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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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daß dir das Ding hübsch im Kopf rumgeh'n mag. Dann I waiß wohl, daß ös blanken von unsren Leuten niks guet's denkts ind enk ainbild'ts, dö Zigaina wern niks als a Diebsg'sindl.«
    »Ich muß gestehen, Herr König,« sagte Jones, »was ich von Ihnen und Ihrem Volke gehört habe, lautete nicht so günstig, als Sie es wirklich zu verdienen scheinen.«
    »Will dör's wohl sag'n,« erwiderte der Autokrat, »was für an Unterschied zwischen enk Blanken is ind unsern Leut'n. Unsri Leut schnipfen bai den Enkern und do Enkern schnipfen ananner selber.«
    Jones verbreitete sich hierauf in vollem Ernste über die Glückseligkeit derjenigen Unterthanen, welche unter einer solchen Obrigkeit lebten.
    In der That scheint ihre Glückseligkeit so vollkommen gewesen zu sein, daß wir fast besorgen, ein oder der andre Advokat für die willkürliche Gewalt möchte einst in der folgenden Zeit das Beispiel dieses Volks als einen Beweis von den großen Vorteilen anführen, welche diese Regierungsart vor allen übrigen den Unterthanen gewähre.
    Und hier wollen wir etwas einräumen, welches man vielleicht von uns nicht erwarten möchte: daß nämlich keine eingeschränkte Regierungsform vermögend sei, sich zu eben der Stufe von Vollkommenheit [28] zu erheben, oder der bürgerlichen Gesellschaft ebenso wohlthätig werden könne wie jene. Das menschliche Geschlecht ist niemals so glücklich gewesen, als da der größte Teil der bekannten Welt unter der Alleinherrschaft eines einzigen Herrn stand; und dieser Glückseligkeitszustand dauerte fort unter den Regierungen von fünf auf einander folgenden Prinzen 4 . Dies war die eigentliche Aera des goldnen Zeitalters, und das einzige goldne Zeitalter, das die Welt jemals gehabt hat (ausgenommen in der erhitzten Einbildungskraft der Dichter) seit der Verjagung unsrer ersten Eltern aus dem Paradiese bis auf den heutigen Tag.
    In Wahrheit kenne ich nur einen triftigen Einwurf gegen die unumschränkten Monarchieen. Der einzige Fehler in dieser vortrefflichen Konstitution scheint in der Schwierigkeit zu liegen, irgend einen Sterblichen zu finden, der dem Amte eines absoluten Monarchen durchaus gewachsen wäre; denn dies Amt erheischt unnachläßlicherweise drei Eigenschaften, welche, wie aus der Wahrheit aller Geschichte erhellt, sehr schwer in prinzlicher Natur bei einander angetroffen werden: erstlich, einen hinlänglichen Vorrat von Mäßigung in dem Prinzen, um sich mit aller der Macht, welche er möglicherweise haben kann, begnügen zu lassen; zweitens Weisheit genug, seine eigne Glückseligkeit nicht zu verkennen; und drittens genug Güte des Herzens, um die Glückseligkeit andrer zu befördern, wenn solche nicht nur mit seiner eignen sehr verträglich, sondern auch selbiger sogar höchst zuträglich ist. Wenn man sonach zugesteht, daß ein unumschränkter Monarch mit allen diesen großen und seltenen Eigenschaften fähig sei, der bürgerlichen Gesellschaft das meiste und größeste Gute angedeihen zu lassen, so muß man hingegen auch ohne Widerspruch einräumen, daß uneingeschränkte Gewalt, wenn sie den Händen eines Sterblichen anvertraut ist, der aller jener Eigenschaften ermangelt, auch wahrscheinlicherweise von ebenso vielen Uebeln begleitet sein werde.
    Kurz, unsre eigene Religion gibt uns hinlänglich richtige Begriffe von dem Segen sowohl, als dem Fluche, welchen eine absolute Gewalt über uns bringen kann. Die Beschreibung des Himmels und der Hölle stellen uns ein lebendiges Bild von beiden vor die Augen; denn obgleich der Fürst der letztern keine andre Macht haben kann, als welche er von dem allmächtigen Beherrscher des erstern ursprünglicherweise hat verliehen erhalten, so erhellt doch deutlich aus der Schrift, daß im Reiche der Hölle seinem satanischen Beherrscher eine umumschränkte Macht verwilligt sei. Dies ist wirklich die einzige absolute Gewalt, welche nach der Schrift erwiesen [29] werden kann, daß sie vom Himmel eingesetzt worden. Wenn also die verschiedenen Tyrannen auf Erden ihr Recht, als von göttlicher Autorität entsprungen, beweisen können, so muß es von dieser ursprünglichen Belehnung des Fürsten der Finsternis hergeleitet werden, und diese Unterdeputierten müssen folglich unmittelbar ihre Gewalt aus den Händen desjenigen empfangen haben, dessen Namen und Zeichen sie so sichtbarlich an der Stirne führen.
    Da uns nun schließlich die Beispiele aller Zeiten zeigen, daß die Menschen überhaupt nur nach Gewalt streben, um Böses thun zu können, und

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