Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
unverschrock'n gesehn, als eben jetzt und vorher und ich war schon angst, daß 'n der Junker geschlag'n hätt'. – Nu nu! 'R Gnaden, Herr Jones müssen nicht so maulhängholisch sein, un' nich' verschweifeln; 's kann noch alles ganz weiß und wohl werden, wer weiß! so lang Sie sich auf d' Treue meiner Fröln verlassen könn'n, und mein'r Ehr', das könn'n Sie; denn das thut s' nicht, sie läßt sich nicht bewegen, durch nichts in der Welt, ein'n andern Mann zu nehmen. Das 's wahr, ich fürcht' mich ganz abscheulich, daß 'r der Junker 'nmal so ein'n Tollmanns Knuck – versetzt: denn [153] 's ist 'n ganz seltsam Herr, wenn er in Wut kommt und dann kann d'e Fröln auch noch gar leicht für Herzleid sterben, das fürcht' ich auch; denn s'e ist gar ein weiches Täubchen. Ja, hab' ich oft gedacht, Jammer ist's, daß sie nicht so e'n bischen von meiner Kurasche hat. Wann, wann! wenn ich mich so verplempert hätt' mit 'n jungen Menschen und mein Vater wollt' sich's untersteh'n, mich einzusperr'n – die Aug'n kratzt' ich 'n aus, so bald 'ch 'n mächtig werden könnt'. Aberst 's ist doch noch 'n groß Glück beim Dinge und das ist, daß der Vater nicht die G'walt hat, ihr das vorz'enthalten, was sie von ihren Unkel g'erbt hat und das macht mein'r Ehr' einen g'walt'gen Unterschied.«
    Ob es daher kam, daß Jones auf diese Rede eben nicht die genauste Aufmerksamkeit richtete, oder weil sich darin nicht die geringste Lücke fassen ließ, das kann ich nicht entscheiden: aber er machte nicht einmal einen Versuch, ihr zu antworten, und ihre Zunge stand auch nicht ein einziges Mal still, bis Rebhuhn ins Zimmer gerannt kam und ihm die Nachricht brachte, die große Dame käme die Treppe herauf.
    Nichts kam der Verlegenheit gleich, in welcher sich jetzt Jones verwickelt sah. Honoria wußte nicht das geringste von einer Bekanntschaft, die zwischen ihm und der Frau von Bellaston obwaltete, weil sie gerade die letzte Person in der Welt war, der er solche hätte anvertrauen mögen. In dieser Klemme von Wirrwarr ergriff er (wie sehr gewöhnlich) den schlimmsten Weg, und anstatt sie der Dame preiszugeben, welches eben nicht so viel zu bedeuten gehabt hätte, gab er lieber die Dame ihr preis. Er entschloß sich sonach, die Jungfer Honoria zu verstecken und er hatte nur gerade so viel Zeit, sie hinter das Bett zu bringen und die Gardinen vorzuziehn.
    Die Geschäftigkeit, in welcher sich Jones zum Besten seiner armen Hauswirtin und ihrer Familie den ganzen Tag herumgetrieben, die Angst, welche ihm die Jungfer Honoria verursacht hatte, und die Verwirrung, in welche er durch die plötzliche Ankunft der Bellaston geriet, hatten ihm fast alle vorherigen Gedanken aus dem Kopfe getrieben, so daß es ihm nicht einmal einfiel, die Rolle eines Kranken zu spielen, wobei ihm dann auch freilich sein hübscher Anzug so wenig als seine blühende Gesichtsfarbe würden sonderlich zu statten gekommen sein.
    Er empfing also die Dame gemäßer ihren Wünschen als ihren Erwartungen mit aller der Munterkeit, die er auf seinem Gesichte zu Felde stellen konnte, und ohne die geringste wahre oder verstellte Unpäßlichkeit.
    Frau von Bellaston war nicht so bald ins Zimmer getreten, als sie sich aufs Bette hinplumpste. »Da sehn Sie, mein liebster Jones,« sagte sie, »daß ich nicht lange ohne Sie sein kann. Vielleicht sollte ich ein bißchen mit Ihnen schmollen, daß ich den ganzen Tag von Ihnen nichts gehört oder gesehn habe, denn ich sehe, Ihre Krankheit hätt' es Ihnen wohl erlaubt, auszugehn; ja, ich denke, Sie haben nicht den ganzen Tag in vollen Kleidern in Ihrer Kammer dagesessen wie eine feine Dame, welche Wochenbettsbesuche [154] an nimmt. Doch, meinen Sie nur nicht, daß ich mit Ihnen zanken will, denn ich will Ihnen niemals durch das Schmollen einer Ehefrau eine Entschuldigung für die kaltsinnige Aufführung eines Ehemanns an die Hand geben.«
    »Nicht doch, beste, gnädige Frau,« sagte Jones; »ich weiß gewiß, Ihro Gnaden werden mir keine Vernachlässigung meiner Schuldigkeit vorwerfen, da ich bloß Ihre Befehle erwartete. Wer, meine holde Gebieterin, wer hat Ursache, sich zu beklagen? Wer hielt gestern abend sein Wort nicht und ließ einen armen Mann warten und wünschen und seufzen und schmachten?«
    »Sagen Sie mir kein Wort davon, mein liebster Herr Jones,« erwiderte die Bellaston. »Wenn Sie die Ursache wüßten, Sie würden mich bedauern. Kurz, es ist nicht begreiflich, was sich Frauenzimmer von Stande von frechen Hanswürsten gefallen

Weitere Kostenlose Bücher