Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
Mensch darf dir was vorwerfen! Aber ich bitte dich, sage mir, du weißt, ich bin dein Freund, ich hoffe doch, du hast ihm wirklich das Geld abgetrieben; denn sieh, ich will in meinem Leben keinen Treffer werfen, wenn ich's nicht für ein verdienstliches Werk halte, einem solchen Leisetritt und knickerigen Schlucker die paar Fettfedern auszurupfen, und anstatt der zweihundert Guineen Mutterpfennige wollte ich, du hättest ihn um ebensoviel Tausende geprellt. Komm, komm, Kamerad! sei nicht schüchtern, es mir [121] zu bekennen; du stehst hier vor keinem alten Pandektenphilister. Hol' mich der alte Drache, wenn ich dich deswegen nicht lieb und wert halte; denn, ich will keinen Teil am Himmel haben, wenn ich mir den geringsten Skrupel gemacht hätte, dasselbige zu thun.
    Diese Erklärung befreite mich ein wenig von meiner Scham, und weil der Wein bereits mein Herz ein wenig aufgeschlossen hatte, so gestand ich ihm ohne Rückhalt, daß ich den Raub begangen hätte, sagte ihm aber, daß er über die genommene Summe unrecht berichtet wäre, indem es wenig mehr als der fünfte Teil von dem gewesen, was er angegeben hätte.
    Das thut mir von ganzem Herzen leid, und auf ein andermal wünsch ich dir besser Glück; ob du gleich, wenn du meinem Rate folgen willst, keine solche halsbrechenden Wagestückchen wieder nötig haben sollst. Hier, sagte er, und zog eine Handvoll Würfel aus der Tasche, hier sind die rechten Knochen! Hier sind die wahren kubischen Steine, womit ein ehrlicher Kerl sein Glück bauen kann; hier ist das wahre Astralpulver, womit man alle Krankheiten und Gebrechen des Beutels heilen kann! Folgen Sie nur meinem Rat, und ich will Ihnen den Weg zeigen, wie Sie die Beutel eines querköpfigen Dummbarts fegen können, ohne die Schlinge des Blinden am Wege zu fürchten.« –
    »Blinder am Wege!« rief Rebhuhn; »sagen Sie mir doch, Herr, wer ist das?«
    »Nun mein Herr,« sagte der Fremde, »der bedeutet in der Gaunersprache den Galgen, weil er keine Fenster hat: denn so, wie die Spieler von Profession, oder die sogenannten Gauner, in ihren Sitten nur sehr wenig von den Straßenräubern unterschieden sind, so sind sie ihnen auch darin ähnlich, daß sie ihr eigenes Rotwelsch haben. –
    Wir hatten nunmehr ein jeder seine Bouteille getrunken, als Herr Watson sagte, die Versammlung habe nun ihre Sitzung begonnen, und es wäre seine Zeit in derselben zu erscheinen; dabei drang er zugleich ernstlich in mich, ich sollte mit ihm gehn und mein Heil versuchen. Ich antwortete: Er wisse, es sei jetzt nicht in meinem Vermögen, da ich ihm gesagt, wie wüste es in meinem Beutel aussähe. Die Wahrheit zu bekennen, zweifelte ich nach seinen häufigen und starken Freundschaftsversicherungen nicht, er würde mir zu diesem Vorhaben eine kleine Summe vorzustrecken von selbst erbötig sein; allein seine Antwort war: Kehr' dich daran nicht, Kamerad! Halte du dreist auf den Fehler los;« (Rebhuhn hatte schon wieder das Maul gespitzt, um nach der Meinung dieses Ausdrucks zu fragen, Jones hinderte ihn aber damit hervorzubrechen) »aber wähle behutsam deinen Mann. Ich will dir schon winken, wen du nehmen [122] sollst; denn das möchte nötig sein, weil du die Stadt noch nicht kennst und keinen Querkopf von einem Quesenkopf unterscheiden möchtest.
    Man brachte die Rechnung und Watson bezahlte seinen Teil der Zeche und wollte damit fortgehn. Ich erinnerte ihn nicht ohne zu erröten, wie ich mich ohne Geld befände. Er antwortete: Nu, was thut das? Schreib's hinter die Thüre, oder mach' einmal einen kühnen Borstigen, als ob's nichts wäre. – Oder, wart! Ich will vorher hinunter gehn, und dann nimm du mein Geld und bezahl' damit unten am Zahltische die ganze Rechnung im Rummel. Ich bezeigte ihm hierüber mein Mißbehagen, und ließ mir merken, daß ich erwartet hätte, er würde die ganze Bezahlung besorgt haben. Allein er schwur, er habe keine halbe Krone mehr im Sack.
    Er ging also hinunter, und ich ließ mich überreden das Geld zu mir zu nehmen und ihm zu folgen; welches ich that und ihm so nahe auf den Fersen blieb, daß ich ihn zum Kellnerburschen sagen hörte, seine Zeche läge oben auf dem Tische. Der Kellner ging vor mir vorbei die Treppen hinauf, ich aber machte alle mögliche Eile auf die Gasse zu kommen, so, daß ich von seinen fehlgeschlagenen Erwartungen nichts hörte, auch sagte ich am Zahltische meiner Instruktion zufolge kein Wort.
    Wir gingen nun geradeswegs hin zum Spieltische, an welchem Herr Watson zu meiner

Weitere Kostenlose Bücher