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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Zeichen ihres Herrn, und in dem Augenblick erschallte mehr als eine Stimme draußen vor dem Hause, welche schrien: »Hol dich der Satan! Kerl. Sag' den Augenblick, wo ist dein Geld? Dein Geld, du alter Schuft, oder wir schlagen dir das Gehirn aus dem Kopfe, daß dir's um die Ohren fliegen soll!«
    »Ach du lieber Gott!« schrie das alte Weib. »Da ist mein Herr von Spitzbuben angefallen!« »Gott, was soll ich nun machen, was soll ich nun machen?« – »Hört,« schrie Jones, »sind diese Pistolen geladen?« – »O lieber Herr, es ist gewiß nichts darin. – O bitte, bitte, lieb'n Herren, lassen Sie uns doch leben!« denn sie hatte wirklich jetzt eben dieselbe Meinung von denen, die im Hause, als von denen, die draußen waren. Jones gab ihr keine Antwort, sondern riß einen alten Haudegen, welcher an der Wand hing, herunter und flog den Augenblick hinaus, wo er den alten Mann mit zwei Räubern ringend und um Barmherzigkeit flehend fand. Jones hielt sich nicht lange bei Fragen auf, sondern machte sich augenblicklich mit seiner breiten Klinge über sie her und arbeitete damit so flink, daß die Kerle auf der Stelle ihren Fang los ließen und ohne daran zu denken, sich gegen unsern Held zu wehren, ihm die Fersen zukehrten und ihr Heil in der Flucht suchten, woran er sie auch nicht zu hindern suchte, sondern sich damit begnügte, den alten Mann gerettet zu haben. Und in der That meinte er auch, er habe ihnen so ziemlich ihr Teil gegeben! Denn sowie sie davon liefen, schrieen sie beide unter bitterm Fluchen, sie wären Kinder des Todes!
    Jones lief gleich hinzu, den alten Mann aufzuheben, welcher in dem Handgemenge niedergeworfen war, und bezeugte dabei ein herzliches Bedauern, wenn ihm von den Bösewichtern irgend ein Schaden sollte zugefügt sein. Der alte Mann sah einige Augenblicke den Jones sehr starr an und rief dann aus: »Nein, Herr, nein! Sie hab'n mir wenig gethan, ich dank' Ihnen. Gott erbarm sich meiner!« – »Ich sehe, mein Herr,« sagte Jones, »Sie sind noch [105] nicht außer aller Furcht, selbst vor denen, welche das Glück gehabt haben, Ihre Retter zu sein. Ich kann auch den Verdacht nicht tadeln, den Sie haben mögen, aber in Wahrheit! Sie haben dazu gar keine gegründete Ursache. Sie sehen niemand hier vor sich als Freunde. Da wir in dieser kalten Nacht von unserem Wege abgekommen waren, nahmen wir uns die Freiheit, uns ein wenig bei Ihrem Feuer zu wärmen, und wir wollten eben weiter gehen, als wir Sie um Hilfe rufen hörten, welche, wie ich sagen muß, die Vorsicht des Himmels allein Ihnen zugesendet zu haben scheint.« – »Vorsicht des Himmels! wirklich!« rief der alte Mann, »wenn es sich so verhält.« – »So verhält sich's wirklich, ich versichere Sie!« sagte Jones. »Hier ist Ihr eigenes Schwert, mein Herr. Ich hab' es zu Ihrer Verteidigung gebraucht und übergeb' es jetzt wieder Ihren eigenen Händen.« Als der alte Mann das Schwert genommen hatte, an welchem das Blut seiner Feinde zu sehen war, sah er unserm Jones eine kleine Weile steif ins Gesicht, dann holte er einen tiefen Seufzer und sagte: »Verzeihen Sie mir, lieber junger Herr, ich war nicht immer so zum Verdacht geneigt, auch ist Undankbarkeit nicht mein Fehler!« – »So bringen Sie denn Ihren Dank der Vorsicht des Himmels, welcher Sie Ihre Errettung schuldig sind! Ich meinerseits, ich habe bloß eine gemeine Pflicht der Menschheit erfüllt und weiter nichts gethan, als was ich für jeden meiner Nebenmenschen in Ihren Umständen gethan haben würde.« – »Laß mich Sie noch ein wenig länger betrachten!« rief der alte Herr. »Sind Sie denn also wirklich ein menschliches Geschöpf? – Nu! es kann ja wohl sein. Kommen Sie, ich bitte, gehen Sie mit mir in meine kleine Hütte. Sie sind mein Erlöser gewesen, wahrlich!«
    Die alte Frau war außer sich vor Furcht vor ihrem Herrn sowohl als vor ihm, und Rebhuhn war wo möglich in noch größern Aengsten. Die erste indessen, als sie ihren Herrn freundlich mit Jones sprechen hörte und merkte was vorgegangen war, kam sie wieder zu sich selbst; Rebhuhn aber bekam nicht so bald den alten Herrn zu Gesicht, als seine ganz sonderbare Tracht dem armen Schelmen einen größeren Schrecken einflößte, als er vorher über die sonderbare Beschreibung, welche er gehört, über das Getümmel und über den Lärm vor der Thüre empfunden hatte.
    Die Wahrheit zu sagen war es eine Erscheinung, welche ein weit gesetzteres Gemüt als Rebhuhns befremden konnte. Der Mann war von der größesten

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