Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
kann Sie versichern, meine Absichten sind weit klüger: so wie Sie entschlossen sind, in einer Schlacht zu fallen, wenn Sie können, eben so festiglich bin ich entschlossen, keinen Schaden zu nehmen, wenn ich's hindern kann. Und in der That hab' ich den Trost zu glauben, daß es keine große Gefahr haben wird; denn vor einigen Tagen sagte mir ein katholischer Priester, die Sache würde bald abgethan sein, und er glaubte ohne ein Treffen.« – »Einem katholischen Priester,« sagte Jones, »ist, wie ich gehört habe, nicht allemal zu glauben, wenn er für seine Religion spricht.« – »Wohl wahr, so weit!« antwortete der andere; »aber er sprach so wenig für seine Religion, daß er mir versicherte, die Katholiken erwarteten nicht, bei der Regierungsveränderung etwas [98] zu gewinnen; denn der Prinz Karl wäre ein so guter Protestant, als nur einer in England; und daß keine andere Rücksicht, als auf das Recht, ihn bei den übrigen von der Jakobitischen Partei erhielte.« – »Ich glaube, daß er ein ebensoguter Protestant ist, als er gegründete Rechte auf die Krone hat,« sagte Jones; »und ich zweifle gar nicht an einem guten Ausgange unserer Sache, aber wohl nicht ohne ein Treffen. Sonach bin ich nicht ganz so voller Hoffnung als Sein Freund, der katholische Priester.« – »Ja, wahr ist es wohl, Herr,« antwortete Rebhuhn; »alle Prophezeiungen, die ich noch gelesen habe, sprechen von vielem Blute, das in dem Streite vergossen werden soll; und der Müller mit den drei Daumen, welcher jetzt am Leben ist, soll die Pferde von drei Königen halten und bis an die Kniee im Blute waten. Gott sei uns allen miteinander gnädig und sende uns bessere Zeiten!« – »Mit was für unsinnigem Zeuge, Mensch, hast du deinen Kopf vollgepfropft!« antwortete Jones; »nicht wahr, das kommt auch von dem katholischen Priester her? Ungeheure und Wunder-Werke sind die gewöhnlichen Gründe, womit man Ungeheuer und unvernünftige Religionsmeinungen unterstützt. Die Sache unsers Königs Georg ist die Sache der Freiheit und der wahren Religion; oder mit andern Worten, es ist die Sache des schlichten Menschenverstandes, mein guter Mann; und sie wird obsiegen, darauf geb' ich Ihm mein Wort, sollte auch Briareus in eigener Person mit seinen hundert Daumen wieder aufstehn und ein Müller werden.« Rebhuhn gab hierauf keine Antwort, er war wirklich durch diese Erklärung des Herrn Jones in die äußerste Verwirrung gesetzt. Denn, um dem Leser ein Geheimnis zu eröffnen, welches ihm zu offenbaren wir bisher noch keine schickliche Gelegenheit hatten, Rebhuhn war eigentlich ein Jakobit, und hatte gemeint, daß Jones von eben der Partei und auf dem Wege wäre, sich mit den Rebellen zu vereinigen. Eine Meinung, auf welche er nicht ohne Gründe gekommen war. Denn die lange hochbeinigte Dame, deren Hudibras erwähnt, jenes vieläugige, vielzüngige, vielmäulige, vielöhrige Ungeheuer Virgils, hatte die Geschichte des Streits zwischen Jones und dem Offizier mit ihrer gewöhnlichen Achtung für die Wahrheit erzählt. Diese liebe Dame hatte wirklich den Namen Sophie in den Namen des Prätendenten verwandelt, und dabei ausgebreitet, Jones wäre deswegen auf den Kopf geschlagen worden, weil er dessen Gesundheit ausgebracht habe. Dies hatte Rebhuhn gehört und steif und fest geglaubt. Es ist also kein Wunder, daß er daher die obgedachte Meinung von Jones gefaßt hatte, und welche er beinahe an den Tag gelegt hätte, ehe er seinen Irrtum gewahr ward. Und hierüber wird der Leser sich um so weniger zu wundern geneigt sein, wenn er sich der zweideutigen [99] Reden zu erinnern beliebt, wodurch Jones zuerst dem Rebhuhn seinen Entschluß mitteilte; und wären auch wirklich die Worte bestimmter gewesen, so hätte doch Rebhuhn solche eben wohl so auslegen können als er that, weil er fest überzeugt zu sein glaubte, die ganze Nation sei im Herzen ebenso gesinnt wie er. Auch das machte ihn in dieser Meinung nicht wankend, daß Jones mit der Kompanie Soldaten gereist war; denn er hatte von der Armee eben die Meinung wie von dem übrigen Teile des Volkes.
So gut er indessen für Jakob oder Karl gesinnt sein mochte, so war er doch für den kleinen Benjamin noch treuer gesinnt, als für einen von beiden. Aus die ser Ursache hatte er nicht so bald die Grundsätze seines Reisegefährten entdeckt, als er für ratsam erachtete, seine eigenen zu verbergen und äußerlich gegen den Mann aufzugeben, von dem er fest hoffte, er werde sein Glück machen. Denn er
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