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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Junkers bereden, ein hochnotpeinliches Halsgericht zu eröffnen, in welchem er seinen Richterstuhl einnahm. Und nachdem er den Muff in Augenschein genommen, welchen Jones noch immer in der Hand hielt, und den Pfarrer darüber den Eid abnehmen lassen: daß besagter Muff ein Eigentum des Herrn Western sei, erteilte er Herrn Fitz Patrick den Auftrag, einen ordentlichen Verhaftsbefehl auszufertigen, welchen er hernach, wie er sagte, unterzeichnen wolle.
    Jones verlangte jetzt gleichfalls gehört zu werden, was ihm endlich nach vielen Schwierigkeiten zugestanden ward. Er produzierte [210] alsdann Herrn Rebhuhn als Zeugen, daß er den Muff wirklich gefunden habe. Was ihm aber noch mehr zu statten kam, war Susannens Aussage, daß Fräulein Sophie selbst ihr solchen eingehändigt habe, mit dem Auftrage, ihn in die Kammer zu legen, woselbst Herr Jones solchen gefunden hätte.
    Ob es eine angeborne Gerechtigkeitsliebe oder das anziehende, mutige und anmutige Wesen in Jones' Gestalt war, welches auf Susanne wirkte – diese Entdeckung zu machen, das will ich nicht entscheiden; ihr Zeugnis aber hatte die Wirkung, daß die Magistratsperson in ihrem Richterstuhl zurücksank und erklärte: »Die Sache sei jetzt ebenso klar für den Gefangnen, als sie vorher wider denselben gewesen wäre.« Welchem Ausspruche der Pfarrer sich beistimmig erklärte, indem er sagte: Gott solle ihn behüten, im geringsten dazu beirätig zu sein, daß eine unschuldige Person zu Leibesstrafen verdammt würde. Der Richter erhob sich also von seinem Stuhle, sprach den Gefangnen frei und ledig und schloß seine hochnotpeinliche Dingbank.
    Der Herr Junker Western gab jetzt einem jeden von den Anwesenden einen herzlichen Fluch, befahl stracks die Pferde vorführen zu lassen und ritt fort, seiner Tochter nachzusetzen, ohne sich um seinen Neffen, Herrn Fitz Patrick, im geringsten zu bekümmern oder sich auf dessen Ansprüche der Verwandtschaft mit ihm mit einer Silbe einzulassen, ungeachtet aller der Verbindlichkeiten, welche er soeben von diesem Herrn empfangen hatte. Ja, noch dazu vergaß er in seiner großen Eile und der Heftigkeit seines Eifers zu allem Glück, Herrn Jones den Muff wieder abzufordern; ich sage zu allem Glück, denn Jones würde sich lieber auf der Stelle haben totschlagen, als sich solchen wollen nehmen lassen.
    Jones machte sich mit seinem Freunde Rebhuhn gleichfalls auf den Weg, sobald er seine Rechnung bezahlt hatte, um seiner geliebten Sophie nachzuspüren, mit dem nunmehr festgefaßten Entschlusse, diese Nachsuchung nicht eher wieder aufzugeben, bis er sie gefunden habe. Er konnte es sogar nicht einmal über sich erhalten, von Madame Waters Abschied zu nehmen; ja, ihr Andenken war ihm abscheulich, weil sie, obgleich nicht mit Vorsatz, die Ursache gewesen, daß er der glücklichen Zusammenkunft mit Sophie verlustig gegangen, welcher er nunmehr eine ewige Beständigkeit schwur.
    Was Madame Waters anbelangt, so machte sie sich die Gelegenheit der Kutsche, welche nach Bath zurückging, zunutze und reiste nach diesem Orte in Gesellschaft der beiden irländischen Herren, nachdem die Frau Wirtin so gütig gewesen, ihr von ihren Kleidern zu leihen, und für diese Gefälligkeit nur einen kleinen Mietzins nahm, der nur ungefähr das Doppelte betragen mochte, was solche [211] neu wert gewesen waren. Unterwegs söhnte sie sich völlig wieder mit Herrn Fitz Patrick aus, welcher in der That ein wohlgestalter Mann war; auch that sie auf ihrer Seite alles, was sie konnte, um ihn über die Abwesenheit seiner Ehegattin zu trösten.
    Auf diese Weise endigten sich die mancherlei wundersamen Abenteuer, welche Herr Jones in seinem Gasthofe zu Upton bestanden hatte, woselbst noch bis auf den heutigen Tag von der reizenden Sophie unter dem Namen des Engels von Sommersethire häufig gesprochen wird.

Achtes Kapitel.
    In welchem die Geschichte einen Krebsgang nimmt.
     
    Ehe wir mit unsrer Geschichte um einen Schritt vorwärts gehen, wird es nicht undienlich sein, ein wenig zurückzublicken, um die außerordentliche Erscheinung zu erklären, welche Sophie und ihr Vater in dem Gasthofe zu Upton machten.
    Der Leser wird so gütig sein, sich zu erinnern, daß wir in dem neunten Kapitel des siebenten Buchs unsrer Geschichte Sophien in der Lage verließen, da sie nach einem langen Kampfe zwischen Liebe und Pflicht endlich die Sache, wie es nach meiner Meinung allemal gewöhnlich ist, zu Gunsten der erstern entschied.
    Dieser Kampf war, wie wir damals gezeigt haben,

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