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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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geht in der Welt!« – »Wenn Sie das geringste Mitleiden, nur einen Funken davon hat,« rief Jones, »so bitt' ich Sie, sag' Sie mir doch augenblicklich, was ist meiner Sophie begegnet?« – »Meiner Ehre, ich habe wohl mehr Mitleiden mit Sie, als Sie mit mir!« antwortete Honoria. »Ich sage nicht so zum Henker, weil Sie die allersüßeste Fröln verloren haben. Mein'r Ehre! Sie sind zu bedauern, und ich bin zu bedauern ebenfalls; denn war nur jemals 'ne so gute Herrschaft!« – »Was ist geschehn, sage Sie das,« rief Jones, fast wie in einem Anfall von Wut. – »Was! was?« sagte das Mädchen; »wie? das Aergste was geschehen konnte vor Sie und vor mich – ihr Vater ist in der Stadt gekommen und hat sie uns allen beiden weggenommen.« Hier fiel Jones auf seine Kniee, dem Himmel zu danken, daß es nichts ärgeres wäre. – »Nichts ärgers?« wiederholte die Zofe. »Was könnt' ärger sein für uns beide? Er schleppte sie mit weg und fluchte hoch und teuer, sie sollte den Junker Blifil heiraten. Da haben Sie Ihren Trost und ich armes Kind bin aus 'm Dienst gejagt, das habe ich zu meinem!« – »In der That, Jungfer,« antwortete Jones, »Sie hat mir eine entsetzliche Angst eingejagt! Ich meinte nicht anders, als es müßte Sophie plötzlich ein gräßlicher Zufall begegnet sein; ein Zufall, wogegen das, wenn ich sie auch mit Blifil verheiratet sehen müßte, nur eine Kleinigkeit gewesen wäre. Aber meine liebe Jungfer, so lange noch Leben ist, so lange ist Hoffnung. Wir leben in einem Lande, in welchem kein Frauenzimmer wider ihren Willen mit thätiger Gewalt verheiratet werden kann.« – »Ja, nun! mein'r Ehr', Herr Jones,« sagte sie, »das ist wohl wahr! 's kann für Sie noch wohl Hoffnung sein; aber du liebste Zeit! was ist denn für mich armes Kind noch für Hoffnung? Und mein'r Ehr', das müssen [152] Sie doch auch wohl einsehn, daß ich all's das um Ihretwegen leide. Alle Bosheit, die der Junker auf mich hat, kommt davon, daß 'ch Ihre Partie gehalten habe, wie 'ch gethan habe, gegen Junker Blifil.« – »In der That, Jungfer Honoria,« antwortete er, »ich seh' es ein, wie sehr ich Ihr verbunden bin, und will nicht unterlassen, alles zu thun, was nur in meinen Kräften ist, um es wieder gut zu machen.« – »Ach, lieber Herr!« sagte sie, »was wieder gut machen! Was kann einer armen Bedienten den Verlust ein's Platzes wieder gut machen, wenn man nicht eben so 'n guten wieder kriegt?« – »Verzweifle Sie nur nicht, meine liebe Jungfer,« sagte Jones; »ich hoffe, Sie noch wieder in ihren vor'gen Platz zu bringen.« – »Ach, du liebste Zeit, Herr Jones,« sagte sie, »was kann 'ch mir schmeicheln mit solch'r Hoffnung, da 'ch weiß, daß das pur unmöglich is; denn der Junker ist m'r so aufsätzig. Und doch, ja, wenn Sie meine Fröln noch kriegten, wie ich, mein'r Ehre, von ganz'n Herzen hoffe, daß Sie s' kriegen soll'n; denn Sie sind 'n so scheneröser, gutthu'nder Herr, und ich will wohl schwören, daß Sie s' lieb halten, und sie hält Sie auch eben so lieb, als ihre eig'ne Seele; denn 's ist doch ganz vergebens, daß man's leugnen wollte, weil sozusagen jedes Menschenkind, das meine Fröln nur 'n bischen kennt, 's ihr gleich an 'n Augen ansehn muß. Denn, die arme liebe Fröln! verstellen kann sie sich gar nicht, und wenn zwei Leutchens nicht mit 'nander glücklich sind, die sich 'nander so freßlieb haben, ja! wer kanns denn sein? 'S Glück hängt nicht immer an Gut und Gelde! Und dazu, so hat ja auch Fröln genug und satt vor alle beide. Ja, mein'r Ehre! so sag ich, wie man zu sagen pflegt: Jammer und Schade wär's, zwei so schärmante Fein'sliebchen's nicht zusammenkomm'n zu lassen! Ja, mein Sinn sagt mir's ganz gewiß, Sie werden beide doch noch zuletzt 'n Pärchen werden, denn was der Himmel bescheert, ist unverwehrt! Und wenn 'ne Eh' einmal im Himmel geschlossen ist, so müssen s' alle Obrigkeit in der Welt wohl ungeschieden lassen. Mein'r Ehr! ich wollte wünschen, daß Pfarrer Schickelmann 'n bißchen mehr Kurasche hätte und den Junker die Sünden vorhielte, die er thut, daß 'r seine Tochter zwingen will, wider ihr Wissen und Will'n zu heiraten; aberst so, ja da muß der arm' Herr Magister ganz seiner Gnade leb'n und darf'n Junker ins G'sicht nicht 'nmal muchsen; so 'n guter frommer, lieber Mann 's sonst ist, und ihm sein sündlich Thun und Wesen in dem Stück, was das anbelangt, scharf genug vorhält, wenn er nicht dabei ist. In mein ganzes Leben hab' 'ch ihn nicht so

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