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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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wie schwerlich eine vorsichtige Dame aus irgend einer Ursache in eine Mannsperson setzen wird.« – Auch über diesen Punkt leistete ihr der Graf so ziemlich Genüge; sein guter Name sei unbescholten und das allgemeine Gerücht erwiese ihm bloß Gerechtigkeit, indem es gut von ihm spräche. – »Wohlan denn,« sagte sie, »Herr Graf – aber nein – ich – wahrhaftig! Nein, ich kann den Gedanken daran nicht ausstehen. – Nein, das muß nicht geschehn. Wenigstens muß erst sonst alles mögliche versucht werden. Können Sie sich heute mittag losmachen [135] und bei mir essen? so haben Sie Gelegenheit, Fräulein Western ein wenig länger zu sehen, Herr Graf! – Wir haben gewiß keine Zeit zu verlieren. Ich habe heute niemand als ein paar Fräulein, die Sie kennen, und den Obersten Hampsted und Thomas Eduarts. – Sie werden alle beizeiten weggehen, – und ich will für niemand zu Hause sein, so können der Herr Graf ein wenig deutlicher mit der Sprache herausgehen. Ja, ich will's dann auch schon so veranstalten, daß Sie Beweis von ihrem Attachement an den Kerl haben sollen.« Der Graf machte die üblichen Komplimente, nahm die Einladung an, und so gingen sie auseinander, um sich zum Essen anzukleiden, denn es war jetzt schon drei Uhr des Vormittags oder, nach dem alten Stil zu rechnen, des Nachmittags.

Drittes Kapitel.
    Näherer Aufschluß über den vorstehenden Plan.
     
    Obgleich der Leser schon längst gemutmaßt haben mag, daß die hochadelige Dame von Bellaston ein Mitglied, und zwar kein unansehnliches von der großen Welt gewesen, so war sie überdem noch wirklich ein sehr ansehnliches Mitglied von der kleinen Welt, eine Benennung, wodurch eine hoch- und sehr ehrwürdige Gesellschaft bezeichnet ward, die erst seit kurzem in diesem Königreiche blühte.
    Unter andern guten Grundsätzen, worauf diese Societät errichtet worden, war auch einer sehr merkwürdig; ebenso wie es bei einem ehrwürdigen Klub von Helden, der sich am Ende des letzten Krieges zusammenthat, eine Regel war, daß jedes Mitglied sich jeden Tag wenigstens einmal schlagen sollte, so war's in dieser Societät Gesetz für jedes Mitglied, binnen vierundzwanzig Stunden wenigstens eine schnakische Schnurre zu erzählen, welche durch die ganze Brüder-und Schwesterschaft weiterverbreitet werden mußte.
    Man erzählte von dieser Societät allerlei Ammenmärchen, die, nach einer gewissen Eigenschaft zu urteilen, wohl nicht ohne Fug für die eigne Erfindung der Gesellschaft zu halten sind, als z.B. daß der Teufel ihr Präsident gewesen und daß er oben am Tische in einem Lehnsessel gesessen. Bei genauer Nachfrage aber finde ich, daß an all diesen Erzählungen kein Wort wahr ist, daß die Versammlung aus einem guten Schlage von Leuten bestand, und daß die Possen, die sie ausstreuten, unschädlich und bloß erfunden waren, um Scherz und Lachen zu verbreiten.
    Herr Eduarts war gleichfalls Mitglied dieser komischen Gesellschaft. An ihn wendete sich also Frau von Bellaston als an ein bequemes Werkzeug zu ihrem Zwecke, und gab ihm ein Märchen unter den Fuß, womit er herausrücken sollte, wenn sie ihm das Stichwort gäbe, und dies sollte nicht eher geschehen als bis alle übrigen bis auf Graf Liebegrim und ihn selbst fortgegangen wären, und zwar wenn sie beim Whistspiele säßen.
    Zu dieser Zeit also, welches zwischen sieben und acht Uhr des [136] Abends war, wollen wir unsern Leser mit hinnehmen. Als Frau von Bellaston, Graf Liebegrim, Fräulein von Western und Herr Eduarts beim Whist saßen und an der letzten Partie ihrer Robbers spielten, erhielt Eduarts sein verabredetes Zeichen von der Dame vom Hause, welches darin bestand, daß sie sagte. »Nun, Herr Eduarts, es ist doch wahr, Sie sind seit einiger Zeit ganz unausstehlich. Sie pflegten uns sonst noch Neuigkeiten aus der Stadt zu erzählen, und jetzt wissen Sie ebensowenig von der Welt als ob Sie in Wüsten lebten.«
    Herr Eduarts begann darauf wie folgt: »Meine Schuld ist das nicht, gnädige Frau, es liegt daran, daß die Menschen so ein Schafsleben führen und nichts thun, was des Erzählens wert wäre. – Doch, hm! Ja, eben denk' ich daran, dem Obersten Wilcox ist ein sehr scheußlicher Zufall begegnet – der arme Lippert! – Sie kennen ihn, Herr Graf, jedermann kennt Philipp Wilcox! Wahrlich! es thut mir herzlich leid um ihn.«
    »Was ist's denn? So sagen Sie doch?« sagte Dame Bellaston. »Nun, er hat heute morgen jemand im Duell getötet, weiter nichts!«
    Der Graf, der nicht um das

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