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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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ob es auch mit ihrer Ehe seine völlige Richtigkeit habe, welchen Zweifel wir aber für jetzt nicht unternehmen wollen zu lösen.
    Madame Waters, ich sag' es ungern, hatte seit einiger Zeit eine genaue Bekanntschaft mit dem obbesagten Fähnrich unterhalten, wodurch denn ihr guter Name fast ein wenig zu leiden schien. Daß sie für diesen jungen Mann eine auffallende Gewogenheit hegte das ist höchst gewiß, ob sie aber dieselbe bis zu einem gewissen verbotenen Grade trieb, das hingegen ist nicht völlig klar, wir müßten denn annehmen, daß ein Frauenzimmer niemals einer Mannsperson alle Gunstbezeigungen bis auf eine schenkte, ohne ihr auch diese eine dazu zu gewähren.
    Die Division des Regiments, in welcher sich der Hauptmann Waters befand, war zwei Tage früher ausmarschiert als die Kompanie, bei welcher Northerton als Fähnrich stand, dergestalt, daß die Division den Tag darauf Worcester erreicht hatte, als der unglückliche Streit zwischen Jones und Northerton vorgefallen war, wovon wir in dieser Geschichte Meldung gethan haben.
    Nun war zwischen Madame Waters und dem Herrn Hauptmann die Abrede, daß sie ihn auf dem Marsche bis Worcester begleiten sollte, woselbst sie sich trennen wollten, und sie sollte von da nach Bath zurückgehen und sich daselbst aufhalten, bis die Winterkampagne gegen die Rebellen geendigt sein würde.
    Von dieser Abrede war dem Fähnrich Northerton Nachricht gegeben worden. Ohne Umschweife, die Dame hatte ihn an eben den Ort hinbeschieden und ihm versprochen sich so lange zu Worcester aufzuhalten, bis er mit seiner Division daselbst ankäme; in was für Absicht und zu was für Endzweck, das muß ich des Lesers Kunst im Raten überlassen, denn ob wir gleich verpflichtet sind, die Thatsachen zu erzählen, so sind wir doch nicht verbunden durch Noten und Anmerkungen, welche der liebenswürdigsten Hälfte der Schöpfung nachteilig scheinen könnten, unsrer Natur Gewalt anzuthun.
    Northerton erhielt nicht so bald die Befreiung aus seiner Gefangenschaft, wie wir gesehen haben, als er hastig forteilte, um Madame Waters einzuholen, und als ein sehr rüstiger und behender Mann that er dies in der letzterwähnten Stadt, einige wenige Stunden nachher, als Kapitän Waters solche verlassen hatte. Bei seiner ersten Ankunft machte er sich kein Bedenken, ihr den unglücklichen Vorfall anzuvertrauen, welchem er wirklich den Anstrich einer sehr unglücklichen Begebenheit gab, denn er ließ sorgfältigerweise alles und jedes aus seiner Erzählung weg, was man einen Fehler nennen konnte, zum wenigsten nach den Gesetzen der Ehre, ob er [177] gleich eins und das andre nicht verhehlte, welches nach den Gesetzen des Landes nicht so ganz zu rechtfertigen war.
    Frauenzimmer, zu ihrem Ruhme sei es gesagt, sind jener heftigen und uneigennützig scheinenden Eigenschaft der Liebe, welche bloß das Beste des geliebten Gegenstandes sucht, fast durchgängig mehr fähig als die Mannspersonen. Madame Waters hatte also kaum Nachricht von der Gefahr erhalten, in welcher ihr Geliebter schwebte, als sie alle Betrachtungen, seine Sicherheit ausgenommen, gänzlich aus den Augen setzte; und da nun dieses eine Angelegenheit war, die dem Herrn ebensonah am Herzen lag als ihr, so ward sie von beiden unmittelbar in ernstliche Ueberlegung genommen.
    Nach vielem Ratschlagen hin und her über diese Materie ward zuletzt beschlossen, daß der Fähnrich quer durchs Land nach Hereford gehen sollte, woselbst er ein oder die andere Gelegenheit finden könnte, womit er nach einem von den Seehäfen in Wallis und von da zu Schiffe außer Landes gehen könnte. Madame Waters erklärte sich, sie wolle ihm auf dieser ganzen Reise Gesellschaft leisten, und was dabei ein wesentlicher Artikel für den Fähnrich Northerton war, wolle sie ihn auch mit Gelde versehen, weil sie eben drei Banknoten im Belauf von neunzig Pfund Sterling, nebst einiger klingenden Münze in der Tasche, und einen brillantenen Ring von ziemlich ansehnlichem Werte am Finger hatte. Dieses alles entdeckte sie dem gottlosen Menschen mit dem offenherzigsten Vertrauen, und argwöhnte meilenweit nicht, daß sie ihm hierdurch den Vorsatz einflößen könnte sie zu berauben. Da sie nun, wenn sie Pferde von Worcester genommen hätten, denjenigen, die ihnen nachsetzen möchten, einen Fingerzeig von dem Wege gegeben haben würden, den sie genommen, so schlug der Fähnrich vor, die erste Station zu Fuß zu machen; welches sich die Dame ohne Umstände gefallen ließ, und die hartgefrornen

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