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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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zuweilen drei ganze Zeilen hintereinander herexponieren konnte, ohne nur ein einziges Mal in seinen Faber zu sehen. Bei dem allem noch war's auch ein guter Knabe, er versäumte des Sonntags keinen Gottesdienst und passierte für den besten Choralsänger im ganzen Kirchspiel. Freilich mocht' er wohl dann und wann ein wenig zu tief ins Glas gucken, [116] und das war auch der einzige Fehler, den er hatte.« – »Recht gut! Aber wo bleibt das Gespenst?« sagte Jones. – »Seien Sie unbesorgt, Herr, es soll früh genug kommen,« antwortete Rebhuhn. »Sie müssen also wissen, daß Pächter Zaum eine Stute verlor, einen Apfelschimmel, wenn ich mich recht erinnere, und so kam's denn zu paß, daß dieser junge Franz kurz darauf, als er auf einer Kirmes zu Hindon war, ich glaub' es war – es war – ja nu, auf den eigentlichen Tag kann ich mich nicht besinnen, und wie nun Franz so da war, was sollte ihm begegnen als ein Mann, der auf seines Vaters Stute ritt. Franz schrie augenblicklich laut aus vollem Halse: greift den Dieb! und da es mitten in der Kirmes war, so war's unmöglich, wie Sie wohl sehen, daß der Mann entwischen konnte. Und so fingen sie'n auf und schleppten ihn hin vor den Richter. Ich erinnere mich's noch, als ob's heute wäre, es war der Richter Willoughby von Noile, ein gar sehr braver Herr, und der schickte ihn ins Gefängnis und beeidigte den Franz zur Rekogniszenz, so glaub' ich, nennen sie's. Ein schwer Wort, zusammengesetzt aus
re
und
cognosco;
aber es geht von dem eigentlichen Sinne des eigentlichen Stammwortes etwas ab, wie mehr andre Komposita thun. Nun gut, endlich und zuletzt kam der Herr Oberrichter Page ins Land und hielt das Landgeding, und so ward der Kerl vor die Schranken gebracht und Franz mußte gegen ihn aussagen. Fürwahr! In meinem Leben vergesse ich die Miene des Herrn Oberrichters nicht, als er ihn zu fragen begann, was er gegen den Gefangenen vorzubringen hätte? Er machte, daß der arme Franz an allen Gliedern seines Leibes zitterte und bebte bis in die Schuhe hinab. Nun, Kerl, sagte der Richter, was habt Ihr zu sagen? Steht so nicht da, und hmt! und ht! sondern sprecht rein aus dem Barte. Aber bald darauf ward er ebenso leutselig gegen Franz und fing an, auf den armen Sünder loszudonnern, und als er ihn fragte, ob er was zu seiner Entschuldigung vorzubringen hätte, so sagte der Kerl, er habe das Pferd gefunden. Ei! ei! antwortete der Richter, du bist ja ein glücklicher Kerl! Ich habe nun schon seit vierzig Jahren die Landgerichte bereist und habe noch in meinem Leben kein Pferd gefunden! Aber ich will dir etwas erzählen, guter Schlag, du bist glücklicher gewesen als du selbst weißt; denn sieh nur, du hast nicht allein ein Pferd gefunden, sondern auch einen Halfter dazu, das kannst du mir auf mein Wort glauben. Fürwahr, ich vergesse das Wort in meinem Leben nicht, und daher fingen alle, die um ihn herstunden, an zu lachen, und wie konnte man das auch lassen? Ja, und er sagte wohl noch zwanzig eben solche lustige Einfälle, die ich wieder vergessen habe. Es war so was dabei von Geschicklichkeit und Roßkamm, wobei alle ein groß Gelächter aufschlugen. Fürwahr, der [117] Richter muß ein recht braver Mann gewesen sein und auch sehr gelehrt dazu. Ich kann Ihnen nicht sagen was es für eine Lust ist, bei so einem Gerichte zu sein, wo's auf Leben und Tod hergeht. Eins freilich war dabei, muß ich gestehen, das schien mir ein bißchen hart, daß man den Defensor des gefangenen Kerls nicht sprechen lassen wollte, ob er gleich nur auf ein paar Worte um Gehör bat. Aber der Herr Oberrichter wollt' ihn nicht zum Worte kommen lassen, ob er gleich einen Advokaten, der wider ihn auftrat, wohl eine ganze halbe Stunde anhörte. Ich hielt's für hart, ich gesteh's, daß ihrer so viel waren, denn da war der Oberrichter und die Beisitzer und die Geschworenen und die Advokaten und die Zeugen, alle gegen einen armen Kerl, und er war noch dazu in Ketten geschlossen. Nun gut, aber der Kerl ward Ihnen aufgehängt, wie's denn nun freilich nicht anders sein konnte, und der arme Franz hatte darüber in seinem Leben wieder keine ruhige Stunde. Er war niemals allein im Finstern, oder ihn dünkte, er sähe den Geist des armen Sünders.« – »Nun, ist das deine ganze Historie?« fragte Jones. – »Nein, nein!« antwortete Rebhuhn, »Gott sei meiner armen Seele gnädig! – Ich komme eben just zu der eigentlichen Sache; denn als er eines Nachts aus einem Bierhause kam, durch eine lange, enge, finstre

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