Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
darauf bestehn, weiterzugehn, so bin ich ebensogut entschlossen, Ihnen zu folgen.
I prae, sequar te.
«
    Sie stapften nun einige tausend Schritt fort, ohne einer dem andern ein Wort zu sagen, während welcher Pause des Gesprächs Jones oft seufzte und Rebhuhn ebenso bitterlich stöhnte, obgleich aus ganz verschiedenen Ursachen. Endlich stand Jones auf einmal still, kehrte sich herum und rief aus: »Wer weiß, Rebhuhn, ob nicht das liebenswürdigste Geschöpf auf diesem Erdboden gerade jetzt ihre Augen auf den Mond geheftet hat, welchen ich diesen Augenblick anschaue!« – »Das kann sehr wohl sein,« antwortete Rebhuhn, »und wenn meine Augen auf ein gutes Lendenstück von gebratnem Rindfleisch geheftet wären, so möchte meinethalben der Beelzebub den Mond holen, und seine Hörner obendrein!« – »Hat wohl jemals ein besonnener Mensch eine solche Antwort gegeben!« rief Jones. »Ich bitte, Rebhuhn, hat Ihn denn niemals die Liebe angewandelt, oder hat die Zeit alle Spuren davon aus Seinem Gedächtnis verlöscht?« – »Ach, du liebster Himmel,« rief Rebhuhn, »wie glücklich wär' es für mich gewesen, wenn ich niemals gewußt hätte, was Liebe wäre.
Infandum regina jubes renovare dolorem.
Sicherlich hab' ich alle Zärtlichkeit, alles Seelenhebende, und alle Bitterkeit dieser Leidenschaft gekostet.« – »So war Seine Geliebte wohl hartherzig,« sagte Jones. – »Ja wohl, hartherzig genug, Herr,« antwortete Rebhuhn; »denn sie heiratete mich und ging mit mir um als eins der ärgsten Weiber auf Gottes Erdboden. Jedoch, Gott sei Lob und Dank und habe sie selig! Das ist das beste an der Sache; und wenn ich glaubte, sie wäre im Monde, wie in einem Buche steht, das ich einstmals gelesen habe, welches uns lehrt, daß er der Sammelplatz der abgeschiednen Seelen sei, ich möchte nicht einmal hineingucken, vor Angst, ich möchte sie zu sehen bekommen. Aber, Herr Jones, ich wünschte, der Mond wäre ein Spiegel, Ihretwegen, und daß eben Fräulein Sophie davor stände.«
    »Mein liebster Rebhuhn,« schrie Jones, »welch ein herrlicher Gedanke war das! ein Gedanke, der sicherlich in keiner andern, als in der Seele eines Verliebten aufsteigen konnte. O Rebhuhn, könnte ich hoffen, das Gesicht nur noch einmal wieder zu sehn! Aber ach, alle diese goldnen Träume sind verschwunden, und meine einzige Rettung gegen künftiges Elend ist, daß ich den Gegenstand aller [97] meiner vorigen Glückseligkeit vergesse.« – »Und verzweifeln Sie denn wirklich, Fräulein von Western jemals wieder zu sehn?« antwortete Rebhuhn; »wenn Sie meinem Rate folgen wollen, so mache ich mich anheischig, Sie sollen sie nicht nur wieder sehn, sondern sie auch in Ihre Arme schließen.«
    »Ha! erwecke Er keinen solchen Gedanken in meiner Seele,« rief Jones. »Ich habe bereits genug gekämpft, um alle solche Wünsche zu ersticken.« – »Ja nun,« antwortete Rebhuhn, »wenn Sie nicht wünschen, Ihr geliebtes Mädchen in Ihren Armen zu haben, so sind Sie wirklich der außerordentlichste Liebhaber.« – »Gut, gut,« sagte Jones, »laß uns von dieser Sache nicht weiter sprechen! Aber worin besteht Sein Rat?« – »Um Ihnen solchen mit soldatischen Worten zu sagen,« sagte Rebhuhn, »rechtsum kehrt euch! Lassen Sie uns den Weg zurücknehmen, den wir gekommen sind; wir können heute abend noch wieder nach Glocester kommen; obgleich ein wenig spät. Hingegen wenn wir weiter gehn, so können wir, so viel ich sehe, lange fort marschieren, ehe wir Haus und Hof antreffen.« – »Ich habe ja schon meinem Entschluß gesagt, daß ich weiter gehn will,« antwortete Jones, »aber es soll mir lieb sein, wenn Er umkehrt; ich bin Ihm sehr verbunden, daß Er mir bisher hat Gesellschaft leisten wollen, und ich bitt' ihn, diese Guineen als ein kleines Zeichen meiner Erkenntlichkeit anzunehmen. Ja es wäre grausam von mir, wenn ich's litte, daß Er weiter mitginge; denn um es Ihm ganz offenherzig zu sagen, mein Hauptendzweck und Verlangen ist ein rühmlicher Tod im Dienste meines Königs und meines Vaterlands.« – »Was Ihr Geld anbelangt,« erwiderte Rebhuhn, »so bitte ich Sie, Herr, es nur wieder einzustecken. Ich will jetzt keines von Ihnen haben, denn gegenwärtig, denke ich, bin ich von uns beiden wohl der reichste; und weil Ihr Entschluß fest ist, so ist der meinige, Ihnen zu folgen, wenn Sie ihn ausführen. Ja, jetzt scheint meine Gegenwart platterdings notwendig, um auf Sie Achtung zu geben, weil Sie einen so verzweifelten Vorsatz haben; denn ich

Weitere Kostenlose Bücher