Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)
Soldaten in Friedenszeiten.« – »Diese Offiziere,« sagte Rebhuhn, »sind wohl große Gelehrte, nicht wahr?« – »So große Gelehrte nun wohl eben nicht!« antwortete der Feldwebel, »sie sind nicht halb so gelehrt als Sie, Herr, und beim sapperment auch, denk' ich, es muß doch wohl ein'n Teufel geben, sie mögen auch sagen, was sie wollen, obgleich einer von ihnen schon als Hauptmann eine Kompanie hat! Denn sackerlot, nach meiner Meinung denk' ich so, wenn kein Teufel oder Satan ist, wie kann er denn die ruchlosen Menschen holen, und ich hab' es doch aus 'en gedruckten Buche gelesen, daß er das thut.« – »Es gibt welche unter Ihren Offizieren,« sagte der Wirt, »die's schon einmal fühlen werden, daß es einen Teufel gibt; mag's ihn'n lieb [173] sein oder nicht, sollt' ich glauben. Sie werden's schon gewahr werden, wenn er einst einige von meinen Rechnungen mit ihnen abmacht. Da lag einmal einer ein ganz halb Jahr lang bei mir im Quartier: der war so ruchlos, daß er mein bestes Stück Bettzeug mit einpackte, ob er gleich des Tages kaum sechs Groschen im Hause verzehrt hatte, und dabei litt er, daß seine Leute ihre Rüben bei meinem Küchenfeuer rösteten, weil ich ihnen des Sonntags zu Mittag nichts aufschüsseln wollte. Eine jegliche gute Christenseele muß wünschen, daß ein Teufel sei, um solch gottloses Gesindel zu strafen.« – »Hören Sie, Herr Wirt,« sagte der Feldwebel, »die Montierung nicht beschimpft, ein für allemal, ich leid's nicht.« – »Hol der Teufel die Montierung,« sagte der Wirt, »'s ist mir teuer genug zu stehen gekommen.« – »Ich ruf' euch zu Zeugen, ihr Herren,« sagte der Unteroffizier, »er hat auf den König geflucht, und das ist Hochverrat und steht der Galgen drauf.« – »Ich hätt' auf den König geflucht? dummer Kerl,« sagte der Wirt. – »Ja, das thatet Ihr,« schrie der Feldwebel. »Ihr fluchtet auf die Montierung, und das ist ebenso gut als auf den König; 's ist alles einerlei. Denn wer des Königs Montierung verflucht, würde auch den König verfluchen, wenn er nur dürfte, und darum und dessentwegen ist's einerlei, und eins so gut wie's andere.« – »Ich bitte um Entschuldigung, Herr Feldwebel,« sagte Rebhuhn, »das ist ein
Non sequitur.
« – »Bleib' mir der Herr mit seinem ausländischen Rotwelsch von der Nase!« sagte der Feldwebel und sprang auf von seinem Sitze. »Ich werd' auch hier stillsitzen, meint der Herr, und des Königs Montierung beschimpfen lassen?« – »Sie verstehen mich unrecht, mein Freund,« sagte Rebhuhn, »ich habe nichts Nachteilig's auf die Montierung sagen wollen. Ich sagte bloß, Ihr Schluß wäre ein
Non sequitur.
« – »Das mag Er selbst sein!« sagte der Feldwebel, »versteht Er mich? Ein doppelter
Sequitur
ist Er! Ihr seid beide ein paar Schurken, und das will ich euch wahr machen und ich will mich mit dem besten unter euch herumschlagen, um eine Wette von zwanzig Guineen.« Diese Ausforderung war sehr wirksam, Herrn Rebhuhn zum Schweigen zu bringen, bei dem sich noch kein frischer Hunger zum Fäustgen wieder eingestellt hatte, nachdem er eben bis zur höchsten Sättigung davon genossen hatte. Der Kutscher aber, dessen Knochen weniger zusammengerüttelt waren und dessen Appetit nach Faustbalgerei sich ziemlich scharf regte, konnte den Schimpf nicht so leicht in die Tasche stecken, wovon ein Teil seiner Meinung nach auch auf ihn gefallen war. Er sprang deswegen auf von seinem Sitze und schwur, indem er auf den Unteroffizier hinzuging, er hielte sich für einen ebenso guten Mann, als nur irgend einen in der ganzen Armee, und wollte sich um eine Guinee auf ein paar Fäuste schlagen. [174] Der Kriegsmann nahm den Zweikampf an, von der Wette aber wollte er nichts wissen, worauf beide also flugs die Kleider abwarfen und zum Werke schritten, bis der Treiber der Pferde von dem Führer der Mannschaft so tapfer geprügelt war, daß er sich genötigt sah, den wenigen Atem, der ihm übrig blieb, dazu anzuwenden, daß er um Quartier bat. Um diese Zeit war die junge Dame gesonnen weiterzufahren und hatte befohlen, daß angespannt werden sollte. Allein es war vergebens, denn der Kutscher war außer stand gesetzt, für diesen Abend weitere Dienste zu leisten. Ein alter Heide hätte dieses Unvermögen vielleicht nicht weniger dem Gott des Trinkens, als dem Gott des Krieges zugeschrieben, denn in der That hatten beide Kämpfer sowohl der ersten, als der letzten Gottheit geopfert. Alles Rätselhafte beiseite, sie waren beide bis
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