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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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ersten Wink von diesem Anschlage sehr begierig hatte auffassen lassen, besonders, da er von einer Anverwandten des Fräuleins gegeben ward; so begann doch, als der Freund der Ueberlegung, das Kopfkissen, ihm die [138] That in allen ihren natürlichen schwarzen Farben, nebst allen Folgen die sie haben müßte, und denen, welche sie wahrscheinlicherweise haben könnte, vorgestellt hatte, seine Entschlossenheit zu wanken, oder vielmehr ganz und gar zur andern Seite überzutreten. Und nach einem langen Kampfe zwischen Ehre und Gelüsten, der eine ganze Nacht hindurch währte, siegte endlich die erste, und er setzte sich vor, der Frau von Bellaston aufzuwarten und den Anschlag aufzugeben.
    Frau von Bellaston war noch im Bette, ob es gleich schon sehr spät des Vormittags war, und Sophie saß bei ihr, als ihr der Bediente ansagte, Graf Liebegrimm sei im Besuchzimmer; worauf die Dame ihm sagen ließ, sie lasse ihn bitten zu verziehen, sie wolle alsobald bei ihm sein. Der Bediente war aber nicht so bald zur Thüre hinaus, als die arme Sophie ihrer Kousine anlag, sie möchte doch die Besuche des häßlichen Grafen (so nannte sie ihn, obgleich ein wenig ungerechterweise), die eigentlich ihr gälten, bestens ablehnen. »Ich sehe seine Absichten,« sagte sie, »denn er hat mich gestern seine Liebe mehr als zu deutlich merken lassen. Da ich aber entschlossen bin, mich niemals mit ihm einzulassen, so bitte ich Sie, gnädige Kousine, uns nicht wieder allein bei einander zu lassen, und den Leuten im Hause zu befehlen, daß sie mich allemal verleugnen, wann er sich bei mir ansagen lassen sollte.«
    »Ha, Kind!« sagte Frau von Bellaston, »ihr Landmädchen habt doch beständig nichts im Kopfe, als lauter Feinsliebchens! Sobald nur ein Mann höflich mit euch spricht, so bildet ihr euch ein, er sei in euch verliebt. Er ist einer von den galantesten jungen Mannspersonen in der Stadt, und ich bin überzeugt, er meint nichts weiter, als eine kleine Galanterie. Verliebt in Sie? Wahrhaftig! ich wollte von ganzem Herzen wünschen, er wärs; und Sie müßten geradezu im Kopfe verrückt sein, wenn Sie ihn ausschlügen.«
    »Da ich nun aber einmal ganz gewiß so verrückt bin,« sagte Sophie, »so hoffe ich, seine Besuche werden mir nicht aufgedrungen werden.«
    »O Kind,« sagte Frau von Bellaston, »Sie brauchen sich nicht so zu fürchten. Wenn Sie mit aller Gewalt mit dem Jones davonlaufen wollen, so sehe ich nicht, wer Sie daran hindern kann.«
    »Auf meine Ehre, Madame,« rief Sophie, »Sie thun mir zu nahe. Ich werde niemals mit einer Mannsperson davonlaufen, und werde mich auch niemals wider den Willen meines Vaters verheiraten.«
    »Gut, gut Fräulein Western!« sagte die Dame. »Wenn Sie heute morgen nicht aufgelegt sind, Gesellschaft zu sehen, so mögen Sie sich auf Ihre Zimmer begeben. Denn ich fürchte mich vor dem Grafen nicht und muß ihn in mein Toilettenzimmer heraufkommen lassen.«
    Sophie dankte ihrer Tante und ging fort, und kurz drauf ward Graf Liebegrimm im obern Zimmer angenommen.

[139] Viertes Kapitel.
    Aus welchem erhellen wird, welch ein gefährlicher Advokat ein Frauenzimmer ist, wenn sie ihre Beredsamkeit für eine schlimme Sache anwendet.
     
    Als Frau von Bellaston die Bedenklichkeiten des Grafen vernahm, so behandelte sie solche mit eben der Schnödigkeit, womit die weisen Männer von der Rechtskunde, welche die Diebe gegen den Galgen zu vertreten pflegen, gewöhnlich die Gewissensangst eines jungen angehenden Zeugen behandeln, der es noch nicht soweit gebracht hat, alles von der Faust frischweg zu schwören. »Mein teurer Herr Graf,« sagte sie, »Sie bedürfen gewiß einer Herzstärkung. Ich muß wohl hinschicken, und ein Flakon Double Anisette holen lassen. Pfui doch! Sein Sie von mehr Entschlossenheit! Erschrecken Sie vor dem Worte Notzucht? Oder ist Ihnen Angst, daß – – wäre die Geschichte mit der schönen Helena aus unsern Tagen, ich würde sie für unnatürlich halten; das Benehmen des Paris meine ich, nicht die Liebe der Helena; denn alle Weiber haben einen Mann von tapferm Mute gern. Da haben wir noch eine andre Geschichte von den Sabinischen Weibern – – aber auch die, dem Himmel sei Dank, ist aus alten Zeiten. Der Herr Graf werden meine Belesenheit bewundern; aber mich dünkt, Herr Hook erzählt uns, daß sie sich nachher als ganz gute Weiber aufführten. Ich muß wohl glauben, daß von meinen verheirateten Bekannten nur sehr wenige vor der Ehe von ihren Männern genotzüchtigt worden sind.«

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