Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
– »Mag's sein!« schrie sie, »für diesmal, aber wird's damit inskünftige besser gehn? 's ist nicht das erste Mal, daß ich für deine Grützkopfweisheit habe leiden müssen! Ich wollte wünschen, Er hielte seine Dummbartszunge über alles was im Hause vorgeht, und bekümmerte sich hübsch um das, was Seine Sache außerm Hause ist. Denkst du noch wohl dran, wie es enmal vor sieben Jahren ging?« – »Nun, nun, Schatz!« erwiderte er, »rühre doch keine alten Geschichten auf! Komm, komm, 's ist ja nun alles recht gut, und 's thut mir leid, was ich gethan habe.« Die Frau Wirtin hatte schon den Mund gespitzt zu antworten, ward aber durch den friedenstiftenden Feldwebel dran verhindert, zum großen Leidwesen des Herrn Rebhuhn, der ein großer Liebhaber von sogenannten Hickhackereien war und bei solchen harmlosen Gezänken gerne zuschüren mochte, die mehr lächerliche als weinerliche Auftritte hervorzubringen pflegen.
Der Unteroffizier fragte Rebhuhn, wohin sein und seines Herrn Weg ginge. »Was ist da zu herren?« antwortete Rebhuhn. »Ich bin keines Menschen Knecht, das kann ich versichern; denn ob ich wohl allerlei Widerwärtigkeiten in der Welt erlebt habe, so heiß' ich ebenso gut ein Herr wie andre Leute, und so schlecht und recht wie ich auch jetzt einhergehen mag, so gab's doch eine Zeit, wo ich meine lateinische Schule hielt.
Sed heu mihi! Non sum quod fui.
« – »Werden's nicht übel nehmen, hoffe ich!« sagte der Unteroffizier. »Aber wenn ich so frei darf zu fragen, wo denken Sie und Ihr hinzureisen?« – »Nun, da haben Sie uns recht benannt,« sagte Rebhuhn: »
Amici sumus.
Und das kann ich Sie versichern, mein Freund ist einer der vornehmsten Herrn im Königreiche. (Bei diesen Worten spitzten Wirt und Wirtin beide gewaltig die Ohren.) Er ist der einzige Erbe des Herrn Junkers von Alwerth.« – »Was! des Junkers, der im ganzen Lande herum so viel Gutes thut?« rief die Frau Wirtin. – »Ebendesselben,« antwortete Rebhuhn. – »Nun wahrhaftig!« sagte sie, »so wird er einmal recht tüchtig große Güter bekommen.« – »Das sollt' ich meinen!« antwortete Rebhuhn. – »Seht mir einmal!« erwiderte die Wirtin. »Ich dacht's gleich den ersten Augenblick da ich ihn sah, er sah mir aus als ein recht vornehmer Herr, aber mein Mann hier, wahrhaftig, der will immer klüger sein als die ganze Welt!« – »Ich gestehe ja, mein Schatz,« [172] rief er, »daß ich mich geirrt habe!« – »Jawohl, gröblich geirrt!« antwortete sie. »Aber hast du wohl jemals gesehn, daß ich solche einfältige Irrtümer mache? Aber wie kommt's denn, Herr,« sagte die Wirtin, »daß ein so vornehmer Junker zu Fuße im Lande herumreist?« – »Das kann ich nicht sagen!« antwortete Rebhuhn. »Aber vornehme Leute haben so zuweilen ihre eigene Grillen! Er hat da sein Dutzend Pferde und Bedienten zu Gloucester liegen, aber es war ihm nichts zu Kopfe und da mußte er mit aller Gewalt gestern abend, da's eben heiß Wetter war, sich abzukühlen einen Spaziergang nach jenem großen Berge machen, und da bin ich denn mit ihm geschlendert, um ihm Gesellschaft zu leisten, aber wer mich wieder auf dem Pferde antrifft! Ja! in meinem Leben hab' ich keinen solchen Schrecken gehabt. Wir trafen da den seltsamsten Menschen von der Welt an.« – »Ich will mich wohl hängen lassen,« rief der Wirt, »wenn das nicht der Mann vom Berge gewesen ist, wie sie ihn zu nennen pflegen! Wenn's aber nur ein Mann ist; denn ich kenne verschiedene Leute, die nicht anders glauben, als daß es, Gott verzeih' mir die Sünde! der leibhaftige Satan sein soll.« – »Nun, nun! es sieht so unrecht nicht darnach aus,« sagte Rebhuhn, »und nun Sie mich wieder drauf bringen, so glaub' ich's steif und fest, daß es der Gottseibeiuns war. Seinen Klumpfuß hab' ich zwar nicht gesehn, aber vielleicht ist ihm die Macht zugelassen, daß er den verbergen kann, weil die bösen Geister eine jede Gestalt annehmen können, die sie nur wollen.« –»Darf ich bitten, Herr,« sagte der Feldwebel, »Sie nehmen's aber nicht übel, hoff' ich! Aber ich bitte sagen Sie mir doch, was für eine Art von Herren ist denn der Satan? Denn ich habe von einigen unserer Herren Offiziere sagen gehört, es gäbe keine solche Person, und 's wär nur so'n Popanz von 'en listigen Pfaffen, womit sie ihr Gewerbe im Gange erhalten wollen, denn wenn's öffentlich bekannt würde, daß es mit dem Teufel und Satan nur en Märchen ist, so würden die Pfaffen ebensowenig nütze sein, als wir
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