu sein schien. Er schrie augenblicklich auf, gleichsam als in einer Verzückung: »Oho! Herr Jones, endlich hat der Himmel mein Flehn erhört und uns an ein Haus gebracht! Vielleicht ist es gar eine Herberge. Wenn Sie nur ein Fünkchen Mitleiden haben für sich selbst oder für mich, so lassen Sie sich doch erbitten, die Güte der Vorsehung nicht gering zu schätzen, sondern lassen Sie uns doch grade auf jenes Haus zugehen. Mag's ein Wirtshaus sein oder nicht, so bin ich doch sicher, wenn die Leute, die darin wohnen, nur einigermaßen eine christliche Seele haben, sie werden Menschen in so jämmerlichen Umständen, wie wir sind, einen kleinen Platz in ihrem Hause nicht versagen.« Jones gab endlich dem dringenden Flehen Rebhuhns nach und beide wandelten geraden Weges auf den Ort zu, von welchen ihnen das Licht herschien.
    Sie langten bald an der Thüre dieses Hauses oder dieser Hütte an, denn es konnte mit aller Schicklichkeit das eine oder die andere genannt werden. Hier klopfte Jones verschiedenemal an, ohne von innen heraus eine Antwort zu erhalten, worüber Rebhuhn, dessen Kopf mit nichts angefüllt war als mit Gespenstern, Teufeln und Hexen, anfing zu zittern und ausrief: »Gott im Himmel sei uns gnädig! Wahrhaftig, die Leute darin müssen alle gestorben sein! Ich sehe auch kein Licht mehr, und doch bin ich sicher, daß ich noch den Augenblick vorher eins gesehen habe. Ach ja! Ich habe von so etwas wohl eher gehört.« – »Wovon hat Er wohl eher gehört?« sagte Jones. »Die Leute liegen entweder im tiefen Schlafe oder vermutlich, weil es ein sehr einsamer Ort ist, fürchten sie sich ihre Thüre aufzumachen.« Er begann darauf mit ziemlich lauter Stimme zu schreien und zuletzt öffnete eine alte Frau oben im Hause einen Fensterladen und fragte, wer da wäre und was man wollte? Jones antwortete: sie wären Reisende, die vom Wege abgekommen wären, und da sie den Schein eines Lichts durch das Fenster gesehen hätten, so wären sie dadurch hierher geleitet worden, in der Hoffnung ein Feuer zu finden, wobei sie sich ein wenig erwärmen könnten. – »Ihr mögt sein wer ihr wollt,« schrie das alte Weib, »ihr habt hier nichts zu schaffen und ich werde bei dieser nachtschlafenden Zeit keinem Menschen die Thüre aufmachen.« Rebhuhn, dem der Klang von einer menschlichen Stimme seine Furcht benommen hatte, legte sich auf das flehentlichste Bitten, nur auf ein paar Minuten zum [102] Feuer zugelassen zu werden, und sagte, er sei vor Kälte fast des bittern Todes, wozu die Furcht wirklich ebensoviel beigetragen hatte als der Frost. Er beteuerte ihr, der Herr, der mit ihr spräche, wäre einer der vornehmsten Junker des Landes, und er bediente sich aller möglichen Ueberredungsgründe, ausgenommen nur einen, den Herr Jones hernach sehr wirksam hinzufügte, und dieser war das Versprechen einer halben Krone. Eine zu große Bestechung, als daß ihr eine solche Person hätte widerstehen können, zumal da Jones' Aufzug, den sie beim Schein des Mondes sehr deutlich entdeckt hatte, zugleich mit seinem übrigen menschenfreundlichen Betragen ihr alle jene Furcht vor Dieben benommen hatte, die ihr anfangs aufgestiegen war. Sie ließ sich also endlich bereden, sie einzulassen, und Rebhuhn fand zu seiner unendlichen Freude ein Kaminfeuer brennend, bei welchem er's sich ganz heimlich sein lassen konnte.
    Der arme Kerl hatte sich indessen kaum ein wenig erwärmt, als jene Gedanken, die ihm beständig im Kopf herumliefen, schon wieder anfingen sein Gehirn ein wenig zu beunruhigen. In seinem ganzen Glaubensbekenntnisse war kein einziger Artikel, an welchen er standhafter glaubte, als an die Hexerei, und der Leser ist nicht vermögend sich eine Figur einzubilden, die geschickter wäre diese Ideen zu erwecken, als das alte Weib, welches er jetzt vor sich stehen sah. Sie hatte die genaueste Aehnlichkeit mit dem Gemälde, welches Otway davon in seinem Trauerspiel, der Waise, gemacht hat. Zuverlässig, wenn dieses Weib unter der Regierung Jakobs des ersten gelebt hätte, würde sie, bloß auf ihr äußerliches Ansehn, ohne allen weitern Beweis als eine Hexe verbrannt worden sein.
    Dazu kamen noch manche Umstände, die Rebhuhn in seiner Meinung bestärkten, daß sie, wie er sich damals

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